Übersichtsarbeiten - OUP 03/2020
Minimal invasive Rekonstruktion des medialen patellofemoralen Ligaments (MPFL) mit der Quadrizepssehne
Es folgt die subkutane horizontale Durchtrennung der Sehne zur Bestimmung der Dicke mit dem 3 mm Sehnenseparator.
Der Sehnenseparator wird von einer Seite in die vertikale Schnittführung eingefädelt. Die horizontale Schnittkante sollte an der medialen Schnittkante wieder zu sehen sein. Der Sehnenseparator wird subkutan wieder 8- 10 cm nach proximal geschoben (Abb. 6).
Es kann nun die Sehnenstanze zur endständigen subkutanen Durchtrennung der Sehne am proximalen Sehnenende von der Seite eingeführt werden (Abb. 7). Für das Einfädeln des Quadrizepssehnenstreifens in die Stanze sollte das Kniegelenk etwas gestreckt werden (ca. 50° Flexion), um die Spannung der Sehne zu verringern. Nun wird die Stanze bis zur gewünschten Transplantatlänge (8- 10 cm) vorgeschoben. Nach Durchtrennung der Sehne kann diese anschließend nach distal umgeschlagen werden.
Diese Technik ermöglicht es, die Quadrizepssehne atraumatisch und partiell in der gewünschten Breite (10/12 mm) und Dicke (3 mm) zu entnehmen.
Transplantat Präparation
Für die MPFL-Rekonstruktion bleibt das entnommene Transplantat distal gestielt. Am proximalen Ende wird es in der „Webstich“-Technik mit einem resorbierbaren 2–0 Faden armiert. Nach distal hin werden die Schnitte in der Breite des Transplantates über die Patella 1 cm medial und 2 cm lateral verlängert und der Sehnenstreifen dann subperiostal vorsichtig von der Vorderfläche der Patella abpräpariert (medial 0,5- 1 cm und lateral 1,5- 2 cm) (Abb. 8).
Es folgt die Darstellung des medialen Patellarrandes. Der Knochen des Patellarrandes sollte mit Hilfe eines Luers angefrischt werden, um eine schnelle Anheilung zu gewährleisten. Das präpatelläre Gewebe wird nun vom medialen Patellarand bis zur medialen Begrenzung des Quadrizepssehnenstreifens unterminiert. Am besten geschieht dies mit einem Raspatorium.
Es wird eine Klemme von medial unter das unterminierte Gewebe eingebracht und die Enden der Fäden, mit denen das proximale Ende des Quadrizepssehnenstreifens armiert wurden, gefasst. Die Fäden werden nach medial herausgebracht, das Transplantat 90° umgeklappt und durchgezogen.
Am medialen Patellarrand wird das Transplantat nun mit 2 Sicherungsnähten proximal und distal fixiert (resorbierbares Nahtmaterial 2–0) (Abb. 9).
Femorale Verankerung
Das Tuberculum adductorium wird getastet und darüber eine ca.1,5 cm lange Hautinzision angelegt. Mit einer gebogenen Klemme wird vom medialen Patellarand ein Gewebekanal bis zu dieser Inzision angelegt. Dieser sollte unterhalb der Insertion des M. vastus medialis, aber extrakapsulär liegen. In diesen Kanal wird eine Fadenschlinge eingelegt, mit der dann das Transplantat durchgezogen wird.
Unter RBV-Kontrolle wird ein 2,4 mm Ösendraht am Insertionspunkt des MPFL [18] eingebracht (Abb. 10).
Bei korrekter Lage wird der Ösendraht mit einem kanülierten Bohrer (6- 8 mm je nach Transplantatdimension) bis zu einer Tiefe von ca. 30 mm überbohrt.
Die Fäden des Transplantates werden nun in die Öse des Drahtes eingebracht und das Transplantat in den Bohrkanal eingezogen (Abb. 11). Das Kniegelenk wird nochmals durchbewegt und anschließend das Transplantat in 20° Flexion mit einer dem Durchmesser des Bohrkanals entsprechenden resorbierbaren Interferenzschraube fixiert. Dabei soll der laterale Patellarand bündig mit dem lateralen Rand der Trochlea sein.
Bei offenen Wachstumsfugen wird eine etwas größere Hautinzision (ca. 3 cm) im Bereich des Tuberculum adductorium angelegt und die Transplantatfixation am Femur mittels Knochenanker durchgeführt. Dieser soll dabei distal der Wachstumsfuge an der medialen Femurepikondyle liegen [17]. Es ist wichtig, die korrekte Lage hier auch in der ap Ebene mit dem RBV zu kontrollieren (Abb. 12), da die Wachstumsfuge in dieser Ebene nicht geradlinig verläuft, sondern konkav und damit eine Kontrolle in der seitlichen Aufnahme alleine zu einer Fugenverletzung führen kann. Außerdem ist die Ausrichtung des Ankers nach distal zur Schonung der Wachstumsfuge essentiell.
Nachbehandlung
Postoperativ wird eine einstellbare Knieschiene im Bewegungsausmaß von 0/90° empfohlen. Teilbelastung mit ca. 20 kg Körpergewicht sollte für die ersten zwei postoperativen Wochen eingehalten werden, anschließend kann schrittweise zur Vollbelastung übergegangen werden. Passive und aktiv-assistierte Bewegungsübungen zwischen 0–90° können bereits ab dem 1. postoperativen Tag begonnen werden. Standradfahren ist meist nach der 4.-6. postoperativen Woche möglich. Mit einer vollen Sportfähigkeit ist etwa nach 4-5 Monaten zu rechnen.
Klinische Ergebnisse
Aus unserem eigenen Patientengut wurden 38 Patienten (Durchschnittsalter bei Operation 25,2 ± 6,1 Jahre), die in der beschriebenen Technik (minimalinvasive QS) versorgt wurden, prospektiv mit Tegner, Lysholm und Kujala Score, sowie Visueller Analog Skala für Schmerz (1- 10) präoperativ (prä op) und nach 6, 12, und 24 Monaten (m) postoperativ evaluiert. Bei 19 (50 %) der Patienten wurde zusätzlich ein Back-to-Sports (BIA) [10] Test durchgeführt [8].
Im Untersuchungszeitraum kam es zu keiner Redislokation. Der Lysholm Score stieg von 79,3 ± 16,1 (prä op) auf 83,2 ± 14,4 (6 m), 88,1 ± 11,3 (12 m) und 90,0 ± 9,6 (24 m). Der durchschnittliche Kujala Score von 82,0 ± 12,4 (prä op) auf 84,5 ± 8,4 (6 m), 88,2 ± 5,8 (12 m) 88,7 ± 4,5 (24 m).