Übersichtsarbeiten - OUP 10/2014
Alter und Indikation zur Hüftendoprothese beeinflussen das Risiko einer periprothetischen femoralen Fraktur
Die beobachtete Revisionsrate von 30 % ist signifikant höher, verglichen zur primären Endoprothetik. Sie ist jedoch in Übereinstimmung mit den Daten einer Metaanalyse und der dort berichteten Komplikationsrate von 26 % [11]. Eine ähnliche Revisionsrate (23 %) beschreiben Lindahl et al. auf Grundlage des schwedischen Hüftprothesenregisters [2, 12]. Bei den Revisionen fällt insbesondere das Versagen nach Plattenosteosynthese auf. Bei 5 von 15 Patienten, welche mit einer Plattenosteosynthese versorgt wurden, war eine Revision aufgrund von Materialversagen notwendig. Hierbei lagen 3 Vancouver-B1-und 2 Vancouver-C-Frakturen vor. In einer Metaanalyse von B1-Frakturen wurde ein Versagen von Plattenosteosynthesen in 9 % der Patienten gefunden [13]. Die Autoren identifizierten als 3 mögliche Versagensmechanismen die Anschlussfraktur am Ende der Platte, ein Herauswandern der Schrauben aus dem Knochen sowie den Plattenbruch über unbesetzen Schraubenlöchern [13]. Beim Besetzen der Schraubenlöcher wird der Frakturbereich überbrückt, um dort durch Mikrobewegungen die Kallusbildung zu fördern, wobei die bestmögliche Stabilität unklar ist. Diskutiert wird eine Förderung der Kallusbildung durch Bewegungen im Bereich bis zu einem Millimeter [14]. Klinisch lassen einige Autoren daher 1–2 Schraubenlöcher auf jeder Seite der Fraktur unbesetzt, um eine ausreichende Schwingstrecke zu ermöglichen [15]. Im besonderen Fall von Querfrakturen an der Prothesenspitze, gerade bei zementieren Endoprothesen, sehen wir jedoch hier durch das Auftreten von Kraftspitzen eine Versagensmöglichkeit (s. Abb. 6), sodass wir aus der klinischen Erfahrung bei diesen Frakturen nunmehr eine rigide Primärversorgung anstreben. Eine Alternative bei kurzen Querfrakturen an der Prothesenspitze, auch bei B1-Frakturen, sehen andere Autoren im Wechsel auf einen langen Revisionsschaft [16].
In der Studie von Buttaro et al. [17] konsolidierten lediglich 57 % der untersuchten Vancouver-B1-Frakturen nach winkelstabiler Plattenosteosynthese. Zum einen fanden die Schrauben, gerade bei Vancouver-B-Frakturen/Johansson-II-Frakturen aufgrund des einliegendem Prothesenschafts und der altersbedingt reduzierten Knochenqualität schlechteren Halt, was zur Auslockerung der Schrauben mit nachfolgendem Osteosyntheseversagen führt, wie wir es auch bei 2 Patienten beobachten konnten. Zum anderen wurde berichtet, dass präoperativ als B1-Frakturen eingeschätzte Verletzungen tatsächlich als B2-Frakturen mit Prothesenschaftlockerung einzuschätzen waren und somit mit einer Plattenosteosynthese unterversorgt waren [18].
Dass die periprothetische Fraktur einen schwerwiegenden Einschnitt in das Leben des Patienten darstellt, zeigt sich am Beispiel der selbstständigen Körperpflege. Vor der periprothetischen Fraktur waren es nur 6 Patienten, die nicht oder nur eingeschränkt eine selbstständige Körperpflege durchführen konnten, nach dem Frakturereignis waren es 11 Patienten. Und auch im Bezug auf die Patientenmobilität zeigte sich ein angestiegener Hilfsmittelbedarf nach periprothetischer Fraktur, sodass 87 % aller Patienten zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung auf Hilfsmittel angewiesen waren.
Eine der Hauptschwächen dieser Untersuchung ist der retrospektive Charakter und die relativ geringe Anzahl an Patienten, die eingeschlossen werden konnten. Letztere erklärt sich zum Teil aus dem hohen Patientenalter und der hohen Sterberate von 21 % der Patienten aus dem definierten Zeitraum. Bei weiteren 21 % war die aktuelle gesundheitliche Situation unklar. Die Ergebnisse sind daher unter diesen Limitationen zu interpretieren, deuten aber auf eine Gruppe an Risikopatienten hin (alter Patient mit proximaler Femurfraktur). Weitere prospektive Studien können dazu beitragen, diese Ergebnisse zu festigen.
Schlussfolgerung
Die zur Hüftendoprothesenimplantation führende Diagnose beeinflusst die Wahrscheinlichkeit, eine periprothetische femorale Fraktur zu erlangen, wobei ältere Patienten ein höheres Frakturrisiko aufweisen. Die Untersuchung hilft, Risikopatienten für eine periprothetische Fraktur zu identifizieren.
Interessenkonflikt: Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.
Korrespondenzadresse
Dr. med. Bastian Marquaß
Klinik für Unfall-, Wiederherstellungs- und Plastische Chirurgie
Universitätsklinikum Leipzig AöR
Liebigstraße 20, 04103 Leipzig
Bastian.Marquass@medizin.uni-leipzig.de
Literatur
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2. Lindahl H, Malchau H, Herberts P, Garellick G. Periprosthetic femoral fractures classification and demographics of 1049 periprosthetic femoral fractures from the Swedish National Hip Arthroplasty Register. J Arthroplasty 2005; 20: 857–65
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6. Hart DJ, Mootoosamy I, Doyle DV, Spector TD. The relationship between osteoarthritis and osteoporosis in the general population: the Chingford Study. Ann Rheum Dis 1994; 53: 158–62
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