Übersichtsarbeiten - OUP 02/2014
Möglichkeiten mit Hybridinstrumentierungen an der lumbalen Wirbelsäule
Um die Indikationstellung zur Versorgung mittels Topping-off zu vereinfachen, können objektive Parameter herangezogen werden. Diese lassen sich anhand radiologischer Parameter klassifizieren.
Pfirrmann-Klassifikation
S. Abbildung 1
Fujiwara-Klassifikation
Beurteilung der Facettengelenksarthose im MRT. Die Facettengelenksarthrose sollte noch nicht maximal ausgeprägt sein, da dann eher die Indikation zur Fusion besteht. (bis Typ II, s. Tab. 2)
Grundsätzlich existieren folgende Indikationsmöglichkeiten:
- Primäre Versorgung: im Rahmen einer Spondylodese erfolgt die primäre Implantation eines Hybridimplantates zur Reduktion des Risikos einer ASD (Abb. 2).
- Ist es nach einer Spondylodese im Verlauf bereits zu einer ASDi gekommen, besteht die Möglichkeit einer Verlängerung der Fusion und zusätzlichen Hybridinstrumentierung nach kranial zur Verhinderung einer erneuten Anschlussdegeneration (Abb. 3).
- Nach Fusion und kompletter Laminektomie und der damit verbundenen Resektion des Längsbandes zur Rekonstruktion der Zuggurtung nach cranial oder bei Verletzung der kranialen Facettengelenke.
Komplikationen
Im eigenen Patientenkollektiv sind in Verbindung mit Hybridinstrumentierungen bereits folgende Komplikationen aufgetreten.
- ASDi im flexibel instrumentierten Segment und cranial des flexiblen Implantats,
- Implantatversagen (z. B. Federbruch),
- Lotverfall im sagittalen Profil.
Diskussion
Um die Diskussion über PDS-Implantate zu vereinfachen, klassifizierten Khoueir et al. diese in folgende Gruppen [12]:
- 1. Interspinöse Spacer,
- 2. Pedikelschrauben-Stabsysteme,
- 3. Totale Facettengelenksersatz-Systeme.
Das Konzept beinhaltet Erhaltung und Wiederherstellung von intervertebraler Bewegung in kontrollierter Weise, entweder durch Restriktion von extremen Bewegungen oder durch Begrenzung der kinetischen Energie, die in der Bewegung mitwirkt. Das Ziel der Implantate ist es, die Wirkweise der gesunden Wirbelsäule zu imitieren [12, 13]. Die Industrie entwickelte verschiedene Typen von flexiblen Pedikelschrauben-Stabsystemen (z.B. Surgicraft`s Graf ligament, Bioflex`s Spring rod Dynesys, AccuFlex, Medtronic`s Peek rod, Isobar) und “Topping off”- Systemen (z.B. DSS, DTO, Fusion/Coflex, TangoRS/Topping off CosmicMIA). Es wurde berichtet, dass “Topping off” eine dynamische Stabilisierung erreichen kann, die zu einer Reduktion der Degeneration im Anschlusssegment führt [14, 15]. Maserati et al. untersuchten das DTO retrospektiv und beurteilten das System als hoffnungsvolle Alternative für eine Multilevel-Fusion mit potenzieller Möglichkeit, eine Anschlussdegeneration zu verhindern [16]. Eine andere Arbeitsgruppe publizierte Ergebnisse von über 60 Patienten, die zur Hälfte mit einer Fusionsoperation und zusätzlicher dynamischer Fixierung im angrenzenden Segment versorgt wurden. Sie fanden im 6-Jahres-FU keinen Unterschied bei den versorgten Gruppen in den klinischen Scores (ODI, VAS, satisfaction). Sie empfehlen die prophylaktische dynamische Stabilisierung nicht. Es wurde bei der dynamischen Fixierung eine geringere Progression der Degeneration im Anschlusssegment beobachtet, die mit einer höheren Rate an Implantatversagen erkauft wurde. Der klinische Unterschied in den Gruppen war nicht signifikant [17].
Insgesamt existiert bisher weder eine gute Evidenz für die Erfolge von PDS, noch für eine daraus resultierende Arbeitsfähigkeit oder Kosteneffektivität durch solche Eingriffe [18, 12].
Bis 2005 existierten nur 31 RCTs über allen Formen der chirurgischen Behandlung für Degenerationen an der lumbalen Lendenwirbelsäule. Diese variierten in Qualität deutlich [18]. Neue Hybridsysteme mögen die klinischen Ergebnisse nach lumbaler Fusion verbessern. Bis jetzt existieren keine belastbaren Daten zur Sicherheit und Effektivität der Implantate. Zurzeit wird die Wirksamkeit und Sicherheit der Implantate in klinischen Studien überprüft. Dies scheint auch in Anbetracht der angegebenen Komplikationen eine wichtige Vorgehensweise zu sein.
Interessenkonflikt: Die Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors bestehen.
Korrespondenzadresse
Birte Wenk
Klinik und Poliklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie Uniklinik Köln
Kerpener Straße 62
50937 Köln
birte.wenk@uk-koeln.de
Literatur
1. Schmidt CO, Raspe H, Pfingsten M et al. Back pain in the German adult population: prevalence, severity, and sociodemographic correlates in a multiregional survey. Spine 2007; 32: 2005–11
2. www.patientenleitlinien.de (Universität Witten/Herdecke)
3. Statistisches Bundesamt, Wirbelsäulenoperationen in Deutschland 2012 (Daten auf Anfrage)
4. Cheh G, Bridwell KH, Lenke LG et al. Adjacent segment disease followinglumbar/thoracolumbar fusion with pedicle screw instrumentation: a minimum 5-year follow-up. Spine 2007; 32: 2253–7
5. www.conventus.de/dwg2012/
6. Bono CM, Vaccaro AR. Interspinous process devices in the lumbar spine. J Spinal Disord 2007; 20: 255–61
7. Siewe J, Otto C, Knoell P et al. Comparison of standard fusion with a “topping off” system in lumbar spine surgery: a protocol for a randomized controlled trial. BMC Musculoskelet Disord. 2011; 12: 239
8. Aota Y, Kumano K, Hirabayashi S. Postfusion instability at the adjacent segments after rigid pedicle screw fixation for degenerative lumbar spinal disorders. J Spinal Disord 1995; 8: 464–73
9. Yang JY, Lee JK, Song HS. The impact of adjacent segment degeneration on the clinical outcome after lumbar spinal fusion. Spine 2008; 33: 503–507
10. Kumar MN, Jacquot F, Hall H. Long term follow-up of functional outcomes and radiographic changes at adjacent levels following lumbar spine fusion for degenerative disc disease. Eur Spine J 2001; 10: 309–13
11. Okuda S, Iwasaki M, Miyauchi A et al. Risk factors for adjacent segment degeneration after PLIF. Spine 2004; 29: 1535–40
12. Khoueir P, M.SC., F.R.C.S.C, et al. Classification of posterior dynamic stabilization devices. Neurosurg Focus 2007; 22: E3