Übersichtsarbeiten - OUP 02/2021

Hüftimpingement und Rückkehr in den Sport
Wie kommen wir mit der Hüftarthroskopie zu optimalen Ergebnissen und was können unsere Patienten erwarten?

Leider ist eine frühzeitige Erkennung und Behandlung eines Hüftimpingement nicht selbstverständlich. Dies liegt insbesondere daran, dass sich der klinische Verlauf, sofern es nicht zu akuten Rissen der Gelenklippe kommt, auch beim Sportler schleichend darstellt [47]. Auch sind die anatomischen Formveränderungen häufig moderat ausgeprägt und die korrespondierenden frühen Gelenkschäden in der bildgebenden Diagnostik oft nicht feststellbar [36]. Auch bei der klinischen Untersuchung wird es nicht einfacher. So wurde bspw. gezeigt, dass bei Beschwerden infolge einer Hüfterkrankung bei jüngeren Patienten bis 50 Jahre die Ursache in mehr als 85 % der Fälle entweder gar nicht oder aber fehlerhaft diagnostiziert wurde [41]. Die frühzeitige Diagnosestellung ist somit trotz objektivierbarer Einschränkungen und Beschwerden nicht immer erfolgreich. Somit sehen wir gar nicht so selten Patienten mit klinischen und bildgebenden Impingement- und/oder Dysplasiebefunden, die über lange Zeiträume bspw. unter der Arbeitsdiagnose “Rückenschmerz“, “leichter Verschleiß“, “funktionelle Beschwerden“, “Überlastung“, “Leistenhernie“ etc. in Behandlung waren. Infolge der verschleppten Diagnose finden sich neben strukturellen Folgeschäden oft auch Kontrakturen, Bewegungslimitierungen, muskuläre Insuffizienzen etc. [17, 18]. Daher bedarf es neben dem chirurgischen Vorgehen multimodaler Konzepte, um das klinische Outcome zu optimieren. Die Physiotherapie ist hier von besonderer Bedeutung.

Korrektur der knöchernen Deformitäten

Revisionsoperationen nach vorangegangenen Korrekturen sind in bis zu 90 % der Fälle aufgrund nicht oder nur unzureichend adressierter ossärer Impingement-Pathologien notwendig. Hierbei sind sowohl residuale Cam als auch Pincer-Formationen ursächlich für die anhaltenden Beschwerden [31, 34, 54, 65]. Nachresektion verbessern zwar das klinische Outcome, erreichen aber nicht mehr das Niveau der Primäreingriffe [39, 65]. Patienten mit vorhandenen arthrotischen Gelenkschäden sind hierbei besonders betroffen, weil hier trotz der ungenügenden Resektion der Fokus zur Klärung der anhaltenden Beschwerden evtl. fälschlicherweise auf die degenerativen Schäden gerichtet wird. Somit kann es passieren, dass eine eigentlich notwendige Revisionsarthroskopie ausbleibt oder eine zu diesem Zeitpunkt nicht unbedingt nötige Endoprothese implantiert wird. Eine Überresektion der knöchernen Impingmentdeformitäten findet sich vglw. selten. Dies erscheint logisch, weil die Folgen einer Überresektion nicht minder schwerwiegend, v.a. aber irreversibel sind. So werden neben einem schlechten klinischen Outcome bspw. Schenkelhalsfrakturen als typische Folge beschrieben [35, 45, 78]. Letztlich zeigen diese Daten, dass eine adäquate knöcherne Korrektur nicht selbstverständlich ist. Die Lernkurve ist anspruchsvoll und eher lang [11]. Hat man sie aber überwunden, ist die arthroskopische Impingementkorrektur, insbesondere bei der Nutzung sinnvoller Hilfestellungen, ein zuverlässiges Verfahren.

Vielerorts wird die offene chirurgische Hüftgelenksluxation angewendet, um ein Impingement zu korrigieren. Dies kann entweder mit oder ohne Trochanterosteotomie erfolgen [22]. Mögliche Probleme sind eine Nicht-Heilung der Osteotomie [11, 69], die Opferung des für die Hüftstabilität wichtigen Lig. teres [14], Muskel- und Weichteilschäden [22] und eine erhöhte Revisionsrate aufgrund von Narbenbildungen [11]. Vorteile einer Hüftarthroskopie sind das geringere Weichteiltrauma, gute kosmetische Ergebnisse, minimalisierte Infektraten, eine verkürzte Zeit im Krankenhaus und die vglw. schnelle Rehabilitation [8, 11, 14]. Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Studie, wonach die Rückkehr in den Sport bei Profisportlern nach der arthroskopischen Impingementoperation rascher möglich ist als bei der offen-chirurgischen [8]. Betrachtet man die Literatur, ist zu erkennen, dass die Hüftarthroskopie eine hohe Patientensicherheit mit vglw. niedrigen Komplikationsraten bietet [30]. Hierbei ist zu beachten, dass die publizierten niedrigen Komplikationsraten oft auf Studien äußerst engagierter und in diesem Bereich vglw. erfahrener Operateure basieren und daher bedingt weitläufig übertragbar sind. Unserer Erfahrung nach sind die wesentlichen Vorteile des arthroskopischen Vorgehens die Möglichkeiten sowohl das Impingement beider Gelenkpartner als auch die assoziierten Gelenkschäden unter arthroskopischer Sicht im Zusammenspiel zu erkennen und zu verstehen. Auch kann der C-Bogen bei dem nicht-luxierten Gelenk das Vorgehen sehr gut und Schritt-für-Schritt unterstützen. Bedenkt man bspw. die Arbeiten der Berner Gruppe, wonach die knöchernen Deformitäten in bis zu 86 % der Fälle kombiniert, sowohl an der Pfanne als auch am Schenkelhals-Kopf-Übergang auftreten [6], so ist nachvollziehbar, warum die intraoperative Prüfung des Zusammenspiels beider Gelenkpartner unter arthroskopischer und röntgenologischer Sicht auf das nicht-subluxierte Gelenk für viele wertvoll erscheint. Der Zugang durch die Gelenkkapsel kann mit unterschiedlichen Techniken erfolgen. Erfolgt das Arbeiten in den verschiedenen Regionen des Schenkelhals-Kopf-Überganges mit möglichst standardisierten Stellungen des Beines, so erleichtert dies ein Kapsel schonendes Vorgehen. Häufige Zugangstechniken sind hierbei interportale, L- oder T-förmige Kapsulotomien. Auf diesem Weg kann eine vollständige Darstellung der Pathomorphologien unter möglichst geringer Verletzung des iliofemoralen Kapselbandes erzielt werden [22].

Korrektur der Cam-Deformitäten

Vor dem Hintergrund, dass die Mehrzahl an Revisionen aufgrund unzureichender Korrekturen der knöchernen Deformitäten entstehen [34, 54], ist der Nutzen von Hilfestellungen nicht von der Hand zu weisen. Für eine funktionierende Cam-Abtragung muss nicht nur eine adäquate Tiefe der Knochenabtragung, sondern v.a. die richtige Höhe bzw. Ausdehnung von kranial nach kaudal am Schenkelhals-Kopf-Übergang getroffen werden. Nur so kann eine adäquate Reduktion des Alpha-Winkels erzielt werden. Ebenso wichtig ist die Beachtung der Ausdehnung des Cam um die Zirkumferenz des Kopfes. Hierzu konnten Rego et al. zeigen, dass die durchschnittliche radiale Ausdehnung des Cam, der sog. Omega-Winkel, im Mittel bei 138° (Range 90°–180°) liegt. Der Omega-Winkel korrelierte hierbei nicht mit dem Ausmaß des Alpha-Winkels. Die hohen Werte sind v.a. auf eine weite posterolaterale Ausdehnung des Cam zurückzuführen [61]. Genau diese weitreichende Ausdehnung nach posterior wird häufig nicht genügend adressiert [11]. Bezüglich der Tiefe der Knochenabtragung ist zu bemerken, dass in den distalen Anteilen des Cams meist ein wenig mehr Knochen abgetragen werden muss als proximal. So entsteht eine Kontur mit einem fließend ansteigenden Schenkelhals-Kopf-Übergang. Für eine CamAbtragung empfiehlt sich ein strukturiertes Vorgehen bspw. mittels Markierungen von kranialen und kaudalen Landmarken, welche die Resektion von medial, lateral bzw. posterolateral umzeichnen (Abb. 3f–g) [75]. Nachdem die posteriore Ausdehnung der Cam-Formationen in bis zu 40 % der Fälle bis an die posterioren Gefäßfeintritte der Aa. retinakularis post. reicht [61], können die arthroskopisch sichtbaren, posterioren Gefäßeintritte bei der Durchführung der Cam-Resektion auch als Orientierungshilfe dienen. Nach kaudal hin kann die Markierung bis nahe der Zona orbicularis reichen. Wir bevorzugen das Setzen von ersten Markierungen mit den Radiofrequenzsonden. Beispielsweise kann zuerst das Epizentrum des Hüftimpingement am Schenkelhals-Kopf-Übergang sowohl arthroskopisch als auch mittels geeigneter Einstellung des C-Bogens dargestellt werden (s.u.). Nach Markierung der am weitesten proximal gelegenen Ausdehnung des Cam lässt sich neben dem aktuellen Alpha-Winkel auch die kraniokaudale Ausdehnung der Korrektur abschätzen. Bezüglich des angestrebten Korrekturwinkels ist zu bedenken, dass in der Originalarbeit von Nötzli et al. in der Kontrollgruppe der mittlere Wert für den Alpha-Winkel bei 43° liegt (Abb. 2d) [51]. Betrachtet man den Korrekturwinkel unterschiedlicher Studien, so scheinen postoperative Werte von im Mittel 43° auch im Outcome mit einer Impingement-freien Beweglichkeit verbunden zu sein [50]. Generell, aber insbesondere auch beim Sportler ist es gut, diesen Richtwert zu erzielen. Auch ist zu beachten, dass bspw. bei einer erhöhten Retroversion des Schenkelhalses oder einem vglw. tiefen Pfannengrund tendenziell etwas niedrige Winkel angestrebt werden. Um die Kapsulotomie nicht unnötig erweitern zu müssen und dennoch alle Regionen des Schenkelhalses sowie des Schenkelhalskopfüberganges entsprechend des Omega-Winkels gut zu sehen, sind einige wenige Stellungen des Beines und auch des C-Bogens hilfreich. Bspw. kann mit der Kapsulotomie bei leichter Beugung von 40–45° und Neutralrotation des Beines begonnen werden. Hier ist die ventrale Kapsel entspannt und der anterolaterale Anteil des Gelenkes kann gut eingesehen werden. Der Detektor des C-Bogens ist hierbei leicht nach innen gedreht, so dass sich die anterolaterale Kontur des Schenkelhals-Kopf-Überganges herausprojiziert. Geht man von hier in eine zunehmende Außenrotation, leicht vermehrte Beugung und Adduktion des Beines, so können die ventralen und ventromedialen Anteile des Schenkelhals-Kopf-Überganges eingesehen werden. Streckt man die Hüfte auf 0° und geht über die Neutralrotation zunehmend in eine leichte Innenrotation bis max. 30°, so können die lateralen bis posterolateralen Regionen eingesehen werden. Um die kranialen posterolateralen Anteile am Schenkelhals-Kopf-Übergang sicher einsehen zu können, ist dann zusätzlich noch ein wenig Traktion sinnvoll. Zur röntgenlogischen Beurteilung der lateralen und posterolateralen Kontur steht der Detektor des C-Bogens senkrecht. Entsprechende Einstellungen der Lagerung sowie zugehörige Kamera- und Lichtkabeleinstellungen erlauben so eine gute zirkumferente Darstellung. Durch ein entsprechendes Gegenschwenken des Detektors des C-Bogens nach innen bzw. außen werden die Markierungen bzw. Resektionen ventromedial bzw. posterolateral abgesichert. Insbesondere bei einer geschont eröffneten Gelenkkapsel und kleinen Sichtfeldern, erleichtern die Einstellungen und evtl. auch die Markierungen rund um den Schenkelhals ein Erzielen der gewünschten Resektion [75]. Gerade bei großen oder weit umlaufenden Cam-Formationen sichert ein entsprechend strukturiertes Vorgehen mit einer abschließenden schrittweisen Abtragung innerhalb der Landmarken trotz Kapselschonung eine adäquate und sichere Resektion (Abb. 3f–k). Auch ein Durchbewegen unter arthroskopischer Sicht u./o. das Röntgen hilft, das Ergebnis vor und nach der Cam- und Pincer-Resektion zu beurteilen [43]. Zudem erleichtert eine Resektion der Weichteile auf dem Schenkelhals die Knochenbeurteilung und die Fräsung. Des Weiteren verwenden wir sehr gerne mit der Motorfräse geschaffene umlaufende feine Begrenzungsrinnen, die wiederum kranial und kaudal das Cam begrenzen (Abb. 3h). Damit eine möglichst passgenaue knöcherne Kongruenz mit einem umlaufenden Formschluss zwischen Kopf und Pfanne erzielt wird, hilft es zu beachten, dass in den kaudalen Anteilen meist etwas mehr Knochen abgetragen werden muss als weiter kranial. Wir resezieren das Cam dann standardmäßig von ventral bzw. ventromedial nach lateral bzw. posterolateral (Abb 3 i–k).

Korrektur der Pincer Deformitäten

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