Wissenschaft - OUP 02/2019

Das Tarsaltunnelsyndrom
Kompressionssyndrome am Fuß

Nach Präparation aller terminalen Äste erfolgt die Eröffnung der Blutsperre und eine sorgfältige Blutstillung. Anschließend der subkutane Hautverschluss und Hautnähte. Der Fuß wird anschließend bis zur Wundheilung in einer Gipsschiene für ca. 14 Tage ruhiggestellt. Anschließend empfehlen wir eine Teilbelastung im Walker für 4 Wochen.

Literatur

Es existieren keine prospektiven randomisierten Studien zum Tarsaltunnelsyndrom. Insbesondere gibt es keine vergleichenden Studien der konservativen Therapien zu den operativen Therapien.

In einer hauseigenen Studie 2003 [8] wurden 75 Patienten, bei denen eine operative Dekompression des N. tibialis durchgeführt wurde, nachuntersucht. Der Nachuntersuchungszeitraum betrug 6–100 Monate. Hier zeigten sich nur 43 Patienten mit dem Eingriff subjektiv zufrieden.

Der Ruheschmerz konnte bei 53 Patienten signifikant gelindert werden, der Belastungsschmerz hingegen nur bei 22. Der mittlere Kitaoke-Score (15–75 Punkte) zeigte mit 44 Punkten nur befriedigende Ergebnisse.

Es zeigte sich eine positive Korrelation zwischen der Dauer der Beschwerden und dem postoperativen Zeitraum, in dem sich motorisch/sensible Beeinträchtigungen zurückbildeten.

Insgesamt konnte festgestellt werden, dass die operative Dekompression nicht immer zu zufriedenstellenden Ergebnissen führt.

Dieses Ergebnis deckt sich mit der vorliegenden Literatur. Schon 1990 zeigte Cimino in einer Analyse von 24 Artikeln aus der Literatur in 69 % gute Ergebnisse, in 22 % eine Verbesserung, in 7 % ein schlechtes Ergebnis und in 2 % ein Rezidiv [1].

Zu ähnlichen Ergebnissen kamen Pfeiffer und Gracchiolo [15]. Sie konnten nur in 44 % ihrer 30 Fälle gute oder exzellente Ergebnisse erheben.

Die unbefriedigenden Ergebnisse werden auch von Goldring und Coautoren beschrieben. In ihrer Studie mit 60 Patienten und 68 Operationen besserten sich die Symptome objektiv in 85 % der Fälle, aber nur 51 % ihrer Patienten gaben eine Beschwerdefreiheit an [4].

Weitere Studien von Turan und Coautoren [17] sowie Linscheid und Coautoren [13] bestätigen diese eher unbefriedigenden Ergebnisse.

Therapeutische Algorithmus

Im klinischen Alltag gehen wir wie folgt vor: Im Vordergrund der Diagnostik steht die genaue Anamnese mit Fragen nach Traumen in der Vergangenheit sowie der klinische Befund. Dieser wird mithilfe der tarsal tunnel syndrome severity rating scale bestimmt. Liegt hier eine Punktzahl < 5 vor, kann ein Tarsaltunnelsyndrom vorliegen. Darauf werden eine Bildgebung in Form von Röntgenbildern, eine MRT-Untersuchung und eine neurologische Vorstellung zur Nervenleitmessung eingeleitet.

Die Zusammenschau aus dem Score und den Untersuchungen bestimmen das weitere Vorgehen.

Liegt ein klinischer Score von > 5 Punkten vor und das MRT sowie die Elektrophysiologie sind unauffällig, so wird über 6 Monate ein konservatives Prozedere empfohlen.

Liegt ein Score von < 5 Punkten vor und die Untersuchungen sind unauffällig, so wird eine Lokalanästhesie des Tarsaltunnels durchgeführt. Bei gutem Ansprechen erfolgt die Empfehlung zur Operation, bei fehlendem Ansprechen die konservative Therapie.

Liegt eine Raumforderung vor, so wird eine diagnostische Leitungsanästhesie durchgeführt. Sind die Beschwerden hiernach deutlich gebessert, wird mit dem Patienten die operative Dekompression besprochen.

Zeigt sich in der Nervenleitmessung ein im Seitenvergleich deutlich auffälliger Befund und besteht eine auffälliger klinischer Befund mit einem Severity Score < 5, so wird dem Patienten die operative Dekompression empfohlen.

Besteht eine auffällige Nervenleitmessung mit einem Severity Score > 5, so wird auch eine Leitungsanästhesie durchgeführt. Je nach Linderung der Schmerzen in Prozent erfolgt eine Beratung zur OP oder konservativen Therapie.

Interessenkonflikte:

Keine angegeben.

Literatur

1. Cimino WR: Tarsal tunnel syndrome: a review of the literature. Foot Ankle Int 1990; 11: 47–52

2. Erickson SJ, Quinn SF, Kneeland JB, Smith JW, Johnson JE, Carrera GF et al.: MR imaging of the tarsal tunnel and related spaces. AJR Am J Roentgenol 1990; 155: 323–8

3. Frey C, Kerr R: Magnetic resonance imaging and the evaluation of tarsal tunnel syndrome. Foot Ankle Int 1993; 14: 159–64

4. Goldring WH, Shields B, Wenger S: An outcome analysis of surgical treatment of tarsal tunnel syndrome. Foot Ankle Int 2003; 24: 545–50

5. Gregor A, Scheglmann K: Posterior Tarsal Tunnel Syndrome. Dtsch Arztebl Int 2008; 105: 776–81

6. Havel PE, Ebraheim NA, Clark SE et al.: Tibial branching in the tarsal tunnel. Foot & Ankle 1988; 9: 117–119

7. Heimkes B, Stotz S, Wolf K, Posel P: Das Tarsaltunnelsyndrom. Orthopäde 1987; 16: 447–82

8. Jerosch J, Schunck J: Ergebnisse der Dekompression beim Engpass-Syndrom des N. tibialis im Tarsaltunnel. Fuß & Sprunggelenk 2003; 1: 254–61

9. Keck C: The Tarsal-Tunnel Syndrome. J Bone Joint Surg 1962; 44: 180–2

10. Kiel J, Kaiser K: Tarsal Tunnel Syndrome. StatPearls (Treasure Island (FL)): StatPearls Publishing, 2018

11. Kopell HP, Thompson WA: Peripheral entrapment neuropathies of the lower extremity. N Engl J Med 1960; 262: 56–60

12. Lam SJ. Tarsal tunnel syndrome. J Bone Joint Surg Br 1967; 49: 87–92

13. Linscheid RL, Burton RC, Fredericks EJ: Tarsal tunnel syndrome. South Med J 1970; 63: 1313–23

14. Oh SJ, Meyer RD: Entrapment Neuropathies of the Tibial (Posterior Tibial) Nerve. Neurol Clin 1999; 17: 593–615, vii

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