Übersichtsarbeiten - OUP 01/2022
Anwendungsmöglichkeiten des biodegradierbaren Spacers (Reg Joint® Fa. Scaffdex) in der Fußchirurgie bei Erwachsenen und Jugendlichen
Kathryn Hassel, Martin Bergmann, Guido Heers
Zusammenfassung:
Der biodegradierbare Spacer (Reg Joint®) der finnischen Firma Scaffdex ist mittlerweile seit 2011 verfügbar und nimmt zunehmend Einzug in den fußchirurgischen Alltag. Als Teilnehmer einer 2001 durchgeführten Multicenter-Studie, die zur CE-Zertifizierung des Produktes führte, kennen wir mittlerweile den Nutzen bei der Implantation am MTP 1-Gelenk sowie als Interposition bei der OP nach Epping bei der Rhizarthrose. Weitere Einsatzmöglichkeiten gerade in der Fußchirurgie sind hier aber durchaus denkbar. Bei den beiden Krankheitsbildern des Morbus Köhler 2 und bei der Interposition nach Resektion einer Coalitio calcaneonavicularis können wir über positive Erfahrungen des komplikationsarmen Verfahrens berichten.
Schlüsselwörter:
Reg Joint, M.Köhler 2, Coalitio calcaneonavicularis, resorbierbares Implantat, Polylactid
Zitierweise:
Hassel K, Bergmann M, Heers G: Anwendungsmöglichkeiten des biodegradierbaren Spacers
(Reg Joint® Fa. Scaffdex) in der Fußchirurgie bei Erwachsenen und Jugendlichen.
OUP 2022; 11: 28–32
DOI 10.53180/oup.2022.0028-0032
Summary: Since 2011 a biodegradable polylactide spacer (Reg Joint®) from the finish company Scaffdex is available. The Scaffold is increasingly finding its way into foot surgery. As a participant of a multi-center study from 2001, which led to the CE certification of the product, we now know more about the benefits of Reg Joint® implantation in interposition arthroplasty for CMC 1 and MTP 1 degenerative arthritis. However, the biodegradable spacer may be of use in other foot deformities. In the following article we report our experiences using this device in Koehlers disease and calcaneonavicular coalition.
Keywords: Reg Joint, Koehlers disease, calvanonavicular coalition, resorbable implant, polylactide
Citation: Hassel K, Bergmann M, Heers G: Indications of bioreplaceable Spacers (Reg Joint® Fa. Scaffdex)
in footsurgery of adults an juvenile.
OUP 2022; 12: 28–32. DOI 10.53180/oup.2022.0028-0032
Vitos Orthopädische Klinik Kassel gGmbH, Kassel
Einleitung
Die Anwendung des biodegradierbaren Spacers der finnischen Firma Scaffdex hat nun bereits seit mehreren Jahren Einzug in den chirurgischen Alltag gehalten. Etabliert hat sich die Methode bereits in der Resektionsinterpositionsarthroplastik des MTP 1 bei Arthrose sowie v.a. bei der rheumatoiden Arthritis [3].
Hier können wir auf eine mittlerweile über 10-jährige Erfahrung im Umgang mit dem Spacer zurückgreifen. Die unkomplizierte und komplikationsarme OP-Methode hat den Spacer für uns zu einer guten Alternative zu den Standardverfahren wie z.B. der Arthrodese gemacht. Gute Erfahrungen in weiteren Einsatzgebieten haben wir in der operativen Versorgung des M. Köhler 2 sowie in der Behandlung der Coalitio calcaneonavicularis anstelle eines Fettinterponates gemacht. Im Folgenden werden diese Einsatzmöglichkeiten erläutert.
Das Implantat
Das Institut für Biomaterialien der technischen Universität in Tampere entwickelte in Zusammenarbeit mit der Firma Bionx (später Linvatec Biomaterials Ltd., Finnland, jetzt Fa. Scaffdex/Finnland) einen biodegradierbaren Platzhalter aus dem bekannten Werkstoff poly-L/D-laktid copolymer mit L/D-monomer ratio 96/4 (PLDLA). Das Polymer besitzt eine poröse Zylinderstruktur, so dass dort körpereigenes Gewebe mit Fibroblasten einwachsen kann und so eine bioelastische gelenkartige Gewebskoppelung gebildet wird.
Das verwendete Polymer für das Scaffold wird zu vierlagigen sehr dünnen Fäden gesponnen, aus denen ein Schlauch gestrickt wird. Dieser Schlauch wird dann ähnlich eines Feuerwehrschlauches aufgerollt und zu einem Kissen unterschiedlicher Größe (Durchmesser 8–24 mm) und Dicke (3,6–4,5 mm) verarbeitet. Erhältlich sind 9 Größen in 2 mm Schritten, beginnend bei 8 mm Durchmesser. Die durchschnittliche Porengröße liegt zwischen 100–400 µm. Durch die poröse gitterartige Struktur kann körpereigenes Gewebe gut einwachsen (Abb. 1–2).
In vitro-Studien zeigten für das in dieser Studie verwendete PLDLA eine Resorption der Struktur von 50 % nach 13 Wochen, lang genug für das Einwachsen von körpereigenem Gewebe. In Tierversuchen wurde eine rasche Einheilungstendenz und Funktion als Platzhalter nachgewiesen [7]. Die Scaffolds werden im ersten Jahr weitestgehend aufgebrochen und durch kollagenes Bindegewebe ersetzt. Nach ca. 2–3 Jahren ist der Platzhalter vollständig resorbiert [8].
1997 erfolgte in Finnland die Erstimplantation des Scaffolds am Menschen [6]. Implantatbedingte Komplikationen traten nicht auf.
Eine CE-Zertifizierung besteht seit November 2011 unter dem Namen Reg Joint® von der Firma Scaffdex in Tampere (Finnland) und ist auf dem europäischen Markt zugelassen. Es wird in den am häufigsten angewendeten Größen 8–20 mm angeboten.
Im Rahmen der durchgeführten Multicenter-Studie von 2001 konnten Patienten mit gleichzeitiger Versorgung der Metatarsalia 1–5 eingeschlossen werden (17 Implantationen des Reg Joint® vs. 24 alleinige Resektionsarthroplastiken für die Metatarsalia 2–5). Zunächst erfolgte im Jahre 2015 die statistische Auswertung der 5 Jahres-Verlaufskontrolle für die Implantation am MTP 1 mit signifikantem Vorteil des Reg Joint® für die Parameter Schmerz (VAS) und Funktion (VAS) sowie AOFAS Score 3. Weitere statistische Auswertungen bezüglich der Metatarsalia 2–5 werden aktuell durchgeführt. Aus dieser Gruppe gibt es klinische und radiologische Langzeit-Fallbeispiele.
Fallbeispiel 1
Verlaufskontrolle bei einer Patientin mit rheumatischer Vorfußdeformität und operativer Versorgung 14 Jahre nach Implantation von Reg Joint® Spacer MTP 1–5 links im Jahre 2007 (Abb. 3–5, Tab. 1).
Anwendungsbeispiel M. Köhler 2
Synonyme: Morbus Köhler-Freiberg, Morbus Köhler 2.
Erstmals beschrieb der US-Chirurg Freiberg 1914 eine Infraktion des Metatarsale 2 Köpfchens. Die weitere Aufarbeitung und ausführliche Beschreibung erfolgte dann 1920 durch Köhler. Die beschriebene Osteonekrose wird zu 60–88 % am Metatarsale 2 vorgefunden. Es zeigt sich eine Häufung der Erkrankung beim weiblichen Geschlecht. Bilaterale Verläufe werden in bis zu 10 % der Fälle beschrieben.