Medien - OUP 04/2017
Expertise Orthopädische RheumatologieStefan Rehart, Stefan Sell: Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 2015, 380 S., 604 Abb., gebunden. ISBN 9783131714114, 299,99 Euro
Den beiden Herausgebern Prof. Stefan Rehart und Prof. Stefan Sell ist es gelungen, die führenden Experten der orthopädischen Rheumatologie in der deutschsprachigen Welt als Autoren für das vorliegende Werk zu gewinnen. Der Band hat sich der Aufgabe gestellt, die Aspekte der konservativen und operativen Rheumatologie vollständig, aber dennoch kompakt darzustellen.
Viele Autoren sind schon lange Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie, ergänzt werden diese durch Spezialisten der Wirbelsäulenchirurgie, Schmerztherapie, Psychologie, Manuellen Medizin, internistischen Rheumatologie, Histologie und Rehabilitation.
Wie die Autorenliste schon erahnen lässt, stellt sich das Buch thematisch breit auf. Das erste große Kapitel ist der allgemeinen Rheumatologie gewidmet und geht von den Grundlagen der Epidemiologie, der Diagnostik, der immunologischen Grundlagen über die Bildgebung zur histopathologischen Diagnostik von Veit Krenn zur medikamentösen Therapie.
Das nächste große Kapitel widmet sich der konservativen orthopädischen Rheumatologie. Die Physiotherapie gliedert sich auf in einzelne Regionen, die Ergotherapie stellt Prinzipien der Behandlung dar, auch die manuelle Medizin findet Indikationen bei rheumakranken Patienten, der wichtige Bereich der Orthopädietechnik wird beschrieben. Über die Gemeinsamkeiten mit der Schmerztherapie geht es zu psychologische Verfahren, die besonders bei der Schmerzchronifizierung Lösungsmöglichkeiten aufzählen, daneben werden auch die Prinzipien der Rehabilitation mit der physikalischen Therapie dargestellt.
Exemplarisch werden Patientenverbände aufgeführt, allen voran die Deutsche Rheumaliga mit ihrer Vorsitzenden, Frau Prof. Gromnica-Ihle.
Naturgemäß liegt der Hauptschwerpunkt des Buchs in dem Kapitel „Operative orthopädische Rheumatologie“. Bevor es zu den einzelnen, nach Körperregionen gegliederten Maßnahmen kommt, werden Grundsätze dargestellt bezüglich der Indikationsstellung, der Patientenvorbereitung und des perioperativen Managements. Besonders umfassend werden die operativen Maßnahmen sowohl der prophylaktischen Synovialektomien als auch der rekonstruktiven Verfahren an der Hand dargestellt, welche als Visitenkarte des Rheumakranken eine besondere Aufmerksamkeit genießt. Die großen Gelenke werden dagegen etwas kürzer abgehandelt, zumal sich hier viele Überschneidungen mit der Endoprothetik von nicht-entzündlichen Arthrosepatienten ergibt, welche in der allgemeinen Orthopädie geläufiger sind.
Das Buch findet einen Abschluss in der Erörterung der nicht immer einfachen Begutachtung rheumatologischer Erkrankungen, hervorgehoben sei das Kapitel mit der schwierigen gutachterlichen Einschätzung z.B. der Borreliose. Ein umfassendes Sachverzeichnis schließt das Werk ab.
Bezüglich der Bebilderung fällt sofort auf, dass jedes Kapitel mit sehr vielen Beispielen ausgestattet ist, welche typische, klinische Bilder von Patienten mit ihren Erkrankungen darstellen. Sehr häufig werden die Krankheitsbilder in Form von Röntgenbildern und Diagrammen illustriert, darunter sind auch viele schematische Darstellungen der Operationstechniken. Die Bilder sind oft mehrfarbig und überzeugen durch ihre sehr prägnanten Aussagen. Immer wieder gibt es auch tabellarische Übersichten. Jedes der großen Kapitel ist mit einem umfassenden Quellenverzeichnis versehen. Sehr ästhetisch sind die Bilder mit den individuell angefertigten ergotherapeutischen Lagerungsschienen und dynamisch-funktionellen Orthesen. Insbesondere das Kapitel über die medikamentöse Therapie ist außerordentlich gut geeignet, sich sehr rasch einen Überblick über die Wirkprinzipien, den Wirkeintritt, die Dosis, die Kontraindikation und die unerwünschten Wirkungen zu verschaffen, wobei die sehr klare, systematische Gliederung die Orientierung enorm erleichtert. Komplikationen in der operativen und konservativen Behandlung werden deutlich dargestellt, insbesondere die Gefahr von Infektionen unter Biologika.
Durch das ganze Buch hindurch erstreckt sich als Blickfang farblich herausgehoben immer wieder das Symbol für eine Empfehlung für die Praxis und einen herausgehobenen Merksatz, worauf unter Umständen besonders zu achten ist. Dieses gibt dem Buch auch schon beim Durchblättern ein sehr einheitliches Konzept, was die Orientierung erleichtert.
Zusammengefasst handelt es ich bei dem vorliegenden Werk um eine sehr gut gelungene, umfassende Darstellung der orthopädischen Rheumatologie mit den Hauptartikeln konservativer und operativer Therapie sowie allgemeiner Rheumatologie mit gut dargestellten Grundlagen der Diagnostik, Epidemiologie und medikamentösen Therapien.
Das Buch erhebt nicht den Anspruch, einen Operationsatlas zu ersetzen, obwohl es sehr viele operative Details mit praktischen Hinweisen schildert.
Dieses Buch sollte in keinem Orthopäden-Bücherschrank fehlen, aber auch nicht bei Internisten und Hausärzten, die mit der Behandlung von rheumakranken Patienten betraut sind.
Burkhard Mai, Kassel
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