Übersichtsarbeiten - OUP 06/2020
Modernes Kapselmanagement in der hüftgelenkerhaltenden Chirurgie
Alexander Zimmerer, Christian Sobau
Zusammenfassung:
Die Kapselbänder des Hüftgelenks spielen eine grundlegende Rolle in der Balance zwischen funktioneller Mobilität und Gelenkstabilität. Obwohl die Anatomie der Hüftkapselbänder in der Literatur gut beschrieben ist, hat sich das Wissen um ihre Eigenschaften und ihre Beiträge zur Hüftmechanik erst in den letzten Jahren etabliert. Ein weiterer Punkt, der in den Fokus gerückt ist, ist die Art und Weise, wie die Hüftkapsel bei chirurgischen Eingriffen behandelt wird und ihre Auswirkungen auf die Gelenkfunktion. Mehrere kürzlich durchgeführte Laborstudien haben neue Erkenntnisse über die funktionelle Beweglichkeit und Stabilität des Hüftgelenks geliefert, die bei operativen Eingriffen berücksichtigt werden sollten. Das Ziel dieser Arbeit ist es, eine Zusammenfassung über die funktionelle Anatomie und biomechanischen Eigenschaften der Hüftkapsel sowie der Auswirkungen der Kapselnaht nach arthroskopischen Operationen zu geben.
Schlüsselwörter:
Kapselmanagement, Hüftgelenk, Hüftgelenkerhaltende Chirurgie, Hüft-Arthroskopie
Zitierweise:
Zimmerer A, Sobau C: Modernes Kapselmanagement in der hüftgelenkerhaltenden Chirurgie.
OUP 2020; 9: 368–372 DOI 10.3238/oup.2020.0368–0372
Summary: The capsular ligaments of the hip joint play a fundamental role in the balance between functional mobility and joint stability. Although the anatomy of the hip capsular ligaments is well described in the literature, knowledge of their properties and their contributions to hip mechanics has only become established in recent years. Another issue that has come into focus is the way the hip capsule is treated during surgical procedures and its effects on joint function. Several recent laboratory studies have provided new insights into the functional mobility and stability of the hip joint, which should be taken into account during surgical procedures. The aim of this work is to provide a summary of the functional anatomy and biomechanical properties of the hip joint capsule and the effects of capsular repair after arthroscopic surgery.
Keywords: capsule management, hip joint, hip joint preserving surgery, hip arthroscopy
Citation: H Zimmerer A, Sobau C: Modern capsular management in hip joint preserving surgery.
OUP 2020; 9: 368–372 DOI 10.3238/oup.2020.0368–0372
Alexander Zimmerer: ARCUS Kliniken, Pforzheim & Universitätsklinik Greifswald, Klinik für Orthopädie und orthopädische Chirurgie
Christian Sobau: ARCUS Kliniken, Pforzheim
Hintergrund
Die Hüftkapsel besteht aus einem Komplex von äußeren und inneren Bändern. Diese Bänder spielen eine grundlegende Rolle in der Beweglichkeit und Stabilität des Hüftgelenkes. Obwohl die Anatomie des Bandapparates in der Literatur gut beschrieben wurde [17, 22, 41, 42], entwickelte sich erst in den letzten Jahren das Wissen und Verständnis um die Eigenschaften des Kapsel-Band-Apparates und den Einfluss auf diverse Pathologien. Eine weitere Erkenntnis der letzten Jahre, die sich aus diesem Wissenszuwachs ergeben hat, ist der Einfluss des Kapselmanagements während hüftgelenkerhaltender Eingriffe auf diese Funktion und deren Folgen für das Gelenkspiel [4, 23, 32].
Die Hüftarthroskopie hat sich als Goldstandard in der Therapie des femoroacetabulären Impingement Syndroms (FAIS) entwickelt. Hierbei wurden diverse Methoden beschrieben, um einen ausreichenden Raum für eine optimale intraoperative Sicht zu schaffen: periportale Kapsulotomie, interportale Kapsulotomie oder eine T-Kapsulotomie. Obwohl eine Kapsulotomie eine gute intraoperative Sicht und einen großen Arbeitsraum ermöglicht, führt sie zu einer Schädigung der Hüftkapsel, die die Hüftfunktion beeinträchtigen kann. Aktuelle Studien haben gezeigt, dass die Durchführung einer Kapsulotomie ohne folgenden Verschluss das Risiko einer iatrogenen (Mikro-) Instabilität oder eines Revisionseingriffes erhöht [11, 13, 25]. Aufgrund dieser neueren Erkenntnisse geht der Trend zur routinemäßigen Naht der Kapselinzision [35]. Darüber hinaus kann der primäre Verschluss der Kapsel die Notwendigkeit einer nachfolgenden Revisionsoperation zur Behandlung von Mikro-/Makro-Hüftinstabilität oder Kapseldefekten verringern [15].
Das Ziel dieses Artikels ist es, eine Übersicht über die funktionelle Anatomie und der biomechanischen Eigenschaften der Hüftkapsel sowie den Einfluss der Kapselnaht bei arthroskopischen Eingriffen auf die Gelenkfunktion zu geben (Abb. 1).
Anatomie der Hüftgelenkkapsel
Die Struktur der natürlichen Hüftkapsel trägt zur Stabilität des Hüftgelenks bei und ermöglicht gleichzeitig komplexe Bewegungen in mehreren Ebenen. Das Hüftgelenk selbst wird durch 3-faserige äußere Bänder (Ligg. iliofemorale, ischiofemorale und pubofemorale) und einer inneren Bandstruktur (Zona orbicularis) verstärkt, die jeweils unterschiedliche funktionelle Aufgaben zur Stabilisierung des Gelenks erfüllen [4, 23].
Das iliofemorale Band ist das stärkste der Bänder und begrenzt in erster Linie die Hüftextension und Außenrotation. Dieses Band besteht aus 2 einzelnen Zügeln: einem medialen Zügel, der sich distal auf die intertrochantäre Linie erstreckt, und einem lateralen Zügel, der sich schräg entlang des Femurhalses erstreckt, um auf die vordere Seite des Trochanter majors zu führen. Der proximale Ursprung liegt bei 1:26 Uhr unter Verwendung des Zifferblattmodells [29]. Das Ligamentum pubofemorale ist ein weiteres Band, das seinen Ursprung am medialen Aspekt des Schambeins bei 4:44 Uhr der Hüftgelenkspfanne hat und sich inferoposterior unter dem medialen Zügel des iliofemoralen Bandes erstreckt, wo es mit dem medialen Zügel verschmilzt [29]. Die primäre Funktion besteht darin, eine übermäßige Abduktion und Außenrotation des Hüftgelenks zu begrenzen. Das ischiofemorale Band hat seinen Ursprung bei 10:15 Uhr am Sitzbein, posteroinferior des Pfannenrandes, und setzt an der posterioren intertrochantären Linie an, um die Kapsel während der Innenrotation in neutralen Positionen sowie in kombinierten Flexions- und Adduktionspositionen zu verstärken [29]. Die Zona orbicularis ist ein mit Synovium ausgekleidetes inneres Band, das sich aus zirkumferentiell verlaufenden Fasern zusammensetzt, die einer Hüftdistraktion entgegenwirken und dadurch den Hüftkopf in der Pfanne stabilisieren [19] (Abb. 2).
Funktion und Biomechanik der Hüftgelenkkapsel
Frühere Kadaveruntersuchungen zeigten, dass das proximale iliofemorale Ligament im Querschnitt größer und steifer war als die hintere Kapsel [17, 18]. Dieser Befund verdeutlicht, dass die vordere Kapsel stärker ist als die hintere [37]. Des Weiteren scheinen die Struktureigenschaften des iliofemoralen Bandes möglicherweise von altersbedingten Veränderungen abzuhängen [36]. Zusätzlich zu den mechanischen Reaktionen können sich die Gewebedimensionen der Kapselbänder (d.h. Dicke und Länge) auch bei fortschreitender Arthrose anpassen, was wiederum zu größeren Querschnittsflächen und strafferen Kapselbändern führen kann [33, 34, 45]. Nachdem die frühen Erkenntnisse auf Kadaveranalysen ohne Berücksichtigung einer Pathologie basieren, entwickelten sich in den letzten Jahren bildgebende Verfahren zur Quantifizierung der Kapseldicke bei pathologischen Hüftgelenken mittels Magnetresonanztomographie (MRT) [5, 34, 45]. Weidner et al. untersuchten MR-Daten von Patienten mit FAIS und stellten fest, dass die anterosuperiore Kapsel (d.h. das iliofemorale Ligament) die dickste Region war (6 mm im Vergleich zu nicht-pathologischen Dicken von 3,5 bis 4,2 mm), und stellten ferner fest, dass die Zona orbicularis im posterioren Bereich, wo die Kapsel dünner und länger war, sich stärker ausgeprägt zeigte [45]. Vor kurzem wurden in einer MRT-Studie von Rakhra et al. 3 Gruppen verglichen: Hüften mit FAIS Typ CAM, Hüften mit chondrolabraler Pathologie und gesunde Kontrollhüften [34]. Die Autoren konnten zeigen, dass die Kapseldicke der FAIS Typ CAM-Gruppe ähnlich der der Gruppe mit chondrolabraler Pathologie war. Vielmehr zeigten sich die Kapseln in beiden pathologischen Gruppen dicker (6,8 ± 1,6 mm) als die Kontrollen (Mittelwert, 5,3 ± 2,3 mm; p = 0,026), insbesondere in den oberen Regionen der Kapsel.
Um den Einfluss des jeweiligen Bandes auf die Hüftgelenkstabilität zu untersuchen, wurden diverse Testreihen und -modelle in den letzten Jahren entwickelt. Martin et al. analysierte den individuellen Einfluss der Bänder auf die Gelenkfunktion, indem sie diese schrittweise durchtrennten und resezierten [23]. Die Analyse lieferte Erkenntnisse darüber, welches Band für die einzelnen Bewegungsbeschränkungen verantwortlich war. Eine Durchtrennung des lateralen Zügels des iliofemoralen Bandes führte zu einer Zunahme der Außenrotation in Flexion- und Neutralpositionen sowie der Innenrotation in Extension. In einer weiteren Studie kamen van Arkel et al. zu ähnlichen Ergebnissen [40]. Das laterale iliofemorale Band verhindert eine vermehrte Außenrotation, während das pubofemorale Band die Außenrotation und Abduktion während Hüftextension einschränkt. Diese Studien analysierten Hüften ohne Pathologie, wobei sie wichtige Informationen lieferten, welche Bänder für die Rotationsstabilität verantwortlich sind und welche während der Operation möglicherweise reseziert werden können. Auch darf die Rolle des M. iliocapsularis, der dem iliofemorale Band aufliegt, nicht unterschätzt werden, da er insbesondere bei dysplastischen Hüften einen wichtigen Beitrag zur Hüftstabilität leistet [3, 16].
Möglichkeiten der Kapselnaht
Nachdem der Patient auf dem Extensionstisch gelagert wurde, wird das zu operierende Bein manuell distrahiert. Die optimale Position der Extremität ist in neutraler Adduktion, 40 bis 45° Innenrotation und leicht Flexion von 15 bis 20°. Als nächstes werden die arthroskopischen Portale angelegt. Das anterolaterale Portal (ALP) wird unter Zuhilfenahme der Fluoroskopie geschaffen. Danach wird das midanteriore Portal (MAP) unter direkter arthroskopischer Visualisierung etabliert.
Über das MAP wird nun ein Kapselmesser eingeführt. Die Kapsulotomie wird zwischen Hüftkopf und Labrum und zunächst so weit medial wie nötig durchgeführt. Hierbei sollte der proximale Kapselanteil min. 1 cm betragen, um für die spätere Naht ausreichend Kapselgewebe zur Verfügung zu haben. Die Kapsulotomie wird dann nach lateral zum ALP hin erweitert. Wenn die Kapsulotomie über das MAP nicht vollständig durchführet werden kann, können die Kamera- und Messerposition gewechselt werden. Die Kapsulotomie kann bei Bedarf nach lateral erweitert werden. Nun können das zentrale Kompartiment, Labrum und Pfanne erreicht und wie geplant behandelt werden. Nach Abschluss der Therapie im zentralen Kompartiment wird die Hüfte reponiert und die Femurpathologie adressiert. Es ist entscheidend, die Integrität des proximalen Kapselanteils während des Eingriffs zu erhalten.
Sehr proximale oder kleine CAM Deformitäten können typischerweise durch diese interportale Kapsulotomie behandelt werden. Liegt eine große CAM Läsion vor, die weit nach distal reicht oder unzureichend visualisiert ist, kann eine additive T-Kapsulotomie hilfreich sein. Zur Durchführung der T-Kapsulotomie kann die Hüfte leicht gebeugt werden, um die vordere Kapsel und das Iliofemoralband zu entspannen. Die Kapsulotomie kann mit dem Kapselmesser über das MAP durchgeführt werden. Alternativ kann ein akzessorisches distales anterolaterales Portal (DALA) angelegt und hierüber die T-Kapsulotomie durchgeführt werden, hierbei kann die Kamera auf das MAP gewechselt werden. Proximal beginnend wird der vertikale Schenkel der Kapsulotomie angelegt, beginnend in der Mitte der interportalen Kapsulotomie. Der Schenkel verläuft distal und wird entlang des Femurhalses zentriert. Die T-Kapsulotomie wird erweitert, um eine adäquate Darstellung des peripheren Kompartiments zu ermöglichen. Die medialen und lateralen Schenkel der Kapsulotomie müssen in der Regel nicht retrahiert werden, aber bei Bedarf kann ein Wechselstab als Retraktor durch das akzessorische Portal genutzt werden.
Nach Abschluss der Therapie im peripheren Kompartiment wird die Kapselnaht durchgeführt. Der Verschluss des vertikalen Schenkels erfolgt von distal nach proximal. Ja nach Vorliebe des Operateurs können hierfür Fadenzangen oder speziell entwickelte Kapselnahtinstrumente Verwendung finden. Die Naht der Kapsel sollte in gebeugter und innenrotierter Position erfolgen, um eine spannungsfreie Naht zu ermöglichen. Wenn eine einfache Naht durchgeführt wird, wird die Fadenzange auf beiden Seiten im selben Abstand eingestochen. Wird eine Plikation der Kapsel gewünscht, kann die Einstichstelle je nach Bedarf erweitert werden. Eine zweite Naht wird dann auf die gleiche Weise etwa 1 cm proximal durchgeführt, gefolgt von einer dritten. Drei Nähte sind in der Regel ausreichend, um einen Verschluss zu gewährleisten, aber bei Bedarf können zusätzliche Nähte verwendet werden. Sobald der T-Teil der Kapsulotomie verschlossen ist, kann der Interportalanteil genäht werden. Die Naht der interportalen Kapsulotomie sollte von medial nach lateral erfolgen. Auch hier empfiehlt sich eine Naht nach jeweils einem Zentimeter, so dass in aller Regel 3 ausreichend sind.
Für die postoperative Nachbehandlung verwenden die Autoren Hüft-Orthesen, welche die Beweglichkeit der Hüfte einschränken können. Insgesamt sollte für 4 Wochen eine Hyperextension und eine Außenrotation vermieden werden, um ein Nahtversagen vorzubeugen (Abb. 3–5).
Klinischer Effekt der Kapselnaht
In der Literatur werden zunehmen Ergebnisse präsentiert, die bessere patient related outcome measurements (PROMS) nach erfolgter Kapselnaht sowie geringere Rate an Revisionsoperationen berichten [15, 35]. Unter Verwendung eines nationalen Hüftarthroskopie-Registers verglichen Mygind-Klavsen et al. die Ergebnisse von 247 Hüftarthroskopien zur Therapie des FAIS mit routinemäßigem Kapselverschluss mit 247 Hüften, bei denen die Kapsel nicht genäht wurde [27]. Nach einem Follow-Up von 2 Jahren zeigte die Gruppe mit routinemäßigem Kapselverschluss höhere Ergebnisse im Copenhagen Hip and Groin Outcome Score (HAGOS). Bolia et al. verglich eine kleinere Kohorte von 50 Patienten mit FAIS, die sich einer Hüftarthroskopie mit Kapselverschluss unterzogen, mit 50 Patienten ohne Kapselverschluss [6]. Nach einer durchschnittlichen Nachbeobachtungszeit von 5 Jahren hatte die Gruppe mit Kapselverschluss im Vergleich zur Gruppe ohne Kapselverschluss höhere Werte für den Hip-Outcome-Score (HOS)-Aktivität des täglichen Lebens (HOS-ADL), die HOS-Sport-Subskala (HOS-SS) und den modifizierten Harris-Hip-Score (mHHS). Darüber hinaus zeigte sich die Konversionsrate zur Totalendoprothese in der Kontrollgruppe doppelt so hoch (8 vs. 16 %).
Im Gegensatz dazu konnten Untersuchungen zeigen, dass die nicht genähte Kapsulotomie ähnliche Ergebnisse wie der vollständige Kapselverschluss nach Kapsulotomie liefert. Domb et al. verglichen die 5-Jahres-Ergebnisse von Patienten, die sich einer Hüftarthroskopie mit Kapselnaht unterzogen, mit denen von Patienten ohne Kapselnaht. Ihre Studie ergab, dass Patienten eine signifikante kurzfristige Verbesserung aufweisen, unabhängig davon, ob die Kapsel genäht wurde. Beide Gruppen wiesen auch eine ähnliche Rate an Patienten auf, die die „minimal clinically important difference“ (MCID) und „patient acceptable symptomatic state“ (PASS) erreichten [10]. Auch Atzmon et al. konnten nach einem Follow-Up von durchschnittlich 3 Jahren keinen Unterschied zwischen Kapselverschluss und Kontrollgruppe finden. Die mittleren prä- und postoperativen HOS- und die mHHS Werte unterschieden sich zwischen den Gruppen nicht signifikant. Ebenso unterschied sich die Gesamtzufriedenheit der Patienten nicht signifikant zwischen den Gruppen [2]. Allerdings muss angemerkt werden, dass in Domb`s Studie Unterschiede bzgl. therapierter Pathologie vorlegen, so dass die Ergebnisse mit Vorsicht interpretiert werden sollten. Ganz aktuell berichten Filan et al. den Vergleich zwischen zwei Gruppen, die keinen Kapselverschluss bzw. eine routinemäßige Naht nach interportaler Kapsulotomie erhalten haben [14]. Der Nachuntersuchungszeitraum betrug in dieser Studie durchschnittlich 2 Jahre. Es konnte gezeigt werden, dass sich beide Gruppen signifikant in den PROMS verbesserten. Im Vergleich der Gruppen lag zum 2 Jahres-Follow-Up ein statistisch signifikanter Unterschied bzgl. des SF-36 und WOMACs zu Gunsten der Nicht-Naht-Gruppe vor, wobei sich keine klinische Relevanz zeigte (ein vergleichbarer Anteil beider Gruppen erreichte die MCID für SF-36 und WOMAC). Bezüglich der Notwendigkeit einer Revisions-Hüft-Arthroskopie lag die Rate in der Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen in der Naht-Gruppe signifikant niedriger (8,6 % vs. 3,9 %, p = 0.047). Diese Gruppe wird als hoch aktiv angesehen, so dass die Autoren für junge aktive Patienten eher eine routinemäßige Kapselnaht empfehlen. Zudem wiesen weibliche Patienten, die eine Kapselnaht erhielten, zum 2-Jahres-Follow-up signifikant geringere mHHS und WOMAC Werte auf als Frauen, deren Kapseln nicht genäht wurden.
Biomechanischer Effekt
der Kapselnaht
Die Hüfte wird ergänzend zur knöchernen Struktur von der umgebenden Muskulatur und den ligamentären Strukturen stabilisiert. Ein FAIS kann ein anteriores Impingement erzeugen, das zu einer posterioren Subluxation führen kann [21]. Obwohl neuere Studien gezeigt haben, dass durch eine gründliche Resektion der CAM-Morphologie ein knöchernes Impingement und eine eventuell resultierende posteriore Hüftinstabilität beseitigt werden kann, kann ein unvollständiges Kapselmanagement zu einer anhaltenden Makro- und Mikroinstabilität der Hüfte führen [7, 12].
Anhand von Kadavermodellen wurden in mehreren Studien die biomechanischen Eigenschaften des Hüftgelenks in Bezug auf die Kapsulotomie-Art und den Kapselverschluss analysiert. Abrams et al. untersuchten die Auswirkung verschiedener Kapsulotomie-Arten und Kapselverschlüssen auf die Außenrotation. Die Ergebnisse zeigten, dass die T-Kapsulotomie im Vergleich zur interportalen Kapsulotomie zu einer erhöhten Außenrotation führt. Darüber hinaus konnte ein vollständiger Verschluss der T-Kapsulotomie den Zustand einer nativen Hüftkapsel wieder herstellen [1]. Myers et al. untersuchten die Auswirkung einer Kapsulotomie auf die Hüfttranslation. Die Autoren zeigten, dass die Kapsel eine wichtige Rolle für die Stabilität des Gelenks spielt, indem sie eine erhöhte anteriore Translation nach einer Durchtrennung des iliofemoralen Ligaments mit anschließender Wiederherstellung der Translation nach erfolgter Naht zeigten [26]. Zuletzt konnten Khair et al. in ähnlicher Weise die Auswirkungen der Kapsulotomie und der Kapselnaht auf die Hüftdistraktion zeigen. Sie kamen zu dem Schluss, dass die für die Hüftdistraktion erforderliche Kraft dosisabhängig mit zunehmender Größe der Kapsulotomie reduziert wird und der vollständige Kapselverschluss die biomechanischen Eigenschaften wiederherstellt [20].
In den letzten Jahren wurde zunehmend eine Plikatur der Kapsel zur Therapie der Mikroinstabilität durchgeführt [38]. Waterman et al. quantifizierten intraartikuläre Hüft-Volumina in Bezug auf intakte Kapseln, Kapselplikatur bei T-Kapsulotomie und Kapselraffung bei interportalen Kapsulotomien. Die Autoren zeigten, dass die Kapselplikatur und die Kapselraffung im Vergleich zur intakten Hüfte zu einer statistisch signifikanten Reduktion des intraartikulären Volumens führten [43].
Schlussfolgerung
Wissenschaftliche Arbeiten der letzten Jahre haben sich auf das Verständnis der Hüftmechanik und der Kapselfunktion nach hüftgelenkerhaltender Chirurgie konzentriert, wobei grundlegende Kapseleigenschaften im Zusammenhang mit möglicher Instabilität hervorgehoben wurden. In der gelenkerhaltenden Hüftchirurgie besteht derzeit eine kontroverse Diskussion, ob die Hüftkapsel nach Kapsulotomie genäht werden soll oder nicht [1, 8–10, 15, 23, 24, 30, 35, 39]. Arthroskopische und Kadaverstudien zeigten, dass die Hüftgelenkstabilität durch Kapsulotomien negativ beeinflusst wird [24]. Die Entscheidung zur Kapselnaht sollte jedoch keine einfache Ja-oder-Nein-Entscheidung sein, da derzeit kein allgemeiner Konsens besteht. Auch wenn die nicht genähte Kapsel mit schlechteren Ergebnissen in Verbindung gebracht wurde [10, 32], sollten dennoch mehrere Faktoren berücksichtigt werden: Länge und Lage der Kapsulotomie, Knochenmorphologie, zugrundeliegende Pathologie und Ausmaß der Korrektur sowie die native Gelenkbeweglichkeit [9, 28]. Anhand der derzeitigen Studienlage sollte bei jungen und aktiven Patienten eher zur Kapselnaht tendiert werden, da für diese Patientengruppe eine signifikant geringere Revisionsrate gezeigt werden konnte. Bei älteren Patienten mit besonders steifen Hüften oder mäßiger Arthrose könnte jedoch auf einen Kapselverschluss verzichtet werden [1]. Weibliche Patienten scheinen zudem weniger von einer Kapselnaht zu profitieren [14].
Interessenkonflikte:
keine angegeben
Das Literaturverzeichnis zu
diesem Beitrag finden Sie auf: www.online-oup.de
Korrespondenzadresse
Dr. Alexander Zimmerer
ARCUS Kliniken
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