Übersichtsarbeiten - OUP 01/2018

Fokussierte Sonografie des Schultergürtels

Andreas Betthäuser1

Zusammenfassung: Kein Gelenk ist besser für die
Ultraschalldiagnostik geeignet als das Schultergelenk. Hier ist sie das primäre bildgebende Verfahren und hat im subakromialen Raum und bei der Detektion von Labrumdefekten zwischen 2 und 5 Uhr den gleichen Aussagestellenwert wie die MRT ohne intraartikuläre Kontrastmittelgabe. Bei liegendem Metallimplantat hat die US-Diagnostik der Weichteile gar ein Alleinstellungsmerkmal. Sie ist einfach einsetzbar für die wichtige Differenzierung zwischen Schultereckgelenkverletzungen ohne und mit Verletzung der deltotrapezoidalen Muskelschlinge. Die US-Diagnostik leistet wertvolle Dienste in der Unterscheidung zwischen mechanisch und entzündlich verursachten Reizzuständen des
Glenohumeralgelenkes. Die Struktur-Ortung erhöht die Trefferquote bei intraartikulären Infiltrationen und ermöglicht überhaupt erst eine gezielte Stoßwellentherapie bei Tendinosis calcarea. Intraoperativ ist sie nach primärer Ortung eine große Hilfe auch in der Beurteilung des Behandlungserfolgs.

Schlüsselwörter: Ultraschalldiagnostik, Diagnostik, Schulter,
Impingement, Rotatorenmanschette, Bankart-Läsion, Schulterinstabilität, Schulterluxation, Fraktur, Akromioklavikulargelenk, Schultereckgelenk, Schultereckgelenksprengung, Osteoarthritis, Omarthrose, Kapsulitis, Stoßwellentherapie

Zitierweise
Betthäuser A: Fokussierte Sonografie des Schultergürtels.
OUP 2018; 1: 024–027 DOI 10.3238/oup.2018.0024–0027

Summary: No other joint is more suitable for ultrasound
diagnosis than the shoulder joint. Here it is the primary imaging procedure and has the same meaningful significance as MRI without intra-articular contrast agent administration in the subacromial space and in the detection of labrum defects between 2 and 5 o‘clock. In the case of a lying metal implant, US soft tissue diagnostics even has a unique selling proposition. It is easy to use for the important differentiation between AC joint injuries without and with deltotrapezoidal muscle loop injury. US diagnostics are valuable in distinguishing between mechanical and inflammatory irritation of the glenohumeral joint. The US guided structure localisation increases the hit rate in intra-articular infiltration and allows only a targeted shock wave therapy in the treatment of Tendinosis calcarea. Intraoperatively, ultrasound diagnostics is after primary positioning a great help in the assessment of treatment success.

Keywords: ultrasound, diagnosis, shoulder, impingement, rotator cuff, Bankart’s lesion, instability, luxation, fracture, AC joint dislocation, Osteoarthritis, frozen shoulder, shock wave therapy

Citation
Betthäuser A: Fokussierte Sonografie des Schultergürtels.
OUP 2018; 1: 024–027 DOI 10.3238/oup.2018.0024–0027

Einleitung

Für den Bereich der Schulter existieren mehrere Arbeiten, die die gute Reliabilität der US-Diagnostik (US bedeutet Ultraschall) in diesem Bereich nachgewiesen haben. Diese sprechen gegen eine relevante Untersucherabhängigkeit des Diagnostikverfahrens US-Diagnostik [3, 8, 12, 14, 18].

Die Reliabilität ließ sich durch die Verwendung von Standardebenen der DEGUM (Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin) erhöhen. Bei Überlastungen im Bereich des Schultergürtels oder posttraumatisch sollte die Ultraschall-Diagnostik das prinzipiell primäre bildgebende Screening-Verfahren wegen ihrer guten Verfügbarkeit, geringer Kosten, ihrer dynamischen Qualität und der Möglichkeit des Seitenvergleichs bei einfacher Dokumentation und Wiederholbarkeit sein.

Bei einigen Fragestellungen ließ sich mit anderen bildgebenden Verfahren keine höhere Aussagekraft nachweisen, sodass dort die US-Diagnostik als State of the Art angesehen werden muss. Bei liegendem Metallimplantat hat die US-Diagnostik der Weichteile sogar ein Alleinstellungsmerkmal im Vergleich zu der MRT wegen bekannter Artefaktprobleme. Im Folgenden werden die Hauptindikationen der Schulterdiagnostik dargestellt.

Knöcherne Läsionen

Bei dem Verdacht auf eine knöcherne Läsion im Bereich des Schultergürtels sollte in der Regel beim Erwachsenen nach der Nativ-Röntgen-Diagnostik die US-Diagnostik eingesetzt werden, um das Vorhandensein und die Schwere weichteiliger Begleitverletzungen beurteilen zu können und um den Behandlungs- und Heilverlauf monitoren zu können. Die hohe Wertigkeit der US-Diagnostik bei geburtstraumatischen Verletzungen, insbesondere jedoch bei vielen anderen kindlichen Knochen- und Epiphysen-Verletzungen, ist nachgewiesen [1].

Besondere Bedeutung kommt bei der Schulter-Fraktur-Diagnostik der Erkennung und Verlaufsbeurteilung der Tuberkula-Frakturen zu. 59 % bleiben nativradiologisch unentdeckt [10]. Häufig schränken post operationem Metallartefakte die Aussagekraft anderer bildgebender Verfahren ein und sekundäre Dislokationen sind das Hauptproblem nach Osteosynthesen der Schulter.

Um nach sonografischer Diagnosestellung das Ausmaß knöcherner Glenoid-Randdefekte und die Relevanz für die Gelenkgeometrie genau zu quantifizieren, bedarf es allerdings einer CT mit En-face-view-Technik, am genauesten auch dort im Seitenvergleich [7].

Instabilität
Glenohumeralgelenk

Seit Löffler 1989 [15] die sonografische Beurteilbarkeit des kapsulolabralen Komplexes zwischen 2 und 5 Uhr ventral im Pektoralisrandschnitt und dorsal im dorsalen Transversalschnitt beschrieb, haben mehrere Autoren die hohe Wertigkeit der US-Diagnostik bei Bankart-Verletzungen beschrieben, zuletzt Simao et al. mit einer Sensitivität von 95 % und einer Spezifität von 80 % [23].

Bis zu 60 % der hinteren relevanten Dezentrierungen des Humeruskopfs werden übersehen. Mit der US-Diagnostik gelingt im Seitenvergleich eine einfache und reproduzierbare Beurteilung der Stellung des Humeruskopfs in Relation zum Pfannenrand [9]. Die Diagnosesicherheit lässt sich noch durch den Vergleich des dorsalen mit dem ventralen Querschnitt erhöhen.

Affektionen des
Akromioklavikulargelenks

Im Schultereckgelenk-Längsschnitt ermöglicht es der Seitenvergleich – am besten auf einem Monitorbild – leicht festzustellen, ob ein Reizzustand vorliegt oder nicht. Der Power-Doppler – ebenfalls im Seitenvergleich – kann die Diagnosequalität weiter heben. Denn:
Schultereckgelenkarthrose-Zeichen ohne Schmerz sind ab einem Lebensalter von 30 Jahren normal.

Wird ein geeignetes Trauma angegeben und ein Reizzustand liegt vor, dann muss der Grad der Instabilität des Schultergürtels in Relation zum lateralen Klavikula-Ende a) vertikal in der Einteilung nach Rockwood [20] am besten mittels US-Diagnostik und b) horizontal in der Röntgentechnik nach Alexander modifiziert nach Zumstein [25] erfolgen.

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