Übersichtsarbeiten - OUP 01/2018

Befunde beim plantaren Fersenschmerz und therapeutische sonografisch gestützte Infiltrationen bei Plantarfasziitis
Sonografische UntersuchungstechnikSonographic technique

Christian-Dominik Peterlein1, Janine Ruden1, Laura Moosdorf1, Florian Debus1

Zusammenfassung: Die sonografische Untersuchung
ermöglicht eine genaue anatomische Darstellung des Ansatzbereichs der Plantarfaszie, zeigt pathomorphologische
Befunde auf und ermöglicht eine kostenneutrale Absicherung des klinischen Befunds. Ebenfalls lassen sich durch eine standardisierte Untersuchung und Verwendung eines
geeigneten Linear-Ultraschallkopfs orthotope, therapeutische Injektionen unter visueller Kontrolle und sterilen Kautelen durchführen. Die Ultraschall-gestützte Injektion des Ansatzbereichs der Plantarfaszie bedarf etwas Übung, liefert aber klinisch bessere Ergebnisse und reduziert das Auftreten von Komplikationen.

Schlüsselwörter: Plantarfasziitis, morphologische Befunde,
Ultraschall-gestützte Injektionen, Technik

Zitierweise
Peterlein CD, Ruden J, Moosdorf L, Debus F: Befunde beim plantaren Fersenschmerz und therapeutische sonografisch gestützte Infiltrationen bei Plantarfasziitis. Sonografische Untersuchungstechnik.
OUP 2018; 1: 043–047 DOI 10.3238/oup.2018.0043–0047

Summary: Sonographic examination of the plantar fascia allows both detection of pathomorphological alterations and validation of clinical diagnostic findings. Moreover, the use of a suitable linear transducer together with a standardised technique enables application of injections with visual control. Ultrasound guided injection of the plantar fascia requires some practice but delivers better clinical results and lowers occurrence of complications.

Keywords: plantar fasciitis, morphologic findings, ultrasound guided injections, technique

Citation
Peterlein CD, Ruden J, Moosdorf L, Debus F: Findings and ultrasound guided injections for treatment of plantar fasciitis. Sonographic
technique
OUP 2018; 1: 043–047 DOI 10.3238/oup.2018.0043–0047

Indikation und Rationale

Von einer Plantarfasziitis sind bis zu 10 % der Normalbevölkerung betroffen [1, 2]. Ausgehend von der akuten Form kann es zu einer Chronifizierung kommen, welche wiederum in 10 % der Fälle als therapieresistent gilt [3]. Die genaue Ätiologie ist weiterhin unklar. Repetitive Mikrotraumen und Überbeanspruchung führen zu einer Entzündung der Sehnenplatte der Fußsohle, meistens im Bereich des Ansatzes an der Ferse. Prädisponierende Faktoren sind Übergewicht, weibliches Geschlecht, Verkürzung der Gastrocnemiusmuskulatur, Spreizfuß- und Hohlfußstellung, das Vorliegen einer Beinlängendifferenz sowie stehende Berufe [1, 4, 5]. Die Plantarfasziitis äußert sich durch Fersenschmerzen, die vor allem bei Druck und Belastung auftreten [2]. Charakteristisch sind ein Anstieg der Schmerzen bei körperlicher Belastung, ein klopfendes oder brennendes Schmerzempfinden, Schmerzen beim Zehenspitzengang, initiale Beschwerden am medialen Bereich der Hacke oder lokale Empfindlichkeit nach einer Phase längerer Inaktivität [5]. Neben der klinischen Untersuchung werden bildgebende Maßnahmen wie Kernspintomografie, Knochenszintigrafie, Elastografie und die Sonografie zur Diagnosesicherung genutzt [6, 7].

Die sonografische Untersuchung ermöglicht dem behandelnden Arzt die genaue anatomische Darstellung des Ansatzbereichs der Plantarfaszie an den Kalkaneus, zeigt pathomorphologische Befunde auf und ermöglicht eine kostenneutrale Absicherung des klinischen (Tast-)Befunds [8–10]. Ebenfalls lassen sich durch eine standardisierte Untersuchung und Verwendung eines geeigneten Linear-Ultraschallkopfs orthotope, therapeutische Injektionen unter visueller Kontrolle und sterilen Kautelen durchführen [11, 12].

Durchführung

Der Patient befindet sich idealerweise in Bauchlage auf einer Untersuchungsliege. Das Ultraschallgerät ist links von dem auf einem mobilen Hocker sitzenden Untersucher positioniert. Die Unterlage, eine kleine Lagerungsrolle zwischen Tibiakante und Liege, ist zu empfehlen (Abb. 1). Dadurch ist der Fuß dem Untersucher frei zugänglich und zusätzlich ist eine klinisch-funktionelle sonografische Untersuchung der Achillessehne zur Erfassung von begleitenden Pathologien möglich. Der mediale und laterale Rand des Kalkaneus als knöcherne Orientierung wird primär manuell aufgesucht (Abb. 2). Dann erst wird der Linear-Schallkopf zwischen die Finger in Längsrichtung eingeschoben. Die Ausrichtung des Schallkopfs richtet sich nach dorsal (Abb. 3). Der Gebrauch eines Fußschalters ist bei der sonografischen Abklärung der Fersenregion dringend zu empfehlen. Verwendet werden sollte der für die Sonografie des Bewegungsapparats übliche 7,5 MHz-Linearschallkopf bzgl. kürzere Linearschallköpfe mit höherer Auflösung [9].

Ahn et al. führten kürzlich eine Studie an 30 Patienten mit Plantarfasziitis durch mit dem Ziel, die optimale Patientenposition während der Ultraschalluntersuchung zu ermitteln. Getestet wurden die Dicke der Plantarfaszie in 2 Positionen (Bauchlage und Rückenlage) sowie 2 Einstellungen des Sprunggelenks (neutral und 15° Plantarflexion). Die gemessene Plantarfasziendicke war in allen 4 Positionen vergleichbar (p > 0,05); eine bevorzugte Position für die befragten Patienten konnte nicht ermittelt werden [13].

Der Vorteil der oben beschriebenen Vorgehensweise ist, dass auch der Achillessehnenbereich ohne zeitliche Verzögerung passend dargestellt werden kann.

Vorteile des Ultraschalls
in der Diagnostik
der Plantarfasziitis

Verglichen mit anderen Untersuchungsverfahren zur bildgebenden Darstellung von Weichteilpathologien ist die Sonografie schnell anzuwenden, kostengünstig, wird von den Patienten üblicherweise gut toleriert und liefert dem Untersucher schnell eine Information über die Aktivität des Entzündungsprozesses [7, 8]. Fokale Entzündungen der Plantarfaszie und diffuse Weichteilveränderungen äußern sich in hypoechogenen Arealen, da es zu einer herabgesetzten Weiterleitung der Schallwellen zurück zum Ultraschallkopf kommt. Differenzialdiagnostisch können ebenfalls visualisiert werden: komplette Ruptur der Plantarfaszie, Bursitis subcalcarea, M. Ledderhose, Stressfraktur des Kalkaneus, Apophysitis des Kalkaneus (M. Sever), Weichteiltumoren bzw. Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis.

Das Abfahren der Plantarfaszie sollte von lateral nach medial erfolgen. Die Dicke der Plantarfaszie nimmt nach medial zu. Eine Ausmessung der Plantarfasziendicke sollte immer erfolgen (Abb. 4). Bei Vorliegen einer Plantarfasziendicke von mehr als 4 mm ist der Verdacht auf einen lokal entzündlichen Prozess gegeben [7, 10].

Typische sonografische Befunde bei Vorliegen einer Plantarfasziitis (Abb. 5):

Verdickung der Plantarfaszie auf über 4 mm

morphologische Veränderung: Trompetenform

Rarefizierung der Fasern

Mehrdurchblutung als Nachweis des Entzündungsreizes

Begleitender knöcherner Fersensporn bei etwa 50 % der Patienten (lokale Schallauslöschungen aufgrund von Verkalkungen)

Injektionstechniken

Die primäre Behandlung der Plantarfasziitis ist konservativ. Dies beinhaltet die Gabe von Schmerzmedikamenten, körperliche Schonung, Modifikationen der Aktivität, physikalische Therapiemaßnahmen, Stretchingübungen sowie die Verordnung von modifizierten Einlagen und Fersenkissen [1–3, 5, 14]. Eine Injektionsbehandlung sollte bei den 10 % der Patienten in Erwägung gezogen werden, bei denen sich die Plantarfasziitis chronifiziert hat. Wegen der geringen Kosten der Behandlung und dem oft schnellen Eintreten einer Schmerzlinderung haben lokale Injektionen ihren Stellenwert auch bei Rezidivfällen [15]. Obwohl auch palpationsgeführte Injektionen in Gebrauch sind [16], liegt der heutige Fokus zunehmend auf Ultraschall-gestützten Verfahrenstechniken [12, 17], gerade bei Beachtung der möglichen Komplikationen wie Infektion, Fersenfettkörperatrophie oder Riss der Plantarfaszie. Als gängige Injektionsmittel werden neben Glukokortikoiden [17, 18] und Lokalanästhetika auch Botulinumtoxin [16, 19–21] oder Platelet-rich-Plasma [22] verwendet. Hierzu liegen mittlerweile mehrere vergleichende, teils auch placebokontrollierte oder prospektiv designte Langzeiterhebungen vor [10]. In der aktuellen Literatur zur Plantarfasziitis mangelt es allerdings an Studien, in denen der optimale topografische Ort der Injektion untersucht wird.

Gurcay et al. untersuchten in einer prospektiven, randomisierten Studie bei 2 Gruppen mit je 15 Patienten mit Plantarfasziitis (konform bezüglich Alter, Geschlecht und Body-Mass-Index) das Ansprechen auf oberflächliche oder tiefe Infiltrationen anhand der Likert-Schmerzskala, dem Foot Ankle Outcome Score (FAOS) und der Plantarfasziendicke vor Injektion sowie nach einer und nach 6 Wochen [13]. Die Injektionen wurden Ultraschall-gestützt durchgeführt, als Injektionsmittel wurden kombiniert 0,5 ml Betamethason und 0,5 ml Prilocain appliziert. Bei beiden Gruppen konnte eine Abnahme der Plantarfasziendicke im zeitlichen Studienverlauf festgestellt werden. Die Patientengruppe, bei der die Injektionen tief in die Plantarfaszie appliziert wurden, profitierten allerdings signifikant besser hinsichtlich Schmerzreduktion und Funktionalität, sodass die Autoren eine tief an die Faszie reichende Applikation empfahlen. Der Zugang der Nadel sollte primär von medial erfolgen [11, 16, 17], auf die Lage zum lateralen Ausläufer des N. plantaris ist hierbei zu achten [23]. Einzelne Autoren favorisieren aber auch eine Injektionstechnik von plantar. Das Risiko einer Fettkörperatrophie, insbesondere wenn die Injektion palpationsbasiert erfolgt, erscheint hier allerdings deutlich erhöht [13].

Ultraschall-gestützt lassen sich die Ferse und der Ansatzbereich der Plantarfaszie mittels eines plantaren, longitudinalen Schnitts gut darstellen (Abb. 4 und 5). Auch eine (um sterile Kautelen einzuhaltende) ausführliche und mehrmalige Desinfektion des Fußes beim in Bauchlage liegenden Patienten vor der Injektion ist zwingend erforderlich. Appliziert werden sollten z.B. in einer 25-Gauge-Nadel nicht mehr als 2 mm Injektionsvolumen. Die Nadel ist senkrecht zur Haut ausgerichtet (Abb. 6). Die Lage der sich mit Ultraschall echogen darstellenden Nadel im Weichteilgewebe kann problemlos ermittelt werden. Ebenso kann das Einlaufen des Injektionsvolumens, idealerweise 1 cm ventral zum Ansatz der Plantarfaszie am Kalkaneus, tief in und um die Plantarfaszie herum visualisiert werden. Das Medikament sollte sehr langsam appliziert werden.

Hinweis für eine fokusierte, sonografisch gesteuerte, therapeutische Infiltration bei Plantarfasziitis (Abb. 6):

Durchführung stets unter sterilen Kautelen

Injektionsvolumen 1–2 ml (z.B. 4 mg Dexamethason + 0,25 % Bupivacin; 50–100 IE Xeomin/Botox; 200 IE Dysport)

Injektion tief in und um die Plantarfaszie herum

Einstichstelle der Nadel idealerweise von medial – Cave: N. plantaris, lateraler Ausläufer

Vorsicht bei Injektionen von plantar – Gefahr der Fettkörperatrophie!

Diskussion

Bei Betrachtung der gesamten Studienlage zur Ultraschall-gestützten Diagnostik der Plantarfasziitis ist es auffällig, dass kumulativ bei den Studienpopulationen das weibliche Geschlecht deutlich überwiegt [7, 10, 11, 17, 19, 20]. Auffällig beim eingeschlossenen Patientengut ist ebenfalls die Tendenz zum Übergewicht, mit einem BMI zwischen 25,4 ± 3,2 bis zu 31,4 ± 5,5 [10, 13]. Die Positionierung des Patienten bei Diagnostik und Verabreichung der Injektionen war in den Artikeln hingegen einheitlich. Die am häufigsten beschriebene Lage ist die Bauchlage mit einem über die Untersuchungsliege hinausragendem Fuß.

In einzelnen Studien wurde die Ultraschalldiagnostik auch mit weiteren bildgebenden Verfahren verglichen. Hinsichtlich Sensitivität und Spezifität in der Diagnostik der Plantarfasziitis liefern MRT und Ultraschall mit ca. 80 % ähnliche Ergebnisse [10, 13]. Vorteile der Elastografie im Vergleich mit dem Ultraschall liegen in der noch früheren Aufdeckung von pathologischen Strukturveränderungen und der signifikant höheren Sensitivität und Spezifität in der Diagnostik der Plantarfasziitis [6, 10].

Hauptparameter der Studien zur Ultraschall-gestützten Diagnostik der Plantarfasziitis war die Dicke der Plantarfaszie, im Bereich des Ansatzbereichs an der Ferse gemessen. Die Dicke schwankte hierbei zwischen 4,2 ± 1,1 mm und 6,7 ± 1,5 mm. Eine Dicke von über 4,0 mm wurde jeweils als positiv für das Vorliegen einer Plantarfasziitis gewertet [8, 10]. Weitere wesentliche Evaluations-Parameter waren die lokale Echogenität, der Nachweis von knöchernen Ausläufern, Flüssigkeitsansammlung um die Plantarfaszie, Morphologie und (Neo)-Vaskularisation.

Die Effizienz von lokal applizierten Glukokortikoiden, Lokalanästhetika und Botulinumtoxin wurde in zahlreichen Studien belegt [9, 11, 14–19, 21, 22, 24, 25]. Botulinumtoxin wird insbesondere bei chronischen, therapierefraktären Fällen empfohlen [19, 20]. Es handelt sich allerdings um eine Off-label-Behandlung. Über eine Atrophie des Fettkörpers an der Ferse wurde aber, anders als bei den Studien zum Einsatz von Glukokortikoiden, bei Einsatz von Botulinumtoxin bisher nicht berichtet. Die Vorteile der sonografisch gestützten Injektion im Vergleich zur Palpations-gestützten Injektion liegen vor allem in der Vermeidbarkeit dieser möglichen Komplikationen [8, 11, 13]. Generell geht der Trend hin zu immer mehr ausschließlich Ultraschall-gestützten Studiendesigns.

Fazit

Gerade in der Diagnostik der Plantarfasziitis sollte der Ultraschall zeitig in Betracht gezogen werden. Verglichen mit anderen bildgebenden Verfahren ist die Sonografie kostengünstig, nichtinvasiv, sicher, einfach und teils ortsungebunden anwendbar. Der herausragende Vorteil der Ultraschalldiagnostik am Skelettapparat ist die Möglichkeit der dynamischen Untersuchung von Muskeln und Sehnen, was mit keinem anderen bildgebenden Verfahren möglich ist. Der routinemäßige Einsatz des Ultraschalls in der Diagnostik der Plantarfasziitis hilft, den klinischen Befund zu objektivieren und die nötigen therapeutischen Entscheidungen zu treffen. Die Ultraschall-gestützte Injektion des Ansatzbereichs der Plantarfaszie bedarf etwas Übung, liefert aber klinisch bessere Ergebnisse, reduziert das Auftreten von Komplikationen und erhöht sicherlich auch die Compliance und Zufriedenheit des behandelten Patienten.

Interessenkonflikt: Keine angegeben

Korrespondenzadresse

PD Dr. med. Christian-Dominik Peterlein

Zentrum für Orthopädie
und Unfallchirurgie

Universitätsklinikum Gießen
und Marburg

Baldingerstraße

35043 Marburg

peterlei@med.uni-marburg.de

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Fussnoten

1 Universitätsklinikum Gießen und Marburg, Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie, DEGUM Kursleiter Stufe III, Bewegungsorgane und Säuglingshüfte

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