Übersichtsarbeiten - OUP 01/2023

Die radiologische Beurteilung des Einheilungsverhaltens thermodesinfizierter Femurköpfe

In 8 % der Transplantationsoperationen (14 Fälle) zeigten sich keine radiologischen Einheilungszeichen, weder vor noch nach stattgefundener Revisionsoperation.

Die größte Gruppe umfasst 96 Transplantationsoperationen und macht damit mehr als die Hälfte aller Transplantationsoperationen der Studie aus (51 %). In dieser Gruppe fand keine Revisionsoperation statt. Es wurden jedoch auch keine sicheren radiologischen Einheilungszeichen im Verlauf sichtbar.

In 2 % der Fälle (3 Transplantationsoperationen) war eine radiologische Beurteilung der Einheilung nicht möglich. Hierzu zählten die Transplantationsoperationen, bei denen die Patienten eine in den Patientenakten dokumentierte Revisionsoperation in einem anderen Krankenhaus bekommen hatten. Oder es handelte sich um Patienten, die kurz nach der Transplantationsoperation verstorben sind. Von diesen Patienten sind nur wenige postoperative Röntgenbilder vorhanden, die jedoch aufgrund der zeitlichen Nähe zum Operationszeitpunkt zur Analyse nicht ausreichten.

In 24 % der Fälle fand entweder eine Revisionsoperation statt, bevor eine radiologische Einheilung gesehen werden konnte oder das Knochentransplantat entfernt werden musste (Gruppen A, C, D). In 74 % der Fälle wurden hingegen keine weiteren Operationen im entsprechenden Transplantationsgebiet durchgeführt oder es kam erst zu einer Revisionsoperation, nachdem deutliche radiologische Einheilungszeichen verzeichnet werden konnten (Gruppen B, E).

Es zeigte sich, dass eine radiologische Einheilung im Mittel ca. 1000 Tage dauerte (Mittelwert 1003,91 Tage). Sowohl bei den Transplantationsoperationen mit nachfolgender Revisionsoperation als auch ohne Revisionsoperation zeigten sich nur sehr schwach ausgeprägte bis nahezu kaum vorhandene positive Korrelationen zwischen der Transplantatgröße und der Dauer bis zur radiologischen Einheilung. Der Pearson-Korrelationskoeffizient lag bei den Transplantationsoperationen ohne Revisionsoperationen bei nur 0,052. Bei den Transplantationsoperationen mit Revisionsoperationen lag dieser Wert bei 0,425, wobei die Korrelationen in beiden Fällen nicht signifikant waren.

Diskussion

In der vorliegenden Studie zeigte der klinische Einsatz von allogenen thermodesinfizierten Femurköpfen eine gute Erfolgsrate von 74 % und lag somit im Bereich der in der Literatur angegebenen Erfolgsrate für allogene Knochentransplantate zwischen 60 und 95 % [8]. Bei der Beurteilung der am häufigsten beobachteten Komplikationen (Infektion, Lockerung und Luxation) war es wichtig zu berücksichtigen, dass es sich in der Regel bei den allogenen Transplantationsoperationen um die Behandlung großer Knochendefekte und um Revisionsoperationen handelt, die mit einem generell erhöhten Komplikationsrisiko einhergehen [1, 18, 27]. Im Allgemeinen lag die Komplikationsrate der vorliegenden Studie nicht über denen anderer großer und vergleichbarer orthopädischer Operationen und durch den Einsatz des allogenen Knochenmaterials konnte in der Studie kein erhöhtes Risiko für eine Komplikation festgestellt werden.

Innerhalb der Studie gestaltete sich die radiologische Beurteilung mit einigen Einschränkungen, denn in über der Hälfte (51 %) aller Transplantationsoperationen waren zu keinem Zeitpunkt komplette radiologische Einheilungszeichen sichtbar, da in diesen Fällen in der Regel der Nachbeobachtungszeitraum zu klein war. Des Weiteren war eine annähernd richtige Ausmessung der Transplantatgröße kaum möglich. Gründe hierfür lagen vor allem in den oft benutzten Osteosynthesematerialien, die das Transplantat teilweise verdeckten oder in der fehlenden Abgrenzung zwischen den verschiedenen zusätzlich eingesetzten Knochenersatzmaterialien und dem allogenen Femurkopftransplantat. Auch die Beurteilung der realen Verteilung des Knochentransplantates innerhalb des Empfängerknochens war mittels des zweidimensionalen Röntgenbildes nicht umsetzbar. Generell muss man sich folglich fragen, ob die radiologische Auswertung anhand einfacher Röntgenbilder, wie sie in dieser und auch in vielen anderen Studien zur Beurteilung der Transplantateinheilung durchgeführt wurde, das richtige Verfahren ist, da die Einheilung zudem radiologisch mit hoher Wahrscheinlichkeit massiv überschätzt wird [10, 19, 21].

Eine Beurteilung mittels Computertomographie würde deutlich aussagekräftigere Befunde liefern. Aufgrund der hohen Strahlenbelastung ist es jedoch nicht zulässig, aus alleiniger Forschungsarbeit und ohne klinische Notwendigkeit solche Untersuchungen in einem vergleichbar großen Stichprobenumfang, wie er in dieser Studie vorlag, durchzuführen. Zur radiologischen Beurteilung lässt sich letztendlich jedoch hinzufügen, dass alle eingesetzten Femurkopftransplantate unabhängig ihrer Größe radiologische Einheilungszeichen aufwiesen, wenn eine ausreichende Nachbeobachtungszeit gegeben war und es zu keinen Komplikationen kam, die eine Revisionsoperation notwendig machten.

Aufgrund der hohen Sicherheit und der weitgehend erhaltenen biologischen Wertigkeit sowie der guten biomechanischen Eigenschaften des behandelten Knochens ist das Thermodesinfektionsverfahren anderen Desinfektionsmaßnahmen überlegen [15–17, 22–25, 30, 31]. Des Weiteren bietet der allogene Knochenersatz einige Vorteile wie eine gute Verfügbarkeit und eine fehlende Komorbidität, da ein zusätzlicher Eingriff wie bei dem autologen Knochenersatz nicht notwendig ist [4, 9, 20].

Obwohl der autologe Knochenersatz auch heute noch als „golden standard“ gilt und besonders aufgrund seiner guten biologischen Wertigkeit geschätzt wird [3, 6, 7, 28], stellt die klinische Verwendung der allogenen thermodesinfizierten Femurköpfe schlussfolgernd zum heutigen Zeitpunkt eine gute Möglichkeit zur Knochendefektauffüllung dar.

Anmerkung zu den Gruppen: A keine radiologischen Einheilungszeichen, Entfernung des Transplantates, B radiologische Einheilung, keine Revisionsoperation vor Einheilung, Revisionsoperation nach radiologischer Einheilung möglich, C Revisionsoperation vor Einheilung, radiologische Einheilungszeichen allerdings erst nach stattgefundener Revisionsoperation, D Revisionsoperation vor Einheilung, keine radiologischen Einheilungszeichen auch im weiteren Verlauf, E Keine radiologischen Einheilungszeichen, keine Revisionsoperationen, F keine Angaben zur Einheilung möglich.

Interessenkonflikt:

Keine angegeben.

Das Literaturverzeichnis zu
diesem Beitrag finden Sie auf:
www.online-oup.de.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Dr. h.c. Jörg Jerosch

Wissenschaftsbüro

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