Übersichtsarbeiten - OUP 03/2015
Arthroskopisch gestützte Stabilisierung des AC-Gelenks
Anlage der AC-Gelenkcerclage
Für die Anlage einer direkten Cerclage zur horizontalen Stabilisierung des ACG erfolgt eine ca. 2–3 cm lange Inzision direkt über dem ACG. Nach Präparation des lateralen Klavikulaendes kann im dislozierten Zustand des AC-Gelenks mit einem kanülierten 2,4 mm Bohrer problemlos eine horizontale Bohrung angelegt werden. Dabei ist darauf zu achten, dass eine ausreichende Knochenbrücke nach lateral und kranial verbleibt, da sonst das später eingebrachte Fadenbandmaterial ausreißen könnte. Mittels Drahtlasso wird eine 1,5 mm PDS-Cerclage eingezogen. Analog wird über eine kleine Stichinzision ventral der Akromionvorderkante eine Bohrung vom kaudalen Rand nach dorso-cranial ansteigend platziert und die PDS-Kordel so durch das Akromion gezogen, dass diese als Achter-Tour mit dem geplanten Knoten dorsal des ACG entsteht.
Superiorer Zugang zur distalen Klavikula
Bei der arthroskopisch gestützten Stabilisierung des AC-Gelenks verwenden die Autoren heute lediglich einen Bohrkanal und ein Flaschenzugsystem (Dogbone mit 2 xFibertape, Arthrex Inc., Naples, FL), um den Knochen des Processus coracoideus möglichst wenig zu schwächen. Der 2,4 mm Bohrkanal wird transklavikulär-transcoracoidal zwischen den anatomischen Insertionen der coracoclavikulären Bänder gesetzt [29, 30]. Dies geschieht unter Verwendung eines speziellen Zielgeräts und bei direkter Visualisierung von intrartikulär (Abb. 3). Durch den kanülierten Bohrer wird dann eine Drahtschlinge nach intrartikulär vorgelegt und durch das anterolaterale Portal ausgeleitet. Die korrekte Lage des Bohrlochs wird mit dem Bildwandler kontrolliert (Abb. 4).
Einzug des Flaschenzugsystems und Fixierung
Das Flaschenzugsystem wird mit Hilfe der vorgelegten Drahtschlinge durch den anteroinferioren Zugang eingebracht, wobei das Titanplättchen mit einer Fasszange unter den Processus coracoideus platziert wird (Abb. 5). Die korrekte Lage des Titanplättchens wird direkt arthroskopisch und mit dem Bildwandler kontrolliert. Bei korrekter Reposition des AC-Gelenks wird das zweite Titanplättchen klavikulär in die Fäden eingelegt und die Fäden werden verknotet. Die abschließende Bildwandlerkontrolle bestätigt und dokumentiert die Reposition und Stellung des AC-Gelenks (Abb. 6). Zum Abschluss wird die PDS-Kordel am ACG fest verknotet, wobei der Knoten nach dorsal hinter das laterale Claviculaende gelegt wird, um Irritationen unter der Haut zu vermeiden.
Augmentation mit Sehnengraft
Bei chronischen Instabilitäten oder Rezidivluxationen wird die Rekonstruktion mit einem autologen Sehnentransplantat augmentiert, um die Stabilität zu verbessern und die biologische Heilung zu fördern. Dafür wird typischerweise die ipsilaterale Gracilissehne in üblicher Art und Weise entnommen und beide Enden mit Fäden armiert.
Bei dieser Technik verwenden wir heute ebenfalls ein Flaschenzugsystem (Dogbone mit 1x Fibertape, Arthrex Inc, Naples, FL, USA) wie oben beschrieben. Um den gleichzeitigen Einzug des Grafts zu ermöglichen, wird analog zur oben beschriebenen Technik jedoch ein 4 mm-Bohrloch angelegt. Mittels Shuttledraht wird ein FiberTape (Arthrex Inc, Naples, FL, USA) zusammen mit der autologen Gracilissehne durch den Bohrkanal geshuttelt. Das FiberTape wird in das zweite Titanplättchen (DogBone, Arthrex Inc, Naples, FL, USA) eingefädelt. Nach Reposition des AC-Gelenks werden die 2 Enden auf der Klavikula über einem zweiten Titanplättchens verknotet. Die Fäden des anterolateral ausgeleiteten Sehnengrafts werden nun mit einer Fasszange von ventral der Klavikula nach oben gezogen, womit das Graft selbst wieder nach superior geshuttelt werden kann. Die beiden Enden des Grafts werden über der Klavikula verknotet und mit zusätzlichen Nähten gesichert. Die überstehenden Enden werden reseziert. Das Flaschenzugsystem wir ebenfalls mit Knoten fixiert und eine abschließende Bildwandlerkontrolle durchgeführt.
Postoperative Therapie
Postoperativ erfolgt die Ruhigstellung der Schulter in einer Schlinge, um die Rekonstruktion zu schonen. Die physiotherapeutische Beübung beginnt mit passiven Bewegungsübungen, die in den ersten 2 Wochen auf 30° Flexion und Abduktion sowie 80° Innenrotation und 0° Außenrotation beschränkt wird. In der 3. und 4. Woche wird der Bewegungsumfang auf 45° Flexion und Abduktion gesteigert und die Übungen aktiv-assistiv durchgeführt. In der 5. und 6. Woche wird bis auf eine Flexion und Abduktion von 60° gesteigert und die Rotation freigegeben. Nach der 6. Woche kann die schmerzadaptierte aktive Bewegung freigegeben werden. Nach Wiedererlangen der freien Beweglichkeit folgen schließlich Kräftigungsübungen mit Fokus auf Stabilisierung der Skapula. Eine Rückkehr zu Kontaktsportarten ist normalerweise nach 5–6 Monaten möglich, vorausgesetzt die Beweglichkeit und die Kraft haben mindestens 90 % der gesunden Schulter erreicht [4, 31].
Zusammenfassung
Für die operative Versorgung der AC-Gelenkluxationen sind in der Literatur zahlreiche Techniken beschrieben. Die operative Therapie ist typischerweise den höhergradigen Verletzungen Typ IV–VI vorbehalten. Im Zuge der rasanten Weiterentwicklung arthroskopischer Op-Techniken hat sich in den letzten Jahren ein Trend hin zu arthroskopischen gestützten Rekonstruktion des AC-Gelenks gezeigt. Während einige Studien bereits vielversprechende Ergebnisse mit diesen Techniken gezeigt haben, wurden gleichzeitig relativ hohe Komplikationsraten beschrieben. Dabei haben die modernen Techniken neue Komplikationen wie das Einwandern der Titanplättchen in den Knochen oder Frakturen von Processus coracoideus oder Klavikula mit sich gebracht. Daher bevorzugen die Autoren heute eine „Einkanal-Technik“, um die knöchernen Strukturen möglichst wenig zu schwächen. Die ersten Ergebnisse mit dieser Technik sind sehr vielversprechend.