Übersichtsarbeiten - OUP 03/2014
Konservative versus operative Therapie des Morton Neuroms
Vergleichende, prospektive Studien über dorsale oder plantare Zugänge sind in der Literatur nicht vorhanden. In einer retrospektiven Untersuchung wies Akermark gute bis exzellente Ergebnisse beim dorsalen Zugang zwischen 57–85 % und für den plantaren Zugang zwischen 65–93 % nach. Schmerzreduktion und Komplikationsrate waren nicht signifikant unterschiedlich [18], s. Abb. 3.
Uneinheitlich sind die Empfehlungen über Art und Umfang der Operation. Diejenigen, die den Engpass des Nerven als ursächlich betrachten, empfehlen die Erweiterung des intermetatarsalen Raums. Dies kann endoskopisch [19] oder offen [20] durchgeführt werden. Gauthier propagiert lediglich die Resektion des tiefen intermetatarsalen Ligaments und berichtet über 83 % Erfolg und 14 % Verbesserung, s. Abb. 4.
Die überwiegende Zahl der Publikationen empfehlen die Resektion des „Neuroms“ beginnend proximal der Aufteilung in die Seitenäste.
Eine Einlagerung des Nervenstumpfs in die kurze Fußmuskulatur soll einem Rezidiv vorbeugen. Die Inzision oder komplette Durchtrennung des tiefen intermetatarsalen Ligaments ist auch bei der Resektion zu empfehlen. Begründet wird die Bandresektion mit der Annahme, dass die Entstehung der perineuralen Fibrose durch das repetetive Anschlagen des Nerven am Ligament zu Grunde liegt. Da Frauen viel häufiger als Männer betroffen sind, liegt schnell die Vermutung nahe, dass die Schuhmode – High Heels – das vermeintlich mechanische Problem des Nerven begünstigt. Bewiesen ist dies allerdings nicht.
Histologisch findet man perineurale Fibrosen, vermehrt intrafasciculäre Arteriolen sowie Degenerationen der Nervenfasern. Ein Neurom im histologischen Sinne liegt in der Regel nicht vor. Lassmann und Machacek [23] fand in 86 % histologisch Neurome, eigene Untersuchungen ergaben in 83 % Zeichen eines Neuroms. Palma und Tulli berichten über eine Vermehrung kollagener Fasern und endoneuraler kollagener Mikrofibrillen [24]. Histologische Befunde enden häufig mit der Beurteilung: mit einem Morton Neurom vereinbar. Vor allem im Hinblick auf Rezidive und fragliche Behandlungsfehler ist dies entscheidend, wenn behauptet wird, dass der Operateur bei der ersten Operation das Neurom nicht oder nicht komplett entfernt hat.
In der Literatur werden Erfolgsquoten zwischen 80–95 % angegeben. Auffallend sind allerdings die divergenten Einschätzungen zwischen Patient und Untersucher. So berichtet Coughlin [21] über 85 % exzellente und gute Ergebnisse, findet aber in nur 65 % komplette Schmerzfreiheit und in 31 % die Notwendigkeit, Schuhzurichtungen zu verordnen. 46 % der Fälle führten zu Taubheitsgefühl in der betroffenen Region. Ähnliche Ergebnisse werden Dick [22] berichtet.
Rezidive treten in 2/3 der Fälle innerhalb eines Jahres auf. Persistieren die Beschwerden, ist eine Diagnose „Morton Neurom“ zunächst in Frage zu stellen und erneut zu überprüfen. Als Rezidiv sind Neuromstümpfe in Höhe der Resektion anzusehen. Als mögliche Ursache ist eine zu sparsame Resektion nach proximal anzusehen. Die Bildung eine Neuromstumpfs dauert aber ca. 1 Jahr, sodass frühzeitig einsetzende Schmerzen in der Regel eine andere Ursache haben.
Interessenkonflikt: Der Autor erklärt, dass keine Interessenkonflikte im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors bestehen.
Korrespondenzadresse
Dr. med. Daniel Frank
Kaiserswerther Diakonie Florence Nightingale-Krankenhaus
Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Handchirurgie
Kreuzbergstraße 79
40489 Düsseldorf
Daniel.Frank@t-online.de
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