Übersichtsarbeiten - OUP 01/2019

Arthroskopie in der Frakturversorgung im Kindesalter

Francisco F. Fernandez, Oliver Eberhardt

Zusammenfassung:

Die Arthroskopie hat im Kindesalter – ebenso wie im Erwachsenalter – seit Anfang der 1980-er
Jahre einen enormen Aufschwung erlebt. Bei den Indikationen für die arthroskopische Chirurgie im Kindes- und Jugendalter stehen neben angeborenen Veränderungen die traumatischen
Läsionen im Vordergrund. Durch die arthroskopische Unterstützung profitieren Kinder und
Jugendliche von der geringeren Invasivität und der sehr guten Übersicht über das Gelenk.
Die arthroskopische Chirurgie hat zwischenzeitlich an vielen Gelenken ihren Stellenwert
gefunden. Insbesondere am Kniegelenk werden vielfältige Verletzungen/Frakturen arthroskopisch versorgt oder die Arthroskopie unterstützend eingesetzt. Das Kniegelenk ist im Kinder- und
Jugendalter das mit weitem Abstand am meisten arthroskopisch operierte Gelenk.
Auch Verletzungen am oberen Sprunggelenk, am Ellenbogen und am Hüftgelenk werden
zunehmend arthroskopisch operativ angegangen.

Schlüsselwörter:
Arthroskopie, Kind, Kniegelenk, Hüftgelenk, Ellenbogengelenk, Sprunggelenk

Zitierweise:
Fernandez FF, Eberhardt O: Arthroskopie in der Frakturversorgung im Kindesalter.
OUP 2019; 8: 035–042
DOI 10.3238/oup.2019.0035–0042

Summary: Arthroscopy has experienced an enormous boom in childhood – as well as in adulthood – since the early 80‘s. The indications for arthroscopic surgery in childhood and adolescence are congenital changes and traumatic lesions. Children and adolescents profit from the reduced invasiveness of arthroscopic surgery. Arthroscopic surgery has meanwhile found its place in the treatment of many joints. In particular in the knee joint, multiple injuries/fractures are treated arthroscopically or supported by arthroscopy. At this age the knee joint is by far the most arthroscopically operated joint. Also, injuries of the upper ankle, elbow and hip joint are increasingly being treated arthroscopically.

Keywords: arthroscopy, child, knee joint, hip joint, elbow joint, ankle joint

Citation: Fernandez FF, Eberhardt O: Arthroscopy in fracture care in childhood.
OUP 2019; 8: 035–042 DOI 10.3238/oup.2019.0035–0042

Für alle Autoren: Orthopädie, Olgahospital/Klinikum Stuttgart

Einleitung

Seit Mitte der 1980-er Jahre hat die Arthroskopie eine rasante Verbreitung erlebt. Zunächst standen noch diagnostische Arthroskopien im Vordergrund, deren Einsatz wurde in der Zwischenzeit vor allem durch sehr gute Bildgebung mittels NMR und CT zurückgedrängt. Heute wird die Arthroskopie vorwiegend als therapeutische Arthroskopie eingesetzt. Wie bei Erwachsenen werden heute im Kindesalter neben dem Kniegelenk, das bei Weitem das häufigste arthroskopierte Gelenk ist, auch andere Gelenke arthroskopisch untersucht und therapiert.

Die im Erwachsenenalter auftretenden degenerativen Veränderungen gibt es im Kindesalter nicht, daher ist hier beispielsweise die Schulterarthroskopie nur bei wenigen Indikationen sinnvoll, wie z.B. der septischen Schulterarthritis. Auch degenerativ bedingte Verletzungen der Menisken stellen keine Indikation dar, jedoch gerissene Scheibenmenisken oder Begleitverletzungen bei vorderen Kreuzbandrupturen. Im Folgenden werden einzeln die verletzten Gelenke angesprochen, die im Kindes- und Jugendalter arthroskopisch versorgt werden können. Das Kniegelenk stellt auch in diesem Alter mit Abstand das am häufigsten arthroskopierte Gelenk dar. Für das Kniegelenk sollen sowohl die knöchernen als auch die ligamentären Verletzungen beleuchtet werden.

Instrumentarium

Welche Instrumente im Kindes- und Jugendalter benutzt werden, ist abhängig vom Alter und dem jeweiligen Gelenk. Bis auf spezielle Optiken für die Hüftgelenkschirurgie bei Kleinkindern und Säuglingen werden die in der Erwachsenenchirurgie handelsüblichen Optiken und Instrumente benutzt.

Die in diesen Artikel angegebenen Größen und Ausmaße entsprechen denen der am Olgahospital verwendeten Instrumente. Es werden verschiedene Optiken mit verschiedenen Schaftlängen angeboten. Zum Einsatz kommen arthroskopische Optiken mit einem 30°- bzw. 70°-Weitwinkel. Im Kindesalter kommt die 30°-Optik am Kniegelenk, am oberen Sprunggelenk, am Ellenbogengelenk und am Schultergelenk zum Einsatz.

Bei den 70°-Weitwinkeloptiken ist die Blickrichtung um 70° abgewinkelt. Sie werden im Wesentlichen in der Hüftgelenkschirurgie eingesetzt. In der arthroskopischen Chirurgie des Hüftgelenks beim Kleinkind und beim Säugling hat sich die 2,7 mm 70°-Optik bewährt.

Es werden verschiedene Optiken mit verschiedenen Schaftlängen angeboten. Mit der Optik mit 4 mm Durchmesser ist eine Arthroskopie am Kniegelenk beim ab 5-jährigen Kind gut durchzuführen. Unter 4–5 Jahren benutzen wir die 2,7-mm-Optik. Bei Kindern und Jugendlichen benutzen wir am Ellenbogen und Sprunggelenk die dünnere Optik mit 2,7 mm.

Von Vorteil ist es, keine zu große Schaftlänge zu haben, damit feinere Arthroskopbewegungen möglich sind. Die von uns eingesetzte Schaftlänge für die Kniegelenkarthroskopie beträgt 18 cm. Für das Ellenbogen-, Schulter- und obere Sprunggelenk empfiehlt es sich, Optiken mit kürzeren Arbeitslängen zu benutzen (z.B. 14 cm), damit ein leichteres Manövrieren möglich ist.

Die zum Einsatz kommenden Instrumente, Shaver, HF-Strom zur Gewebetrennung sowie HF-Koagulation sind die Gleichen wie in der Erwachsenenarthroskopie, darauf soll hier nicht näher eingegangen werden.

Kniegelenk

Verletzungen am Kniegelenk des Kindes und Jugendlichen, bei denen der Einsatz der Arthroskopie sinnvoll ist:

Kreuzbandrupturen:

Intraligamentäre VKB

Avulsionsverletzungen des VKB

Meniskusläsionen

Patellaluxationen mit osteochondralen Läsionen

Intraartikuläre Frakturen von Tibia oder Femur im Sinne von

Salter-Harris-Fakturen III oder IV

oder Tuberositas-tibiae-Avulsionsfrakturen

Tuberositas-tibiae-
Avulsionsfrakturen

Tuberositas-tibiae-Verletzungen im heranwachsenden Alter sind sehr selten und machen < 1 % aller epiphysären Frakturen aus. Sie treten ausschließlich im Alter zwischen 12 und 17 Jahren auf.

Die Apophyse der Tuberositas tibiae ist ein Teil der Epiphyse und bleibt bis zum Wachstumsabschluss am Wachstum der Tibia beteiligt. Der Apophysenkern erscheint bei Mädchen zwischen dem 8. und 12. Lebensjahr, bei Jungen etwas später zwischen dem 9. und 14. Lebensjahr. In Hinsicht auf das Verständnis des Verletzungsmechanismus, der Einteilung sowie der Therapie und Konsequenzen auf das Restwachstum muss der asymmetrische Fugenschluss der Epi- und Apophyse berücksichtigt werden. Diese schließt sich von proximal nach distal sowie von posterior-medial nach anterior-lateral.

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