Informationen aus der Gesellschaft - OUP 04/2012

Nachruf Prof. Dr. Hans Mau

Hans Mau, eine herausragende Persönlichkeit der deutschen Orthopädie, ist nach langem Krankenlager am 14.2.2012 verstorben.

Er wurde am 15. Januar 1921 in Kiel geboren, besuchte dort und in Hamburg das humanistische Gymnasium und legte 1939 das Abitur ab.

Das Medizinstudium absolvierte er in Tübingen und Heidelberg, musste jedoch in einer Studentenkompanie auch am 2. Weltkrieg teilnehmen und wurde in Russland verwundet.

Das Staatsexamen konnte er 1946 ablegen, die Promotion erfolgte 1947 in Hamburg.

Er war dann zunächst als Assistent in der Anatomie, Neurologie und Inneren Medizin am Universitätskrankenhaus Eppendorf tätig und danach in der Unfallchirurgie des Hafenkrankenhauses Hamburg.

Geprägt durch seinen Vater, der als Ordinarius für Orthopädie in Hamburg lehrte, war es für ihn selbstverständlich, ebenfalls Orthopäde zu werden. So war er zunächst Assistent am Annastift in Hannover, erhielt 1953 die Facharztanerkennung und ging 1954/55 als Fulbright-Stipendiat für ein Jahr in die USA. Hier arbeitete er für sechs Monate am Hospital for Special Surgery in New York und besuchte anschließend verschiedene orthopädische Zentren des Landes. Dieser Aufenthalt ließ ihn Einblick gewinnen in moderne Operationstechniken, die im Nachkriegsdeutschland so noch nicht bekannt waren, wie z.B. korrigierende und stabilisierende Eingriffe bei Wirbelsäulendeformitäten, und die er dann als einer der Ersten in die deutsche Orthopädie einbringen konnte.

Nach diesem USA-Aufenthalt folgte er seinem akademischen Lehrer Prof. Lindemann an die Heidelberger Klinik, wo er sich 1957 mit einer Arbeit über „Enchondrale Dysostosen“ habilitierte.

Im Frühjahr 1962 wurde er zum apl. Professor ernannt.

1963 nahm er den Ruf an die Tübinger Orthopädie an, der verbunden war mit einer deutlichen Erweiterung der Klinik. So wurde ein Neubau als Anbau an die Chirurgie erstellt, in dem die orthopädische Poliklinik, mehrere Funktionsräume, ein wissenschaftliches Labor sowie eine neue Bettenstation untergebracht wurden.

Die Kinderorthopädie war der Schwerpunkt seiner klinischen Tätigkeit. Hier führte er insbesondere für Wirbelsäulendeformitäten und Hüfterkrankungen im Kindesalter moderne konservative und operative Behandlungsverfahren in die Klinik ein.

Wissenschaftlich war Hans Mau sein ganzes berufliches Leben lang bis zu seiner Emeritierung 1986 und noch darüber hinaus außerordentlich fruchtbar.

Insbesondere fanden seine Arbeiten zu kinderorthopädischen Fragestellungen hohe Anerkennung und waren zur damaligen Zeit Klassiker, die man gelesen haben musste. Manches ist auch heute noch aktuell und wird zitiert.

Daneben hat Hans Mau unserem Fach in zahlreichen Funktionen gedient. So war er langjähriges Vorstandsmitglied und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Traumatologie und Gastgeber des sehr erfolgreichen Kongresses 1975 in Tübingen.

Weiter diente er der Gesellschaft für Wirbelsäulenforschung über viele Jahre als deren Vorsitzender und der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina als deren Obmann für das Fach Orthopädie.

Zahlreiche Initiativen gingen von ihm aus, so 1964 der Entwurf eines Memorandums über die Stellung und den Ausbau der Orthopädie in der Bundesrepublik Deutschland. Weitere Anregungen waren die Einrichtung von Arbeitskreisen in unserer Fachgesellschaft, die Gründung einer Vereinigung der Orthopädischen Hochschullehrer, die Gründung einer deutschen Research Society und schließlich stammt von ihm der Vorschlag einer Friedrich-Pauwels-Gedächtnisvorlesung.

Ein besonderes Anliegen war ihm die Herausführung der deutschen Orthopädie aus deren politischen und kriegsbedingten Isolation und die Schaffung einer internationalen wissenschaftlichen und fachlichen Vernetzung.

So war er Gründungsmitglied der Japanisch-Deutschen Orthopädischen Gesellschaft, initiierte mit Dietrich Tönnies das Deutsch-Chilenische Stipendium und ist Gründungsvater des angloamerikanischen Reisestipendiums, des sogenannten ASG-Fellowships. Das Stipendium besteht seit nunmehr über 30 Jahren und hat mehr als 100 Fellows dieses prägende Erlebnis erfahren lassen. Mit der Einrichtung des ASG-Fellowships hat Hans Mau eine bleibende sich immer wieder erneuernde Institution geschaffen.

International war Hans Mau hoch geehrt, was zahlreiche Ehrenmitgliedschaften in nationalen wie internationalen Fachgesellschaften belegen. Die SICOT, eine internationale wissenschaftliche Fachgesellschaft für Orthopäden und Traumatologen, der er über viele Jahre als deutscher Nationaldelegierter angehörte und deren Weltkongress er 1987 nach Deutschland holte, zeichnete ihn mit der „Distinguished Membership“ aus.

Mit Hans Mau verliert die deutsche Orthopädie eine ihrer profiliertesten national wie international besonders geschätzten Persönlichkeiten. Wir werden ihm stets ein ehrenvolles Andenken bewahren.

Unser aufrichtiges, tiefempfundenes Mitgefühl gilt seiner Gattin Frau Dr. Helgard Mau sowie ihren drei Kindern und sieben Enkelkindern.

 

Prof. Dr. Jochen Eulert

Ordinarius für Orthopädie a.D.

Universität Würzburg

Generalsekretär der SICOT

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