Editorial - OUP 03/2024

Editorial 1

Knorpeltherapie 2024 – wo stehen wir?

 

Liebe Leserinnen und Leser,

 

Mobilität bis ins hohe Alter, möglichst mit den eigenen Gelenken, ist der Anspruch unserer Bevölkerung mit immer höherer Lebenserwartung. Dieser Anspruch kann durch aktuelle leitliniengerechte gelenkerhaltende Therapieverfahren heutzutage zu einem hohen Prozentsatz erfüllt werden, wenn bei Gelenkproblemen und Knorpelschäden die richtige Therapie rechtzeitig angewandt wird. 25 % der aktuell eingesetzten Knieendoprothesen in Deutschland könnten bereits heute dadurch vermieden werden.1 Trotz der wissenschaftlich erwiesenen Effektivität sind diese Verfahren in der Versorgungslandschaft aus verschiedenen Gründen, unter anderem auch wegen gesundheitspolitischer und wirtschaftlicher Fehlanreize, unterrepräsentiert.

Als Editor und Vorstandsvorsitzender der Gesellschaft für Knorpelregeneration und Gelenkerhalt QKG (www.qkg-ev.de) freue ich mich deshalb besonders, Ihnen in diesem Heft einen gesamten aktuellen Überblick präsentieren zu können, um Knorpelschäden an Hüfte, Knie und Sprunggelenk zu diagnostizieren und der korrekten Behandlung zuzuführen. Da bei der Hüfte fast in 100 %, am Knie in über 50 % und häufig auch am Sprunggelenk anatomische oder funktionelle Gründe den Knorpelschäden zugrunde liegen, wird dem Thema „Therapie von Begleitpathologien“ ein eigener Artikel gewidmet. Die Autoren aller Artikel zeichnen sich als Vorstands- oder Beiratsmitglieder der QKG nicht nur durch wissenschaftliche Expertise, sondern vor allem auch durch teilweise jahrzehntelange praktische operative Erfahrung aus.

Durch die Einführung der zertifizierten Endoprothetikzentren mit Unterstützung der AE (Arbeitsgemeinschaft Endoprothetik) in Deutschland hat sich sicherlich die Qualität der Endoprothetik verbessert, der Trend geht allerdings international zu immer früher eingesetzten künstlichen Gelenken mit einem rasanten Anstieg von endoprothetischen Revisionsoperationen und den entsprechenden individuellen, aber auch gesundheitsökonomischen Folgen.

„Wer als Werkzeug nur einen (auch noch so guten) Hammer hat, sieht in jedem Problem einen Nagel“ (Paul Watzlawick). Aus Sicht der QKG ist deshalb die Forderung an den GBA (Gemeinsamen Bundesausschuss), dass JEDES Endoprothetikzentrum in Deutschland für den Erhalt der Zertifizierung verpflichtend eine ausgewiesene Expertise und entsprechende Behandlungsanzahl bei den leitliniengerechten gelenkerhaltenden und knorpelregenerativen Therapien aufweisen muss. Nur so kann diesem Trend der „zu früh“ eingesetzten künstlichen Gelenke begegnet werden. Es ist absolut zu begrüßen, dass auch die AE inzwischen dieses Problem erkannt und jährliche Kongresse und Kurse zum Gelenkerhalt in ihr Jahresprogramm aufgenommen hat.

Unser Wunsch und Ziel ist es, Sie mit dieser Ausgabe nicht nur über die sehr erfolgreichen Therapieverfahren des Gelenkerhaltes zu informieren, sondern Sie auch zu motivieren, sich mehr mit dem Gelenkerhalt zu beschäftigen und dafür zu begeistern. Die QKG kann und möchte Sie mit praktischen Kursen, Workshops, Fellowships und zahlreichen Kongressen auf Ihrem Weg zum Gelenkerhalt unterstützen und begleiten.

Ich wünsche Ihnen gemeinsam mit allen Autorinnen und Autoren eine interessante Lektüre und daraus viele gelenkerhaltende Ideen für die Behandlung Ihrer Patientinnen und Patienten!

Viel Freude beim Lesen.

 

Ihr

Wolfgang Zinser

Prof. Prim.a.D. (DE)
Dr. med. Wolfgang Zinser

Orthoexpert Knittelfeld/Graz
Österreich

Prof. Dr. med.
Lars Victor von Engelhardt

Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Sportmedizin am Klinikum Peine &

Universität Witten/Herdecke

Hauptschriftleiter OUP

1 Vogelmann et al.: Long-term cost-effectiveness of matrix-associated chondrocyte implantation in the German health care system: a discrete event simulation.

Arch Orthop Trauma Surg 2023; 143: 1417–27.

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