Übersichtsarbeiten - OUP 06/2018
Trizepssehnenruptur und -insuffizienz
Ergebnisse nach konservativer Therapie sind rar und beschränken sich auf einzelne Fallberichte. So zeigten Mair et al. bei 10 Athleten eine Rückkehr zum ursprünglichen Sportniveau, in 6 von 10 Fällen ohne Kraftdefizit. Drei der 6 Athleten unterzogen sich nach Saisonende einer operativen Therapie. Einer von 10 Patienten erlitt bei der Rückkehr zum Sport eine Komplettruptur nach 5 Tagen [8].
Operative Therapie
Die Indikation zur operativen Therapie besteht bei Komplettrupturen sowie Partialläsionen mit relevantem Kraftdefizit. Eine zeitnahe Versorgung (< 3 Wochen) wird empfohlen, jedoch ist eine operative Behandlung auch nach einem längerem Zeitraum unter Umständen möglich [3]. Auch bei frustranem, konservativem Therapieverlauf sollte die operative Therapie (bei Partialläsionen im Insertionsbereich) mit dem Patienten kritisch diskutiert werden. Hierbei spielt neben Alter und Vorerkrankungen vor allem das Aktivitätsniveau eine entscheidende Rolle.
Die operative Therapie der Komplettruptur besteht aus dem Debridement der Insertionsregion und anschließender anatomischer Refixation. Bis dato existiert bei der operativen distalen Trizepssehnenrekonstruktion keine Standardtechnik. Bei Partialläsionen besteht neben der Komplettierung der Ruptur auch die Möglichkeit der isolierten Refixation des Caput mediale bzw. Caput laterale et longum des Trizepsmuskels. Athwal et al. beschrieben in 2 Fällen eine arthroskopische Fadenankerrefixation des Caput mediale mit gutem klinischem Outcome; beide Patienten konnten ohne Einschränkungen den Kraftsport wiederaufnehmen [14].
Die transossär kreuzende distale Trizepssehnenrefixation („transosseus cruciate repair technique“), ist nicht zuletzt durch den geringen Materialaufwand die am weitesten verbreitete Technik [15]. Nachteilig zeigen sich hierbei jedoch eine nicht-anatomische Reinsertion der Sehne und schwache biomechanische Eigenschaften der Rekonstruktion hinsichtlich Primärstabilität und Footprint-Deckung [16]. Die aus der Schulterchirurgie transferierte „knotless suture-bridge repair technique“ – die doppelreihige, kreuzende Ankerrefixation der distalen Trizepssehne – kann nahezu eine anatomische Rekonstruktion des distalen Sehnenansatzes bei biomechanisch großer Primärstabilität erreichen [16]. Der relativ große Materialaufwand (von 4 Ankern) auf kleiner Fläche führt jedoch zu einem potenziellen intraartikulären Verletzungsrisiko aufgrund von Ankerlage, -größe und -länge.
In der eigenen Arbeitsgruppe wurde deshalb die modifizierte v-förmige doppelreihige Trizepssehnenrekonstruktion („V-shaped double-row repair technique“) weiterentwickelt, welche die guten biomechanischen Eigenschaften der „knotless suture-bridge repair technique“ übernimmt – mit flächiger Footprintdeckung und hoher Primärstabilität – bei reduziertem Materialaufwand und potenzieller Reduzierung des intraartikulären Verletzungsrisikos durch Verwendung eines intramedullären Buttons anstatt zweier Knochenanker im gelenknahen Bereich [17]. In der biomechanischen Testung konnten dafür eine überlegene Primärstabilität und geringere Sehnendislokation gezeigt werden [18]. Anders als bei den beiden vorgenannten Techniken kam es bei der v-förmigen doppelreihigen Rekonstruktion zu keinen Frakturen im biomechanischen Set-up. Für die Footprint-Deckung zeigten sich vergleichbare Ergebnisse mit der „knotless suture-bridge“ (88,9 % vs. 85,2 %).
V-förmige doppelreihige
Trizepssehnen-Rekonstruktion
Die v-förmige doppelreihige Trizepssehnenrekonstruktion mit 2 proximalen Fadenankern und einer distalen intramedullären Buttonfixation soll neben der anatomischen Footprint-Deckung durch eine 1-Punkt-Fixation distal des Gelenks das iatrogene Verletzungsrisiko reduzieren (Abb. 3). Anders als bei knotenlosen Techniken ist die Modifizierung des Sehnenanpressdrucks – ähnlich einem Pulley-System (Flaschenzug) – nach erfolgter Installation des gesamten Fixationssystems möglich. Ein weiterer Vorteil gegenüber der doppelreihigen Ankerrefixation ist der geringere Materialaufwand und die damit verbundene Kostenersparnis [17].
Bei der distalen Trizepssehnenrekonstruktion bietet sich die Bauch- oder Seitenlage an, um einen möglichst guten Zugang zum Olecranon zu haben – bei uneingeschränkter Beweglichkeit im Ellenbogengelenk. Zur besseren intraoperativen Mobilisation der Sehne ist der Verzicht einer Oberarmblutsperre zu empfehlen.
Der Zugang erfolgt über einen posterolateralen Zugang an der lateralen Begrenzung des M. triceps brachii bis ca. 2 cm distal der Olecranonspitze (nach proximal je nach Retraktion zu erweitern).
Primär erfolgt das gründliche Debridement am Knochenbett am Olecaranon (Footprint) und am Sehnenstumpf sowie in subakuten Fällen die Mobilisation der Sehne, sodass eine spannungsfreie Refixation möglich wird (Abb. 2b). Anschließend erfolgt die Platzierung zweier doppelt-armierter Anker (z.B. Titan Corkscrew, Fa. Arthrex, Naples, FL, USA) am proximalen Insertionsbereich medial und lateral (Abb. 2c). Hierbei ist auf eine distale Ausrichtung der Anker zu achten, um eine Perforation des Humeroulnargelenks zu vermeiden.
Es erfolgt die Armierung der distalen Trizepssehne durch eine Kletternaht nach proximal mit jeweils einem freien Fadenpaar über eine Länge von mindestens 3 cm. Durch Zug am freien Fadenende sollte sich die Sehne nun leicht in das Knochenbett reponieren lassen.
Anschließend erfolgt die Zuwendung zur distalen v-förmigen Fixierung mit intramedullärer Button-Fixierung äquivalent zur distalen Bizepssehnen-Refixation wie von den Autoren beschrieben [19]. Dazu erfolgt ca. 4 cm distal der Olecranonspitze die Platzierung eines monokortikalen Bohrlochs im 45°-Winkel zum Ulnaschaft (proximale Ausrichtung). Die freien Fadenenden werden in den Button einfädelt. Dieser wird transkortikal eingeführt und intramedullär durch Zug an den Fadenenden geflippt (Abb. 2d). Durch die nun v-förmige Konfiguration entsteht eine plane Deckung des anatomischen Footprints. Äquivalent einem Pulley-System kann nun nach Installation des gesamten Fixationssystems der Sehnenanpressdruck durch Spannen oder Lösen der Fadenpaare adjustiert werden.
Postoperative Nachbehandlung
Unmittelbar postoperativ erfolgte die Ruhigstellung in einer posterioren Gipsschiene in 90° Flexion für 3–4 Tage (bis zum Abschwellen der Weichteile), anschließend wird auf eine bewegliche Orthese (z.B. EpicoROM, Fa. Medi, Bayreuth) für insgesamt 6 Wochen gewechselt. Die Limitierung der Flexion sollte hierbei 90° betragen. Passive und aktiv-assistierte Beübung beginnt ab dem ersten postoperativen Tag. Auf die aktive Extension sollte für insgesamt 6 Wochen verzichtet werden. Sportliche Aktivitäten sind nach frühestens 12 Wochen freizugegeben.