Übersichtsarbeiten - OUP 12/2015
Lessons learned: Versagensmuster unicondylärer Knieteilprothesen im 20-jährigen Beobachtungszeitraum der Schulthess Klinik Zürich
Schmerzen und Gangunsicherheit, verursacht durch Instabilität des Kniegelenks, führte nach durchschnittlich 19 Monaten (Median 19 Monate, Range 9–19 Monate) bei 3 Patienten (2 Allegretto, 1 Oxford) zu Revisionsoperationen.
Einschränkung des Bewegungsumfangs aufgrund einer Arthrofibrose wurde bei 2 Patienten (1 ZUK, 1 Allegretto) gefunden. Diese beiden Patienten wurden nach durchschnittlich 23 Monaten (Median 23 Monate, Range 16–30) revidiert.
Bei einem Patienten trat eine Infektion 6 Monate nach Implantation einer Oxford UKP auf.
Diskussion
Anhand von 691 implantierten, medialen UKP konnten wir eine totale Revisionsrate von 9,4 % (Tab. 1) aufzeigen. Die durch uns beschriebenen Versagensgründe und deren prozentuale Verteilung sind nahezu identisch mit denen aus den australischen und schwedischen Prothesenregistern [7, 8].
Die mit 46,2 % häufigste Ursache für eine Konversion (Tab. 2) war die Lockerung der Implantate, wobei sich die tibiale Komponente (29,2 %) insgesamt häufiger als die femorale (13,8 %) lockerte. Bei Patienten mit LCS (44,4 %), Allegretto (31,4 %) oder Preservation (30 %) waren dies häufige Revisionsgründe. Unseres Erachtens ist dies auch durch das Komponentendesign bedingt. Bei der tibialen Komponente der LCS-Prothese findet sich lediglich ein Peg, der zur Verankerung im Tibiaplateau dient. Sowohl bei der Allegretto als auch bei der Preservation-Prothese ist an der tibialen Komponente keine Verankerung im Knochen vorhanden. Die Fixierung erfolgt lediglich durch Zementierung der Komponente auf das Tibiaplateau. Hingegen spielt die Lockerung der tibialen Komponente in der Oxford- (1,3 %) und ZUK- (0 %) Gruppe bei den Revisionsgründen eine untergeordnete Rolle. Bei diesen Prothesen wird die Fixation der
tibialen Komponente durch einen Kiel (Oxford II) bzw. durch 3 Pegs (ZUK) realisiert. Eine anhaltende Verankerung der Komponente scheint damit eher realisierbar zu sein. Als weiterer Faktor, der eine Lockerung der Komponenten begünstigen kann, ist eine zu ausgeprägte tibiale Resektion mit Distalisierung der Joint Line. Dies führt zu einer Unterkorrektur der Beinachse wodurch eine mechanische Überlastung des medialen Kompartimentes resultieren kann. Zudem kann die Überlastung den Polyethylenabrieb begünstigten. Dies trat in unserem Kollektiv lediglich bei 3 Patienten der LCS-Gruppe auf. Auffällig war jedoch, dass bei diesen Patienten der Slope nicht physiologisch eingestellt wurde. Die tibiale Resektion erfolgte in der coronaren Ebene horizontal, sodass es bei Flexion des Kniegelenks zu einer vermehrten mechanischen Belastung am dorsalen Tibiaplateau und somit zu einem Abrieb des Polyethyleninlays gekommen ist. Weber et al. empfehlen in ihrer biomechanischen Studie, den Slope zwischen 4° und 8° einzustellen, um den Abrieb zu minimieren [18].
Als weiterer Versagensgrund bei zu tiefer tibialer Resektion konnten wir die periprothetische Fraktur identifzieren. Bei distaler Resektion verjüngt sich das Tibiaplateau, sodass die tibiale Komponente kleiner gewählt werden muss. Daraus resultiert eine höhere Belastung pro Fläche. Darüber hinaus kann eine Stressfraktur des Tibiaplateaus auch durch den Gebrauch von mehreren tibialen Führungspins begünstigt werden, da es dadurch zu einer Schwächung des Knochens kommen kann. Brumby et al. empfehlen daher eine entsprechende Nachsorge des Patienten, falls 3 oder mehr Pins verwendet wurden. Peripher gelegene Pins, welche den medialen Kortex verletzen, müssen vermieden werden [19].
Ein nach median 71 Monaten spät auftretender, mit 18,5 % dennoch häufiger Revisionsgrund (Tab. 2) war die symptomatische Arthrose im lateralen und/oder femoro-patellaren Kompartiment. Auch hier zeigte sich, dass eine Überkorrektur der Beinachse aufgrund der vermehrten mechanischen Belastung im lateralen Kompartiment oder die nicht optimale Indikationsstellung das Auftreten bzw. Fortschreiten der Arthrose beschleunigen kann. Als optimale Ausrichtung der mechanischen Achse schließen wir uns der Empfehlung von Kennedy et al. an, die 0° bis maximal 2° Restvarus akzeptieren [20]. In unserem Kollektiv führte die laterale Arthrose häufiger zu Revisionen als die femoro-patellare Arthrose. Hingegen beschreiben Berger et al. in einem Kollektiv von 59 Patienten, die durchschnittlich 13 Jahre lang postoperativ nachuntersucht werden konnten, die Progression der femoro-patellaren Arthrose als Hauptursache für Revisionsoperationen [21].
In unserem Kollektiv mussten 8 Patienten (12,3 %, Tab. 2) aufgrund von Schmerzen, die nicht objektivierbar waren, revidiert werden. Baker et al. werteten die Daten des Nationalen Prothesenregisters von England, Wales und Nordirland aus [22]. Bei dieser Analyse wurden insgesamt 366.965 KTP und 35.749 UKP berücksichtigt. Die Revisionsrate aufgrund von unerklärtem Schmerz lag bei den UKP mit 23 % deutlich über dem Wert unseres Kollektivs. Im Vergleich zu den KTP, deren Revisionsrate bei 9 % lag, schnitten die UKP signifikant schlechter ab.
Anhand der letzten beiden Beispiele wird deutlich, dass in der vorhandenen Literatur eine gewisse Streubreite im Hinblick auf die Revisionsraten und Ursachen vorliegt. Es fällt auf, dass ein Zusammenhang zwischen den berichteten Raten und den Institutionen besteht, die diese beschreiben [23]: Die niedrigsten Raten werden einerseits von Kliniken berichtet, die in der Entwicklung unikondylärer Prothesen involviert sind, andererseits von unabhängigen Verfechtern der Methode, die hohe Fallzahlen operieren. Hingegen finden sich höhere Raten in den Registerstudien [7, 8, 21, 24–28]. Die Revisionsraten aus den Zentren mit den besten Ergebnissen sind vergleichbar mit den Raten nach Implantation einer KTP. In einer Studie von Baker et al. wurde der Einfluss der Gesamtanzahl der operierten Patienten in einer Klinik, bzw. der Anzahl operierter Patienten einzelner Operateure, auf die Revisionsrate analysiert [29]. Die Analyse erfolgte bei 23.400 implantierten medialen UKP Typ Oxford. Die Autoren konnten zeigen, dass die 5-Jahres-Überlebensrate des Implantats in Zentren mit den niedrigsten Fallzahlen bei 92,3 % (95 % KI, 91,2–93,3 %) lagen, bei Zentren mit den höchsten Fallzahlen bei 94,1 % (95 % KI, 93,0–95,2 %). Analog dazu fand sich eine 5-Jahres-Überlebensrate bei den Operateuren mit den niedrigsten Fallzahlen (25 oder weniger Eingriffe) von 90,1 % (95 % KI, 88,8–91,3 %) bzw. von 96,0 % (95 % KI, 95,0–97,0 %) bei den Operateuren mit den höchsten Fallzahlen (mehr als 200 Eingriffe). Diesen Zusammenhang interpretieren wir als Anzeichen für die sorgfältige Indikationsstellung und operative Vorgehensweise, die in diesen Zentren praktiziert wird.