Lesermeinungen - OUP 02/2012
Leserbrief vom 6. Oktober 2011
Stellungnahme zum Leserbrief vom 6. Oktober 2011
Stellungnahme zum Leserbrief vom 6. Oktober 2011
Betreff:
Orthopädische Praxis 9/2011
Schwerpunkt Schulter
Im aktuellen Heft erscheint je ein Beitrag zur „Therapie des subcoracoidalen Impingement-Syndroms der Schulter“ von M. v. Knoch und W. Schultz und zur „Retrospektiven Überprüfung des funktionellen Outcome nach Rotatorenmanschettennaht bzw. subacromailer Dekompression bei Rotatorenmanschettenruptur von Patienten im Arbeitsleben“ von T. Schultz. Es fällt mir auf, dass in keinem der beiden Artikel auf die biofunktionellen Ursachen des sich im Laufe des Lebens entwickelnden humeroakromialen bzw. humerocoracoidalen Impingements eingegangen wird und die sonographische Funktionsanalyse der Schulter als Diagnostikum mit keinem Wort Erwähnung findet. Im ersten Artikel wird zwar festgestellt, dass primär konservativ vorgegangen werden sollte – die zivilisations- und arbeitstechnisch sich entwickelnde habituelle Schulterprotraktion und Humerus-Cranialisierung wird in ihrer ursächlichen Bedeutung aber nicht genannt. Auf die diversen (lukrativen?) Operationsmöglichkeiten und –techniken und deren Ergebnisse wird dagegen ausführlich eingegangen. Wie bereits mehrfach beschrieben können die den o.g. Veränderungen zugrunde liegenden habituellen Funktionsstörungen sonographisch bereits im Frühstadium nachgewiesen und konservativ therapiert werden, bevor manifeste Beschwerden und dauerhafte strukturelle Schädigungen eintreten. Dies ist von entscheidender epidemiologischer Bedeutung! Die aktuelle „Zivilisationsseuche“ humeroakromiales- oder humerocoracoidales Impingement wird sich nicht ansatzweise operativ, sondern bestenfalls präventiv und konservativ eindämmen lassen. Letztere Problemlösung ist aber offensichtlich mit der Entwicklung der Orthopädie zur Orthotomie in den Hintergrund gesundheitspolitischer und medizinwirtschaftlicher Überlegungen getreten.
Dr. med. Norbert M. Hien
Arzt für Orthopädie und Unfallchirurgie
Friedrichshafener Str. 11
81243 München
Wie bereits aus dem Titel meines Beitrages hervorgeht, handelt es sich um eine retrospektive Betrachtung, d.h., die Behandlung ist bereits erfolgt, und es besteht nicht mehr die Option, bereits gewissermaßen vor Manifestation einer strukturellen Läsion tätig zu werden.
Dem Patient, der erst ein viertel Jahr abwartet und dann vielleicht hört, er hätte früher kommen sollen, ist damit auch nicht geholfen.
Die operative Therapie in der dargestellten Weise hat ihre Berechtigung bei fundierter Indikation. Die OP-Indikation hinsichtlich Patientenalter und Ausmaß der Läsion wird inzwischen mit guten Erfolgen der Schmerzreduktion und funktionellen Verbesserung vor dem Hintergrund moderner OP-Techniken (z.B. Suture-bridge-Technik) großzügiger gestellt.
Der SAD und teilweise auch der RM-Naht geht in der Regel ein konservativer Therapieversuch voraus, sowohl dosierte funktionelle Ruhigstellung, Krafttraining, manuelle Mobilisation, Dehnungsübungen, Modifizierung der Bewegungsmuster, wie Herr Kollege Hien in seinem Artikel in der Orthopädischen Praxis 12/2004 erwähnt, aber auch durch Stoßwellenbehandlung und Injektionen etc., die sicherlich als IGeL in seiner Praxis ebenfalls erhältlich sind.
Ich halte die Magnetresonanz-Tomografie in Fragestellungen zu Weichteilen (wie hier an der Schulter) der Sonografie für inzwischen überlegen: Sie
ist weniger untersucherabhängig
zeigt einen größeren Ausschnitt im Zusammenhang
kann Gewebsarten voneinander unterscheiden lassen
ist von den Kosten her vertretbar in Relation zur Aussagekraft
ist nach Stand der Erkenntnis unschädlich.
Nur rechnet die Kosten eben nicht der Orthopäde ab…
Fazit: Leben und leben lassen, sowohl konservative als auch operative Behandlung in aktueller Technik haben bei schlüssiger Indikation ihre Berechtigung, können jedoch den Erfolg beide nicht garantieren.
Dr. med. Titus Schultz
Orthopäde, Chirurg und Unfallchirurg
Kirchplatz 1
77963 Schwanau-Allmannsweier
Artikelinformation
SEITE: 1