Informationen aus der Gesellschaft - OUP 11/2012
Behandlung der symptomatischen Omarthrose mit HyaluronsäureExpertenkonsens im Rahmen des 2. Deutschen Arthrosekongresses in Bonn, 17. März 2012
Teilnehmer: Dr. med. Erhan Basad (Heidelberg), Dr. med. Gerrit Bonacker (Wetzlar), Dr. med. Dirk Danneberg (Darmstadt), Dr. med. Martin Frömel (Frankfurt), Dr. med. Albert Güßbacher (Nürnberg), Prof. Dr. med. Dr. hc. Jürgen Heisel (BadUrach), Prof. Dr. med. Thomas Horstmann (Bad Wiessee), Prof. Dr. med. Jörg Jerosch (Neuss), Dr. med. Manuel Machholz (Berlin), Dr. med. Thomas Porté (Hamburg), Dr. med. Christopher Schmidt (Zürich, CH), Prof. Dr. med. Peter Schräder (Bürstadt), Dr. med. Kay Uthoff (Hannover), Dr. med. Olaf Vollmert (Meerbusch), Dr. med. Jörn Wagner (Griesheim)
Die konservative Therapie der Omarthrose bzw. aller assoziierten pathologischen Veränderungen stellt die behandelnden Ärzte vor eine besondere Herausforderung, da nur selten eine Pathologie allein für die Beschwerden des Patienten verantwortlich ist. Daher gilt es, den Patienten gründlich zu untersuchen und basierend auf der Anamnese, der Untersuchung und eingeleiteten bildgebenden Diagnostik die Diagnosen herauszuarbeiten, die in der Folge zielgerichtet behandelt werden müssen. Im Rahmen der Behandlung der Omarthrose kommt dem individuellen Therapiekonzept und dem Zusammenspiel der Behandelnden so eine besondere Bedeutung zu.
Trotz, oder gerade aufgrund der komplexen Pathologien, die Beschwerden der Schulter auslösen, gibt es lediglich von der AAOS eine aktuelle Leitlinie [1], die insgesamt 16 verschiedene Therapie Optionen vor und nach einem endoprothetischen Gelenkersatz beurteilt hat. In dieser Guideline wurden die meisten Behandlungsoptionen aufgrund Ihrer inhomogenen Ergebnisse nicht abschließend beurteilt. Die Behandlung der gleno-humeralen Arthrose mit Hyaluronsäuren (HS) wurde als mögliche Therapieoption mit einer bisher schwachen Evidenz beschrieben.
Aufgrund der bisher zur Verfügung stehenden Ergebnisse klinischer Studien, deren inhomogener Ergebnisse und des zum Teil variabel gewählten Therapieregimes der untersuchten Hyaluronsäuren haben erfahrene Anwender von Hyaluronsäure ein Gremium gebildet und nach intensiver Diskussion diesen Expertenkonsens erstellt. Ziel war es, den Stellenwert der Hyaluronsäuretherapie mit Hylanen „rund um die Schulter“ zu erfassen und eine praxisnahe Grundlage für die Hyaluronsäuretherapie mit Hylanen an der Schulter zu geben.
Wissenschaftliche Grundlage für diesen Expertenkonsens waren Publikationen, die die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Hyaluronsäuren/Hylanen bei glenohumeraler Arthrose beschreiben.
Blaine et al. [2] untersuchten in einer randomisierten, kontrollierten Studie die Wirksamkeit von Sodium Hyaluronate bei Patienten mit Schulterschmerzen und differenzierten hier Patienten mit glenohumeraler Arthrose von den Patienten, die keine manifesten radiologischen Veränderungen zeigten. Bei den Omarthrosepatienten bestand in 66 % der Fälle eine partiale/vollständige Rotatorenmanschettenruptur oder eine adhäsive Kapsulitis. Dabei untersuchten die Autoren die Wirksamkeit von je 3 und 5 wöchentlichen glenohumeralen Injektionen einer niedermolekularen Hyaluronsäure vs. Placebo bei 456 Patienten (ITT) über 26 Wochen. Die Ergebnisse zeigten eine signifikante Beschwerdelinderung beider HS-Behandlungsregimen vs. Placebo nach 26 Wochen bei den Patienten mit Omarthrose, die Wirksamkeit von 5 vs. 3 Injektionen zeigte keinen signifikanten Unterschied. In der Gruppe der Patienten ohne Omarthrose wurde kein signifikanter Unterschied der Behandlungsgruppen bezüglich der Schmerzlinderung festgestellt.
Silverstein et al. [3] untersuchten die Wirksamkeit von 3 Hylan G-F 20 Injektionen bei 27 Patienten mit Omarthrose ohne Rotatorenmanschettenruptur. Über den Untersuchungszeitraum von 26 Wochen zeigte sich eine signifikante Reduktion der Schulterschmerzen, verbunden mit einer deutlichen Verbesserung des Nachtschlafes bei 56 % der Patienten.
Brander et al. [6] untersuchten ein verändertes Therapieregimen mit nur 2 Injektionen Hylan G-F 20 (2 ml), die in 2-wöchentlichem Abstand durchgeführt wurden. In dieser prospektiven Untersuchung an 36 Patienten mit einer Omarthrose (II. + III. Grades) wurde ebenfalls eine signifikante Reduktion der Schulterschmerzen über 26 Wochen hinweg beschrieben.
Eine vergleichbare Schmerzreduktion wurde auch von Raman et al. [4] beschrieben, der, gemäß der Herstellerempfehlung lediglich eine Hylan G-F 20 Injektion (2 ml) initial durchführte und den Patienten beschwerdeadaptiert eine weitere Injektion nach 3 oder 6 Monaten offerierte. Es wurde beobachtet, dass lediglich 10,2 bzw. 9,1 % der Patienten nach 3 bzw. 6 Monaten eine 2. Injektion erhielten. Noel et al. [5] bestätigten diese Ergebnisse bei einer initialen Injektion von 2 ml Hylan G-F 20 und einer optionalen Wiederholung der Therapie nach einem, 2 oder 3 Monaten und zeigten eine signifikante Schmerzreduktion über 26 Wochen hinweg.
Merolla et al. [7] verglichen in einer retrospektiven kontrollierten Studie bei insgesamt 84 Patienten die Wirksamkeit von 3 Injektionen Methylprednisolonacetat (40 mg) und drei Hylan G-F 20 Injektionen (2 ml) in wöchentlichen Abstand und evaluierten die Schmerzen in Ruhe, unter Belastung und in der Nacht. Die erhobenen Ergebnisse zeigen eine signifikante Reduktion der Schmerzen in der Methylprednisolonacetatgruppe nach einem Monat, die in den Monaten 3 und 6 nicht mehr existent war. Die Behandlung mit Hylan G-F 20 wies über den gesamten Untersuchungszeitraum von 6 Monaten eine signifikante Reduktion der Schmerzen in Ruhe, unter Belastung sowie in der Nacht auf. Vergleichbare Ergebnisse fanden sich auch bezüglich der subjektiven Patientenbeurteilung und im Constant-Murley Score bei der Betrachtung der beiden Behandlungsgruppen.
Basierend auf den vorliegenden Studienergebnissen und der persönlichen Erfahrung der Teilnehmer hat das Expertengremium folgenden Konsens getroffen:
- Die Behandlung der Omarthrose mit Hylan G-F 20 muss in ein Therapiekonzept eingebettet sein und erfolgt erst nach Versagen/nicht zufriedenstellendem Therapieerfolg der nicht invasiven Behandlung.
- Die Behandlung der Omarthrose mit Hylan G-F 20 kann in allen Arthrosestadien erfolgen. Aufgrund der zu erwarten Pathologien, wie z.B. einer Partialruptur der Rotatorenmanschette und einer subacromialen Bursitis gilt es diese Pathologien ebenfalls therapeutisch zu adressieren. Aufgrund der guten Erfahrungen in der Praxis ist auch eine direkte subacromiale Injektion wirksam, die letztendlich den subacromialen Flow der injizierten Hyaluronsäure bei einer Rotatorenmanschetten-Defektarthropathie nur vorwegnimmt.
- Die glenohumerale Injektion sollte primär intraartikulär erfolgen. Praktikabel ist die landmarkengestützte Injektion, gegebenenfalls bildgebend unterstützt. Der Zugang von dorsal erlaubt eine Behandlung des subacromialen Raumes von gleicher Stelle.
- Zur Linderung der injektionsbedingten Schmerzen kann ein Lokalanästhetikum eingesetzt werden, ebenso kann bei bestehender Kapselreizung/bestehendem Gelenkerguss die Injektion eines Kortikosteroids (z.B. 10–40 mg Triamcinolon oder Dexamethason-Palmitat) indiziert sein.
- Die Behandlung mit Hylan G-F 20 erfolgt gemäß Label in monatlichem Abstand, praktikabel und nach Ansicht der Teilnehmer gut umsetzbar ist die 3-malige Behandlung mit 2 ml Hylan G-F 20 in wöchentlichem Abstand (off-label-Use, Aufklärung des Patienten erforderlich). Hierzu liegen entsprechende Ergebnisse aus klinischen Studien vor, die die Wirksamkeit und Verträglichkeit dokumentieren.
- Nach der Injektion von Hyaluronsäure sollte das behandelte Gelenk mobilisiert werden.
- Eine lokale Kühlung und relative Schonung für 12–24 Stunden nach der Injektion ist sinnvoll. Kinesiotape kann, bei gegebener Indikation, eine sinnvolle Therapieergänzung darstellen.
- Nach erfolgter Behandlung mit Hylan G-F 20 sollte ein speziell auf die jeweils vorliegende Pathologie abgestimmtes Bewegungs- und Kräftigungstraining erfolgen. Insbesondere die Schrumpfung der ventralen Gelenkkapsel und ein ggf. existenter Humeruskopfhochstand sollte adressiert werden.
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