Editorial - OUP 11/2014

Schwerverletzte und polytraumatisierte Patienten

Die Versorgung von Patienten mit unterschiedlicher Verletzungsschwere hat in allen Altersklassen gerade in den letzten Jahrzehnten entscheidende Verbesserungen erfahren. So haben insbesondere die Einführung minimalinvasiver Operationsverfahren, die Etablierung winkelstabiler Implantate sowie die Organisation von Trauma-Systemen für Polytraumatisierte zur deutlichen Optimierung der frühen klinischen Versorgung geführt. Damit kann heute gewährleistet werden, dass immer mehr Patienten überleben und die frühe klinische Phase komplikationsarm überstehen können.

In der Schwerverletztenversorgung lagen die Schwerpunkte bisher in vielen Bereichen auf der präklinischen und insbesondere der klinischen Versorgung. Neben diesen, für das Überleben der Patienten entscheidende Phasen, darf die anschließende Phase der Rehabilitation jedoch nicht aus dem Auge verloren werden. Das Kriterium der Lebensqualität nach überlebtem Trauma rückt damit zunehmend in den Blickpunkt.

Aus Daten des TraumaRegisters DGU® wissen wir, dass es sich bei den schwerverletzten Patienten häufig um junge, gesunde Menschen handelt, welche mitten im Leben stehen. Umso mehr leiden diese Patienten im Anschluss häufig an den physischen und psychischen Folgen ihres Unfalls. Neben Schmerzen, welche oftmals das führende Problem sind, sehen sich die schwerverletzten Patienten auch mit Problemen wie Arbeitslosigkeit bzw. Arbeitsunfähigkeit konfrontiert. Neben den ohnehin schon hohen Kosten für die medizinische Behandlung dieser Patienten, hat das Polytrauma dementsprechend weitere sozioökonomische Folgen.

In der Alterstraumatologie zählen aufgrund der häufig sehr alten und multimorbiden Patienten proximale Femurfrakturen zu den großen medizinischen und gesundheitsökonomischen Herausforderungen. Die postoperative Akutbehandlung ist gekennzeichnet durch hohe Komplikationsraten. Da die meisten Patienten nicht direkt nach Abschluss der Akutbehandlung in ihre gewohnte Umgebung entlassen werden können, sind weitere Rehabilitationsmaßnahmen notwendig. Um die Behandlung der Patienten weiter zu optimieren und die Gesamtbehandlungsdauer zu verkürzen, wurden in den letzten Jahren Modelle entwickelt, die geriatrische und rehabilitative Aspekte schon in der Akutphase berücksichtigen.

Zusätzlich bestehen aufgrund der verschiedenen Gesetzgebungen unterschiedliche Regelungen mit entweder einem Fokus auf der Akutbehandlung (z.B. Akutgeriatrie in Hessen) oder der Rehabilitation (z.B. geriatrische Rehabilitation in Bayern). Trotz des großen Behandlungsaufwands sind die Langzeitergebnisse gekennzeichnet von hoher Morbidität, reduzierter Lebensqualität, Verlust der Selbstständigkeit und hoher Mortalität. Weitgehend unklar ist weiterhin, welche Patienten von welcher Form der Rehabilitation langfristig profitieren.

In diesem Heft soll ein Überblick zur Rehabilitation nach Trauma diesmal mehr aus dem Blickwinkel der akut versorgenden Unfallchirurgen gegeben werden. Von besonderem Interesse sind dabei die berufsgenossenschaftlichen Heilverfahren, die schon immer einen gewissen Pioniercharakter für die weitere Entwicklung hatten und die sich aktuell im Umbruch befinden. Rehabilitative Verfahren nach Trauma werden im Übrigen auch eines der Schwerpunktthemen des VSOU-Kongresses 2015 in Baden-Baden bilden.

Prof. Volker Bühren Prof. Steffen Ruchholtz

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