Übersichtsarbeiten - OUP 01/2019
Thermoablation der FacettengelenkeBehandlung von chronischen Schmerzen der Chronifizierungsstadien II und III
Thomas Fett, Ingo Haase, Günter Baumgärtner
Zusammenfassung:
Zur Beantwortung der Frage nach der Nachhaltigkeit des Behandlungserfolgs einer radiofrequenzgenerierten Thermoablation (Neurotomie) am sogenannten Medial Branch der Facettengelenke L4/5 und L5/S1 wurde ein Kollektiv von 65 Patienten untersucht. Im Rahmen einer Verlaufsbeobachtung mit 4 Messzeitpunkten erfolgte eine schriftliche Befragung auf der Basis etablierter Instrumente. Die mittels NRS erfasste Schmerzstärke reduzierte sich signifikant von 6,0 auf 3,5
(3 Monate) und 3,8 (6 und 12 Monate). Ebenso waren eine deutliche Abnahme der körperlichen und psychosozialen Beeinträchtigung sowie ein Zuwachs der körperlichen Funktionskapazität zu verzeichnen. Der mittel- bis langfristige Effekt der thermoablativen Neurotomie des Medial
Branch konnte auch in einem sehr komplexen Patientenfeld mit länger persistierenden Schmerzen bestätigt werden.
Schlüsselwörter:
chronischer Rückenschmerz, Neurotomie, Langzeitverlauf, Facettengelenke
Zitierweise:
Fett T, Haase I, Baumgärtner G: Thermoablation der Facettengelenke. Behandlung
von chronischen Schmerzen der Chronifizierungsstadien II und III. OUP 2019; 8: 043–047
DOI 10.3238/oup.2019.0043–0047
Summary: The intention of this study was to evaluate the medium and long term effects of the therapy of the medial branch of the facet joint L4/5 and L5/S1 using a radio-frequency generated thermal ablation (neurotomy). We examined 65 patients with chronic back pain of higher stages of chronification, admitted to nonsurgical interventional therapy in a German clinic. Treatment outcomes were assessed at 3, 6 and 12 months follow-up using established questionnaires. The median of the experienced pain determined via NRS decreased significantly from 6.0 to 3.5 (3 months) and 3.8 (6 and 12 months). Similarly, a clear reduction of physical and psycho-social impairment and an increase in physical functionality could be observed. The medium and long-term effects of the thermal ablation of the medial branch could also be confirmed for a very complex field of patients with persistent pain.
Keywords: chronic back pain, neurotomy, long-term follow-up, facet joint
Citation: Fett T, Haase I, Baumgärtner G: Thermal ablation of the facet joints. Treatment of chronic pain of the chronification stages II and III. OUP 2019; 8: 043–047 DOI 10.3238/oup.2019.0043–0047
Thomas Fett: m&i-Fachklinik Ichenhausen, Abteilung Orthopädie/Schmerztherapie, Günter Baumgärtner: m&i-Fachklinik Ichenhausen, Abteilung Orthopädie/Unfallchirurgie, Ingo Haase : m&i-Klinikgruppe Enzensberg, Abteilung Forschung/Entwicklung/Qualitätssicherung
Hintergrund
und Fragestellung
Arthrotische Zustände des Facettengelenks finden sich einer epidemiologischen Untersuchung zufolge bei 60 % der Männer und 67 % der Frauen als Ursache eines lokalen oder pseudoradikulären LWS-Schmerzes [11]. Gegenwärtig wird davon ausgegangen, dass die lumbalen Facettengelenke bzw. ein Facettengelenksyndrom in 10–41 % der Fälle primär ursächlich für chronische Kreuzschmerzen sind [4]. Sichere klinische Tests zum Nachweis eines Facettensyndroms fehlen jedoch bis heute [9]. Daher hat sich die bildwandlergestützte Testinfiltration der am häufigsten betroffenen Segmente (LWK 4/LWK 5) durchgesetzt [4, 24]. Die Behandlung identifizierter Facettengelenksyndrome mit Thermoablation bzw. Radiofrequenztherapie hat zum Ziel, das betreffende Wirbelgelenk zu denervieren und dadurch eine längerfristige Schmerzfreiheit zu bewirken. Die Methodik der Neurotomie des segmentalen Medial Branch wird seit über 40 Jahren beschrieben und ist in ihrer Wirksamkeit hinsichtlich der Schmerzreduktion über mittlere bis lange Zeitintervalle bestätigt worden [2–4, 17].
Ziel dieser Studie war es, über die erwartete Schmerzreduktion hinaus Hinweise zu bekommen auf die mittelfristigen Effekte der Facettengelenkinterventionen bei Patienten mit chronischen Rückenschmerzen hinsichtlich der körperlichen und psychischen Beeinträchtigungen sowie der Verbesserung der Funktionskapazität. Ferner war die Veränderung der Arbeitsfähigkeit von Interesse und die Frage, ob die Patienten im Nachbeobachtungszeitraum aufgrund wiederkehrender oder persistierender Kreuzschmerzen operativ behandelt wurden.
Methodik
Studiendesign
Die Studie war als Verlaufsbeobachtung über 4 Messzeitpunkte angelegt: bei Aufnahme sowie 3, 6 und 12 Monate nach Entlassung.
Patientenkollektiv
Es wurden alle zwischen Januar 2016 und Februar 2017 erstmals in der akut-orthopädischen Abteilung einer bayerischen Fachklinik stationär aufgenommenen Patienten mit chronischen Schmerzen an der LWS (Chronifizierungsstadium II oder III nach Gerbershagen [7]), bei denen eine Facettengelenksymptomatik vorhanden war, auf Eignung für die Studienteilnahme geprüft. Zur Facettengelenksymptomatik der LWS wurden eine lokale oder pseudoradikuläre Schmerzsymptomatik, ein lokaler Druckschmerz an den entsprechenden Facettengelenken und ein Schmerz bei längerem Sitzen oder Stehen gezählt. Typisch ist ein morgendlicher Anlaufschmerz. Sich zu bewegen wird als positiv empfunden.
Bei diesen Patienten wurde ein Testblock der Rr. mediales (Medial Branch) der beiden kaudalen Segmente der betroffenen Seite durchgeführt. Verwendet wurde für jeden Medial Branch 2 ml Mecain 1 %. Die entsprechende Bildgebung erfolgte mittels C-Bogen im p.a.-Strahlengang in schräger Position („Scotty Dog“). Kam es bei dem getesteten Patienten im Verlauf der nächsten 24 Stunden zu einer mindestens 50 %igen Schmerzreduktion (NRS-basierte Verlaufsdokumentation), wurde der Test als positiv gewertet und der Patient in die Studie aufgenommen.
Ausgeschlossen wurden Patienten mit nicht spezifischen Rückenschmerzen, Demenz und entzündlichen Hautveränderungen im Infiltrationsgebiet sowie einige wenige Patienten, bei denen aufgrund der Adipositas keine ausreichende Bildgebung mehr möglich war. Es handelte sich hierbei fast ausschließlich um Patienten mit einem Gewicht von mehr als 150 kg. Von den Auswertungen der Nachbefragungen ausgeschlossen wurden darüber hinaus Befragte, die eine zwischenzeitlich erfolgte Wirbelsäulen-/Rücken-OP angegeben hatten, da in diesem Fall ein neuer Verlauf beginnt, der kaum noch auf die Facettengelenkinjektion zurückgeführt werden kann.
Behandlung/Intervention
Im Rahmen des stationären Aufenthalts erfolgte die bildwandlergestützte Thermoablation der zuvor getesteten Gelenke. Hierzu wurde ein radiofrequenzbasierter Generator des Herstellers Bayliss genutzt, in der Einstellung 80 °C über 75 sec. Die Sonde wurde hierbei über eine 20-G-Spezialnadel platziert.
Instrumente
Zum Einsatz kamen schriftliche Patientenbefragungen auf der Basis wissenschaftlich etablierter Fragebögen:
- Schmerzstärke: Erfassung mittels gängiger 11-stufiger numerischer Ratingskalen (NRS) [z.B. 18] mit den Endpunkten 0 (keine Schmerzen) und 10 (stärkster vorstellbarer Schmerz). Erfragt wurde der momentane sowie der größte, geringste und durchschnittliche Schmerz [10, 18, 23] während der letzten 7 Tage. Die individuelle Schmerzstärke wurde als Mittelwert aus diesen 4 Angaben berechnet.
- Funktionskapazität: körperliche Funktionskapazität, gemäß dem Funktionsfragebogen Hannover Rücken (FFbH-R) [14], dessen Werte von 0–100 (maximale Funktionskapazität) reichen können.
- Beeinträchtigung: Die Beeinträchtigung durch die Schmerzen beinhaltet die Dimensionen alltägliche Aktivitäten (3 Items) sowie Psychosoziales (4 Items) und wurde ebenfalls mit 11-stufigen numerischen Ratingskalen mit den Endpunkten 0 (keine Beeinträchtigung) und 10 (stärkste Beeinträchtigung) erfasst [23].
Darüber hinaus wurden der globale Behandlungserfolg, der Erwerbsstatus, die Arbeitsfähigkeit und die Inanspruchnahme weiterer stationärer Versorgungsleistungen standardisiert erfragt.
Auswertung
Die Auswertungen erfolgten mit dem statistischen Programmpaket SPSS 21. Zunächst wurde mittels Histogramm mit Normalverteilungskurve auf Normalverteilung geprüft. Im Zentrum der statistischen Auswertung standen deskriptive Statistiken und Unterschiedstests für abhängige Stichproben. Aufgrund weitgehend fehlender Normalverteilung der Zielvariablen basiert die deskriptive Statistik auf Median sowie Interquartilsabstand (IQR). Als Testverfahren wurde hierbei der Wilcoxon-Test für abhängige Stichproben verwendet. Zur Vermeidung falsch positiver Ergebnisse aufgrund multiplen Testens wurde das Gesamtsignifikanzniveau von ? = 0,05 nach der Bonferroni-Methode auf ? = 0,00556 adjustiert und die vorgefundenen p-Werte mit der adjustierten Schranke verglichen. Um auch die klinische Relevanz beurteilen zu können, wurden zusätzlich Effektstärken für Mediane berechnet (r = z/? n) [16, 25]. Ein Wert von r > 0,5 gilt hier als starker Effekt [1, 16].
Fehlende Werte, die beim Messzeitpunkt nach einem Jahr auftraten (21 Drop-outs), wurden durch die jeweils vorangegangenen Werte ersetzt (Last Observation Carried Forward, kurz LOCF). Diese Methode schien geeignet, da die vorhandenen Daten über die 3 Follow-up-Messzeitpunkte hinweg kaum Veränderungen zeigten.
Die Abbildungen zeigen Lage und Streuung der interessierenden Messgrößen als Boxplots, wobei die Box den Bereich der mittleren 50 % der Werte darstellt. Der Median wird durch den schwarzen Strich in der Box angezeigt. Die Striche über und unter der Box (Antennen, Whisker) geben den größten und kleinsten Wert an, der nicht als Ausreißer gilt. Ausreißer sind hier Werte, die zwischen 1,5 und 3 Boxlängen außerhalb der Box liegen. Sie sind als kleine Kreise dargestellt.
Ergebnisse
Beschreibung
des Patientenkollektivs
Für die Auswertungen konnten weitgehend vollständige Datensätze von 65 Patienten herangezogen werden. Das Durchschnittsalter der Patienten betrug im Mittel 54 Jahre, Frauen waren mit einem Anteil von 57 % häufiger vertreten als Männer (Tab. 1). Der Body-Mass-Index (BMI) betrug bei den Männern im Durchschnitt 28,6 bei einer Standardabweichung von 3,9 und bei den Frauen 29,6 (SD = 7,2).
Den Patienten des Studienkollektivs wurde in der Regel die ICD-10-Diagnose M51.1 (lumbale und sonstige Bandscheibenschäden mit Radikulopathie) zugewiesen.
59 % wiesen mit Grad 3 den höchsten Schweregrad auf, der nach Kohlmann und Raspe [13] als Kombination aus Schmerzintensität und Funktionseinschränkung definiert ist. Weitere 31 % entfallen auf Grad 2.
Mittelfristiger Verlauf
nach Thermoablation
Die Schmerzstärke verringerte sich im Median von 6,0 (IQR = 2,6) am Beginn der Behandlung auf 3,5 Punkte (IQR = 3,8) nach 3 Monaten und 3,8 Punkte nach 6 und 12 Monaten (IQR = 3,4 bzw. 4,0; Abb. 1). Dies entspricht zu allen Nachbeobachtungszeitpunkten einem signifikanten Ergebnis (p < 0,001) und einem großen Effekt (Effektstärken ab 0,7; Tab. 2). Die durchschnittliche prozentuale Schmerzreduktion lag nach 3 Monaten bei 42 %, nach 6 Monaten bei 37 % und nach 12 Monaten bei 36 %. Bei 65 % der Patienten gelang eine bei chronischen Schmerzpatienten als klinisch bedeutsam geltende Verringerung der Schmerzen um mindestens 30 % [5, 6, 20] zum Zeitpunkt nach 3 Monaten. Nach 6 Monaten verzeichneten 55 % ein klinisch relevantes Behandlungsergebnis, nach 12 Monaten 53 %.
Ebenfalls signifikant verringerten sich die körperlichen und psychosozialen Beeinträchtigungen durch die Schmerzen, während sich die Funktionskapazität signifikant verbesserte (Abb. 2, 3). Die ergänzend berechneten Effektstärken (Tab. 2) liegen für die Zielgrößen sowohl nach 3 als auch nach 6 und 12 Monaten zwischen r = 0,56 und r = 0,73 und weisen damit auf große Effekte der Behandlung hin, wobei die Werte nach 6 und 12 Monaten etwas geringer ausfallen als beim jeweils vorherigen Messzeitpunkt.
Ein Patient musste innerhalb der ersten 6 Monate nach Entlassung wegen Rückenschmerzen operiert werden (3-mal fehlten entsprechende Angaben), dieser und 3 weitere Patienten wurden im 2. Halbjahr nach Ende der nicht operativen Behandlung erneut bzw. erstmals operiert (21 fehlende Angaben). Von 37 bei Studienbeginn in Voll- oder Teilzeit erwerbstätigen Patienten waren nach einem Jahr noch 28 (76 %) erwerbstätig und arbeitsfähig. Ein Patient gab zum letzten Messzeitpunkt Arbeitsunfähigkeit an, 2 waren in die Arbeitslosigkeit gerutscht, 2 in die Altersrente, und in 4 Fällen blieb der Erwerbsstatus unklar. Der Anteil der wegen Rückenschmerzen arbeitsunfähigen Patienten sank von 41 % (von 37 erwerbstätigen Patienten) vor der Behandlung auf 15 % nach 3 Monaten, 10 % (3 Fälle) nach 6 Monaten und 5 % (ein Fall) nach einem Jahr.
Diskussion
Die vorliegende Studie wurde als wissenschaftliche Begleitung eines neuen Behandlungsangebots einer gemischten Einrichtung prospektiv geplant und longitudinal beobachtend durchgeführt. Es wurden konsekutiv über einen Zeitraum von 14 Monaten alle Patienten in die Studie eingeschlossen, die in diesem Zeitraum aufgrund einseitiger pseudoradikulärer Rückenschmerzen spezifischer Ursache mit Thermoablation am Facettengelenk behandelt wurden. Eine wesentliche Limitation ist neben dem nur beobachtenden Studiendesign der monozentrische Ansatz der Studie. Die Stichprobe der vorliegenden Untersuchung kann nicht als repräsentativ erachtet werden. Eine weitere Einschränkung kann im Drop-out beim letzten Messzeitpunkt gesehen werden. In der Befragung nach 12 Monaten hat ca. ein Drittel der Befragten den Fragebogen nicht beantwortet. Die fehlenden Daten wurden nach der LOCF-Methode ersetzt. Diese nicht unumstrittene Methode schien im vorliegenden Fall geeignet zu sein, weil die vorhandenen Daten im Verlauf über die 3 Follow-up-Messzeitpunkte hinweg eine hohe Stabilität zeigten.
Über die Betrachtungsweise früherer Studien hinaus umfasst diese Beobachtungsstudie neben der Schmerzintensität Kriterien, welche die Multimodalität der modernen Schmerzdefinition berücksichtigt. Allein das Schmerzniveau zu beschreiben und hierdurch den Behandlungserfolg zu definieren würde dem chronischen Schmerzpatienten und seinen sekundären algogenen Einschränkungen nicht ausreichend gerecht werden.
Die vorliegenden Ergebnisse zeigen deutliche Veränderungen im Verlauf der Behandlung von Patienten mit länger persistierenden spezifischen Rückenschmerzen für alle erhobenen Outcome-Variablen. Die beobachteten Veränderungen mit Effektstärken ab r = 0,56 zu allen Messzeitpunkten sprechen für klinisch bedeutsame Behandlungsergebnisse, die auch über einen längeren Zeitraum von einem Jahr nach der stationären Behandlung weitgehend stabil bleiben. Die Veränderungen hinsichtlich der Beeinträchtigung durch die Schmerzen und der körperlichen Funktionskapazität fallen etwas geringer aus als bei der Schmerzreduktion, sind aber nach gängiger Interpretation ebenfalls als starke Effekte zu klassifizieren (Tab. 2). Bei genauerer Betrachtung fällt allerdings auf, dass Schmerz und Beeinträchtigungen bis zum Messzeitpunkt nach 12 Monaten wieder geringfügig zunehmen (Abb. 1, 2), während die nach 3 Monaten erreichte körperliche Funktionsfähigkeit vollständig erhalten bleibt (Abb. 3). Es stabilisieren sich im Beobachtungszeitraum offenbar Beweglichkeit und Bewegungskompetenz, beides Funktionen der Gelenkstrukturen des Achsorgans. Diese Beobachtung könnte – sofern nicht Unterschiede in der Veränderungssensitivität der Instrumente ausschlaggebend sind – so interpretiert werden, dass durch regelmäßige Bewegung nun auch andere, durch chronisches Schmerzvermeidungsverhalten insuffiziente (Muskel-)Systeme aktiviert werden.
Die Effektivität der Radiofrequenztherapie hinsichtlich der Schmerzreduktion bei Patienten mit persistierenden Facettensyndromen [2–4, 17] konnte erneut bestätigt werden. Darüber hinaus zeigten sich in dieser Studie auch verringerte körperliche und psychosoziale Beeinträchtigungen, eine verbesserte körperliche Funktionsfähigkeit sowie hohe Anteile nicht operierter (90 %) und arbeitsfähiger Probanden (76 %) nach einem Jahr. Der Anteil an operierten Patienten ein Jahr nach interventioneller Schmerztherapie wird generell mit 13,8/100 und nach operativer Behandlung mit 10/100 angegeben [19]. Angaben zum Anteil der chronifizierten Schmerzpatienten, die nach Behandlung wieder einer bezahlten Arbeit nachgehen können, schwanken zwischen ca. 50 und 65 % [8, 12, 21].
Die Empfehlung der S2k-Leitlinie Spezifischer Kreuzschmerz, dass die perkutane Neurotomie bei Patienten mit einem persistierenden Facettensyndrom erwogen werden kann [4], wird somit durch die hier beschriebenen Daten gestützt. In der stationären, nicht operativen Therapie von Wirbelsäulenerkrankungen und -verletzungen sind heute – nicht zuletzt auch unter Berücksichtigung des ANOA-Konzepts [22] – gute Rahmenbedingungen gegeben, die dem Patienten in Notfallsituationen oder nach frustrierender ambulanter Therapie [15] als Therapieeskalation angeboten werden können.
Interessenkonflikt:
Keine angegeben.
Danksagung: Die Autoren möchten Sabrina Gessel und Daniela Fälschle für die röntgentechnische Unterstützung
der Studie danken.
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Korrespondenzadresse
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Abteilung Orthopädie/Schmerztherapie
m&i-Fachklinik Ichenhausen
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