Informationen aus der Gesellschaft - OUP 04/2015
Orthopäden und Unfallchirurgen lehnen eigenständigen Beruf des Osteopathen ab
Die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (DGOU), die Deutsche Gesellschaft für Manuelle Medizin e.V. (DGMM) und der Berufsverband der Orthopäden und Unfallchirurgen (BVOU) lehnen den eigenständigen Beruf des Osteopathen ab und halten fest, dass es in Deutschland eine gute und flächendeckende osteopathische Versorgung durch Ärzte und Physiotherapeuten gibt. Die Orthopäden und Unfallchirurgen sprechen sich ausdrücklich gegen die vom Verband der Osteopathen e.V. geforderte Einführung eines nichtärztlichen Osteopathen aus, der ohne umfassende medizinische Ausbildung direkten Zugang zum Patienten erhält. „Osteopathische Verfahren sind nur durch die ärztliche Diagnose und Therapie unter Berücksichtigung der Kontraindikationen für den Patienten transparent und vor allem sicher“, sagt Professor Bernd Kladny, Generalsekretär der DGOU.
Osteopathie ist Teil der Manuellen Medizin. Sie ist bei vielen von Schmerzen begleiteten Funktionsstörungen und Erkrankungen, insbesondere am Bewegungsorgan, etwa bei Knie-, Schulter- und Rückenschmerzen, eine wirksame Alternative bzw. Ergänzung zu einer medikamentösen Behandlung oder zu operativen Eingriffen.
In Deutschland sind Ärzte zu osteopathischen Diagnose- und Therapieverfahren befähigt, nachdem sie die Zusatzweiterbildung „Manuelle Medizin/Chirotherapie“ und zusätzliche Fortbildungen absolviert haben. Darüber hinaus hat der Arzt die Möglichkeit, ausgewählte osteopathische Verfahren nach ärztlicher Diagnose und Ausschluss von Kontraindikationen an einen in Osteopathie ausgebildeten Physiotherapeuten zu delegieren. Die umfassende Kontrolle des Therapieverlaufs obliegt jedoch dem Arzt.
„Dieses fundierte System ärztlicher und physiotherapeutischer Profession im Rahmen osteopathischer Behandlungen ist sehr bewährt und fußt auf einer leitliniengerechten ganzheitlichen Betrachtung des Patienten und einer durch die Bundesärztekammer strukturierten Fortbildung für Ärzte unter Einbeziehung wissenschaftlicher Bewertung und Qualitätssicherung“, sagt Dr. Matthias Psczolla, Präsident der DGMM.
Kein anderes Land hat so viele in „Manueller Medizin/Osteopathie“ weiter- und fortgebildete Fachärztinnen und Fachärzte1 wie Deutschland. „Ein neuer osteopathischer Beruf ist daher überflüssig und würde der Patientensicherheit und Behandlungsqualität schaden. Zudem bietet er Raum für die Ausweitung nichtärztlicher Heilberufe mit direktem Zugang zum Patienten bei zum Teil unklaren Ausbildungsinhalten“, sagt Psczolla. Es gibt in Deutschland Schulen und Fachhochschulen, die zunehmend auch weitestgehend medizinische Laien in Curricula zwischen 300 und 5.000 Stunden zum „Osteopathen“ ausbilden. „Das ist eine Zeitspanne, die gegen einen professionell gesicherten Berufsstand spricht“, sagt Psczolla.
Orthopäden und Unfallchirurgen kritisieren auch die von den Krankenkassen gemachten Fehlanreize in diesem Bereich. Seit 2013 wurden Medienberichten zufolge neben dem gedeckelten Budget für Ärzte jährlich ca. 130 Millionen Euro für osteopathische Leistungen bezahlt. Dabei wurden jährlich an teils unqualifizierte Therapeuten bis zu 360 Euro Behandlungskosten pro Patient erstattet2 . Im Vergleich: Diese Summe entspricht in etwa der doppelten bis dreifachen Summe, die Vertragsärzte der Krankenkassen für die Behandlung des Bewegungssystems pro Jahr erhalten, einschließlich der qualitätsgesicherten Anwendung Manueller Medizin/Chirotherapie. Während über den Gesundheitsfond immer weniger Geld für die osteopathischen Zusatzleistungen zur Verfügung steht und die Krankenkassen die Bezahlung daher immer weiter einschränken, fordert der Patient sein Gewohnheitsrecht. „Wir warnen ausdrücklich davor, diesen politischen Fehler der Krankenkassen weiterzuführen, denn speziell die niedergelassenen Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie bieten ihren Patienten ein umfassendes Leistungsspektrum in Manueller Medizin an – auch in osteopathischen Verfahren“, sagt Dr. Johannes Flechtenmacher, Präsident des BVOU.
Weitere Informationen:
Positionspapier zur „Osteopathie“ in Deutschland von der Deutschen Gesellschaft für Manuelle Medizin e.V. (DGMM) vom 6. Januar 2015
Offener Brief zum Thema „Osteopathie“ von der Deutschen Gesellschaft für Manuelle Medizin e.V. (DGMM) vom 22.02.2013
www.dgou.de
www.dgmm.de
www.bvou.net
Kontakt für Rückfragen:
Susanne Herda
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) e.V.
Straße des 17. Juni 106–108, 10623 Berlin
Telefon: 030 340 60 36-06 oder -00
E-Mail: presse@dgou.de
Fussnoten
1 bezogen auf die Bevölkerungsanzahl
2 Quelle: „Kassenausgaben für Osteopathie explodieren“ vom 11.06.2014, http://www.ndr.de/info/sendungen/reportagen/Kassenausgaben-fuer-Osteopathie-explodieren,osteopathie118.html
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