Originalarbeiten - OUP 01/2012
Experimentelle Kraftmessungen als Beitrag zur Wirksamkeitsbeurteilung
von Schienbeinschonern im FußballsportExperimental measurement of forces as a contribution to evaluate the effectiveness of shin guards in soccer
von Schienbeinschonern im Fußballsport
Der Vergleich der Versuchsergebnisse von van Laack (1982) mit den aktuellen zeigt allerdings, dass es mittlerweile zumindest partiell zu einer deutlichen Verbesserung der Dämpfungswirkung von Schienbeinschonern gekommen ist: Während van Laack bei Kräften von ca. 2 kN – 6 kN relative Maximalkräfte von 22% – 72% nachwies, wurden in diesem Versuch bei ähnlichen Kräften relative Maximalkräfte von 10% – 85% ermittelt [10]. Teilweise lagen die Ergebnisse selbst bei Kräften von über 6 kN noch im Bereich der Bestwerte von van Laack, bei damals jedoch niedrigeren Krafteinwirkungen (Puma Vencida: 15,19%; Adidas Predator: 25,63%).
Die Wirkung einiger Schoner ist zwar auch bei hohen Belastungen noch als gut zu bezeichnen, allerdings wäre ein Vergleich mit den bei einem Foulspiel im Fußball wirkenden Kräften wünschenswert, um einen Bezug zu den angesprochenen Bruchkräften der Tibia (ca. 3–4 kN) herzustellen.
Aufgrund der Testergebnisse ist davon auszugehen, dass bei einer dementsprechenden Belastung von 3 – 4 kN alle Schienbeinschoner noch einen Schutz vor einem Knochenbruch bieten würden, wobei aber bei einer wirkenden Kraft von ca. 6 kN (Versuch: Fallhöhe 25 cm) nur noch zwei der getesteten Schoner eine nennenswerte Wirkung erzielen können.
Bleibt die Frage zu beantworten, welche Kräfte bei Tritten tatsächlich zu erwarten sind. Schon van Laack hatte dazu zwischen 1978 und 1980 experimentelle Untersuchungen durchgeführt und ermitteln können, dass bei maximal starken Schüssen gegen einen Fußball im Fußballsport mit Impulsüberträgen von ungefähr 11 Ns zu rechnen ist [10]. Damit liegen sie etwa doppelt so hoch, wie die maximalen Impulsüberträge bei der jetzigen Untersuchung der Schienbeinschoner. Da hier aber gegen einen elastischen Ball getreten wurde, der aufgrund seiner Elastizität die Stoßzeit, d.h. die Zeit des Ballkontaktes zwischen Fuß und Fußball, auf etwa 5 ms ausdehnt, ergab sich im Mittel eine maximale Kraft von 2,28 N, der vom schießenden Fuß wohl aufgrund des Tragens von Fußballschuhen toleriert werden kann. Maximal scharf geschossene Bälle wirken somit offensichtlich auf den Unterschenkel in einer Größenordnung ein, in welchem die getesteten Schienbeinschoner recht gute Wirkung zeigen.
Es ist allerdings insgesamt fraglich, ob der vorliegende Test allein eine umfassende Aussage zur Schutzwirkung treffen kann, da ja nur die reine Dämpfungswirkung gemessen wird. Dafür werden bei uns derzeitig verschiedene weitere Untersuchungen, vor allem auch Messungen zur Druckverteilung, durchgeführt bzw. wiederholt.
Die vorliegende Untersuchung hat weiterhin gezeigt, dass die meisten heutigen Schienbeinschoner gegenüber denen vor über 30 Jahren deutlich sicherer geworden sind, wie der Vergleich mit den Ergebnissen von van Laack zeigt, dessen Stoßversuche ja schon vor über 30 Jahren stattgefunden haben [10].
Abschließend ist festzuhalten, dass die Konstruktion eines guten Schoners offensichtlich von mehreren Parametern abhängig ist: Es muss sowohl die Wirkung der Polsterung als auch die der Schale beachtet werden. Insgesamt hat die Untersuchung gezeigt, dass die meisten Schoner eine gute Dämpfungswirkung entfalten, auch wenn die Ergebnisse sehr unterschiedlich ausgefallen sind. Gerade in den unteren Kraftbereichen können einige Schienbeinschoner die Maximalkräfte um bis zu 90% reduzieren. Es wurde aber auch deutlich, dass noch Entwicklungsbedarf in Bezug auf die Dämpfungswirkung bei größeren Krafteinwirkungen besteht.
Weiterhin konnte in der Untersuchung zwar keine bessere Wirkung durch die zusätzlich eingebrachten neuen Materialien erreicht werden, aber es ist deutlich geworden in welche Richtung man sich bei der Verbesserung eines Schienbeinschoners bewegen kann. Die Erfahrungen und Ergebnisse dieser Untersuchung können einen guten Ansatzpunkt für weitere Experimente zur Verbesserung bieten.
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. med. Walter van Laack
Mühlenstr. 41-47
52134 Herzogenrath
E-Mail: Dr.vanLaack@web.de
Literatur
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2. DFB Mitgliederstatistik 2010. (2010). Deutscher Fußball Bund: http://www. dfb.de/uploads/media/DFB-Mitglieder Statistik-2010_01.pdf
3. Fußball-Regeln 2010/2011. (2010). Deutscher Fußball Bund: http://www. dfb.de/fileadmin/user_uplo-ad/2010/ 07/Fussball-regeln_2010_2011.pdf
4. Brinckmann, P., Frobin, W. & Leivseth, G. (2000). Orthopädische Biomechanik. Stuttgart: Thieme Verlag.
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6. Gorißen, P. (2011). Experimentelle Kraftmessungen als Beitrag zur Wirksamkeitsbeurteilung im Fußballsport. Bachelorarbeit. FH Aachen Campus Jülich
7. Henke, T. & Gläser, H. (2001). Sportunfälle Häufigkeit, Kosten, Präventi on. ARAG Allgemeine Versicherungs-AG: http://www.arag-sportversiche rung.de/ imperia/md/content/pdf/infobroschueren/sportunfaelle.pdf
8. Platzer, W. (1999). Taschenatlas der Anatomie – 1 Bewegungsapparat. Stuttgart: Thieme Verlag.
9. Raschka, C. (1995). Vergleich von Unfallhergangstypen im Feld- und Hallenfußball. Sportverl. Sportschad., 9(3), 101-102.
10. van Laack, W. (1982). Experimentelle Untersuchungen über die Wirksamkeit von Schienbeinschonern im Fußballsport. Dissertation. RWTH Aachen.
11. van Laack, W. (1985). Experimentelle verschiedener Schienbeinschoner im Fußballsport. Z. Orthop. Ihre Grenz geb., 123(6), 95 1–956.
12. van Laack, W. (1985). Untersuchungen über die Druckverteilung durch Schienbeinschoner im Fußballsport. Z. Sportmed, 36(7), 203–208.
13. Wick, D. (2009). Biomechanik im Sport. Balingen: Spitta Verlag.
Fussnoten
1 Institut für Bioengineering (IfB), Labor Biomechanik, FH Aachen, Campus Jülich