Übersichtsarbeiten - OUP 04/2023
HüftimpingementWie kommen wir mittels Anamnese, klinischer Untersuchung und Röntgen zur richtigen Diagnose?
Lars Victor von Engelhardt, Jörg Jerosch
Lernziele:
Kennenlernen wesentlicher Aspekte zur Anamneseerhebung des Hüftimpingement
Verständnis der Untersuchungstests und der bildgebenden Befunde basierend auf der Biomechanik der Impingementtypen
Kennenlernen von Folgeschäden und Begleitpathologien des Hüftimpingement
Zusammenfassung:
Ein Hüftimpingement entsteht, wenn es zu einem vermehrten Kontakt zwischen Schenkelhals und Femurkopf mit der Hüftpfanne kommt. Dies wird auch als femoroacetabuläres Impingement bezeichnet. Es verhindert, dass das Hüftgelenk zentriert und anschlagfrei bewegt werden kann. Ohne korrekte Diagnose und entsprechender Behandlung führt ein symptomatisches Hüftimpingement zu Schäden am Gelenkknorpel. Dies kann zu schmerzhaften Gelenkdestruktionen und zu einer frühen Hüftarthrose führen. In Zahlen ist das Hüftimpingement, mit mehr als 90 % der Fälle, die häufigste Ursache für einen Hüftgelenksersatz. Daher gilt das Hüftimpingement als eine Präarthrose, die nicht von selbst ausheilen wird. Bisher publizierte klinische Studien zeigen, dass eine rechtzeitige Diagnosestellung und Therapieeinleitung beim symptomatischen Hüftimpingement für fortschreitende Gelenkschäden und das klinische Outcome von besonderer prognostischer Bedeutung ist. Die anfangs meist eher geringen Hüftbeschwerden sind somit ernst zu nehmen. Sollte eine konservative Therapie, bspw. mit Physiotherapie, Schonung oder gar dem Wechsel zu hüftschonenden Sportarten, die Beschwerden nicht beseitigen, ist eine Korrektur der knöchernen Deformität anzuraten. In diesen Fällen ermöglicht die Korrekturoperation der Deformität, die zumeist arthroskopisch erfolgt, exzellente und sichere Ergebnisse. Darüber hinaus verhindert eine adäquate Korrektur im späteren Leben der Patientin/des Patienten die Entwicklung einer Hüftarthrose. Eine korrekte Diagnose erfordert einen systematischen Ansatz, der eine Anamnese, eine detaillierte klinische Untersuchung und standardisierte Röntgenaufnahmen umfasst. Der vorliegende Artikel soll einen Überblick über die diagnostischen Möglichkeiten dieser vglw. häufigen und folgenschweren Hüfterkrankung geben.
Schlüsselwörter:
Diagnostik Hüftimpingement, femoroacetabuläres Impingement, Cam, Pincer, Hüftarthroskopie
Zitierweise:
von Engelhardt LV, Jerosch J: Hüftimpingement. Wie kommen wir mittels Anamnese, klinischer Untersuchung und Röntgen zur richtigen Diagnose?
OUP 2023; 12: 0169–0177
DOI 10.53180/oup.2023.0169-0177
Summary: A hip impingement occurs when there is extended contact between the femoral head and acetabular bone. It is also known as femoroacetabular impingement and interferes with centered and free motion of the hip joint. Without correct diagnosis and treatment, a symptomatic hip impingement leads to severe damage of the hip cartilage. This can lead to a painful joint deterioration and early hip osteoarthritis. With more than 90 % of cases, hip impingement is the most common cause for a hip replacement. Therefore, hip impinge ment is considered a pre-osteoarthritic condition which will not heal on its own. Published data on clinical studies show that an early diagnosis and treatment of a hip impingement with ongoing complaints is pivotal for the prognosis of ongoing joint damage and the clinical outcome. A hip impingement initially occurs with mainly minor complaints. Regarding the prognosis, these problems should be taken seriously. If an initial conservative therapy, e.g. physiotherapy, a break from sports or a change to a hip protective sport, do not resolve the complaints, a corrective surgery of the bony deformity is advisable. In these cases, a corrective surgery of the bone deformity, which is mainly performed arthroscopically, provides excellent and safe results. Moreover, an
adequate corrective surgery prevents hip osteoarthritis in the patients later life. A correct diagnosis needs a
systematic approach, which includes medical history, a detailed clinical examination, and standardized radiographs. This article provides a overview of the diagnostic possibilities of this relatively frequent hip disease with its serious consequences.
Keywords: Hip impingement diagnostics, femoroacetabular impingement, cam, pincer, hip arthroscopy
Citation: von Engelhardt LV, Jerosch J: Hip impingement. How do we make a correct diagnosis using medical history, clinical examination and radiographs?
OUP 2023; 12: 0169–0177. DOI 10.53180/oup.2023.0169-0177
L. V. von Engelhardt: Fakultät für Gesundheit, Private Universität Witten/Herdecke & Landesklinikum Horn, 3580 Horn, Österreich
J. Jerosch: Medizinisches Wissenschafts- und Gutachten-Institut Meerbusch
Einleitung
Das femoroacetabuläre Impingement (FAI) stellt ein mechanisches Problem dar, das beim Sport aber auch im Alltag das Bewegungsspiel dieses Kugelgelenkes einengt [7, 8, 12, 36]. Das Cam-Impingement resultiert aus knöchernen Veränderungen mit einer verminderten Taillierung am Übergang zwischen Hüftkopf und Schenkelhals (Abb. 1a, 1b, 2a, 2b). Diese asphärische Formstörung kann weit umlaufend gelegen sein und findet sich oft mit einer Ausdehnung von ventral bis weit posterior. Unter Bewegung dringt die Asphärizität in die Gelenkpfanne ein und führt hier zu unphysiologischen Druck- und Scherkräften. Die damit einhergehenden Gelenkschäden beginnen am randständigen Gelenkknorpel und an der Gelenklippe (Abb. 2c). Der Knorpel wird geschädigt und geht im Verlauf zunehmend verloren. Schließlich kommt es zur vorzeitigen Arthrose. Die einzige Möglichkeit dieser fortschreitenden Gelenkschädigung entgegenzuwirken, liegt in einer chirurgischen Korrektur dieser knöchernen Pathomorphologie [2, 7].
Das Pincer-Impingement ist Folge von knöchernen Veränderungen im Bereich der Gelenkpfanne, bei der umschriebene, segmentale (Abb. 2e, f) oder aber auch weitläufige Prominenzen des Pfannenrandes bestehen (Abb. 5a). Es besteht eine Geschlechterverteilung, wonach Männer mehr zur Cam-Deformität, Frauen mehr zu den Pincervarianten neigen [42]. In über zwei Drittel der Fälle besteht ein Mischimpingement. Hier finden sich unterschiedliche Kombinationen beider Deformitäten, die beide bei einer Korrektur entsprechend adressiert werden sollten (Abb. 1e, h) [2].