Übersichtsarbeiten - OUP 12/2016

Plantarfasziitis und der plantare Fersenschmerz – Diagnose und Therapie

Durch die Dorsalextension des OSG und der Großzehe wird eine Vordehnung der Aponeurose erzielt. Konfektionierte Nachtschienen können dadurch zu einer Linderung des Anlaufschmerzes am Morgen in der akuten Phase der Plantarfasziitis beitragen [20]. Die Akzeptanz und Compliance dieser Orthesenversorgung ist jedoch aufgrund des eingeschränkten Tragekomforts gering.

Antiphlogistische Therapie

Entzündungshemmende Substanzen können oral, transdermal oder als lokale Injektion verabreicht werden. Die alleinige Einnahme von nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) führt zu keiner relevanten Beschwerdelinderung und kann ergänzend angewendet werden. Die transdermale Verwendung (Salben, u.a.) zeigt keine Wirksamkeit.

Lokale Kortisoninjektionen mit oder ohne Lokalanästhetika werden von Orthopäden und Hausärzten häufig durchgeführt. Sie bewirken in der (Sub-)Akutphase der Plantarfasziitis oftmals eine signifikante Linderung der Schmerzen. Der schmerzlindernde Effekt kann bis zu 3–6 Monate anhalten, mittel- und langfristig sind jedoch keine positiven Auswirkungen auf den weiteren Krankheits- und Beschwerdeverlauf zu erwarten. Eine suprafasziale Injektion von medial erscheint dabei hinsichtlich Effektivität und Komplikationen am günstigsten. Subfasziale Injektionen bergen die Gefahr einer Atrophie des Fettpolsters, intrafasziale Injektionen werden teilweise als sehr schmerzhaft empfunden und können die Entstehung einer Ruptur begünstigen [21]. Die Injektion kann ultraschallgeführt oder manuell-palpatorisch erfolgen [22], wobei hinsichtlich der Effektivität kein Vorteil der ultraschallgeführten Injektion nachgewiesen wurde.

Extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT)

Die ESWT soll durch fokussierte Schallwellen eine mechanische Reizung der Plantaraponeurose am kalkanearen Ursprung bewirken. Diese Reizung führt zu Mikrorissen und einer reaktiven Hyperämie, Neovaskularisation sowie mediatorinduzierten Reparationsvorgängen [23, 24]. Der positive Effekt bei chronischer Plantarfasziitis konnte für verschiedene Therapieprotokolle hinsichtlich Applikationsform (hoch- vs. niederenergetisch), Dauer, Intensität und Frequenz bestätigt werden. Ein einheitliches oder überlegenes Behandlungsschema existiert nicht. Die ESWT ist nach Ausreizung der konservativen Therapiemaßnahmen vor der Durchführung eines operativen Procedere zu empfehlen. Sie scheint für die Therapie der chronischen Plantarfasziitis, unabhängig vom gewählten Behandlungsschema, eine sichere und effektive Behandlungsmethode darzustellen [25, 26, 27]. Trotz der guten Studienlage und hoher Evidenz findet eine Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen derzeit nicht statt.

Injektionen

Eine zunehmende Anzahl von wissenschaftlichen Arbeiten konnte eine Schmerzreduktion und Funktionsverbesserung durch die Injektion von Botolinum Toxin A (Botox) und thrombozytenreichem Plasma (PRP) nachweisen [28, 29]. Die Wertigkeit der Arbeiten hinsichtlich Studiendesign, Evidenzlevel, Anzahl der Patienten und Zeitraum des Follow-ups sind jedoch gering, sodass eine allgemeine Empfehlung zurzeit nicht ausgesprochen werden kann.

Physikalische Therapie

Zahlreiche physikalische Therapiemaßnahmen, wie die physiotherapeutische Behandlung, manuelle Therapie, Kälte- und Wärmeanwendungen, Elektrotherapie u.a. können ergänzend bei akuten und chronischen Beschwerden der Plantarfasziitis durchgeführt werden. Die Effektivität einer alleinigen Therapie oder die Überlegenheit eines Therapieverfahrens sind nicht nachgewiesen.

In der Literatur werden zahlreiche weitere physikalische und nicht-physikalische Behandlungsformen beschrieben (Akupunktur, Ruhigstellung, Needling, u.a), die aufgrund untergeordneter Evidenz oder Relevanz in diesem Rahmen nicht weiter erörtert werden können.

Operative Therapie

Mit einer Ausheilungsrate von über 90 % durch die konservative Therapie ist nur bei einem geringen Anteil der chronischen Verläufe der Plantarfasziitis eine operative Versorgung erforderlich. Eine Operation sollte nach frühestens (6–) 12 Monaten und Ausreizung bzw. Eskalation der konservativen Behandlungsmöglichkeiten erwogen werden. Es wird zwischen offenen und endoskopischen/perkutanen Techniken unterschieden [30, 31]. Letztere sollen aufgrund ihrer geringen Zugangsmorbidität weichteilschonender sein und damit eine schnellere Regeneration ermöglichen. Nachteilig ist jedoch, dass mit den endoskopischen oder perkutanen Techniken lediglich eine Fasziotomie durchgeführt werden kann. Die offene Plantarfaszienkerbung ermöglicht hingegen eine zusätzliche Dekompression des N. plantaris lateralis und eine Spornabtragung in selber Prozedur. Auch wenn ursächlich kein Zusammenhang zwischen Kalkaneussporn und Fasziitis zu bestehen scheint, so ist der psychologische Effekt der Spornabtragung nicht zu unterschätzen.

Interessenkonflikte: D. Arbab, B. Bouillon und C. Lüring geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.

Korrespondenzadresse

Dariusch Arbab

Orthopädische Klinik

Klinikum Dortmund

Beurhausstr. 40

44137 Dortmund

darbab@gmx.de

Literatur

1. Cornwall MW, McPoil TG: Plantar fasciitis: etiology and treatment. J Orthop Sports Phys Ther 1999; 29: 756–60

2. Buchbinder R: Clinical practice.Plantar fasciitis. N Engl J Med. 2004;350:2159–66

3. Irving DB, Cook JL, Menz HB: Factors associated with chronic plantar heel pain: a systematic review. J Sci Med Sport 2006;9: 11–22

4. Hicks JH: The mechanics of the foot: II. The plantar aponeurosis and the arch. J. Anat. 1954; 88: 25–30

5. Cheung JT, Zhang M, An KN: Effect of Achilles tendon loading on plantar fascia tension in the standing foot. ClinBiomech 2006; 21: 194–203

6. Rome K: Anthropometric and biomechanical risk factors in the development of plantar heel pain – a review of the literature. Phys Ther Rev 1997; 2: 123–34

7. Riddle DL, Pulisic M, Pidcoe P et al.: Risk factors for plantar fasciitis: a matched case-control study. J Bone Joint Surg Am 2003; 85: 872–7

8. Rano JA, Fallat LM, Savoy-Moore RT: Correlation of heel pain with body mass index and other characteristics of heel pain. J Foot Ankle Surg 2001; 40: 351–6

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