Arzt und Recht - OUP 12/2014

Verbot verfassungswidrig: Niedergelassene dürfen auch mit Radiologen zusammenarbeiten*
Berufs-/Gesellschaftsrecht

Von RAin Beate Bahner, Fachanwaltskanzlei Bahner, Heidelberg, www.beatebahner.de

Wie der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigt hat, ist das berufsrechtliche Verbot der Zusammenarbeit mit Radiologen verfassungswidrig und damit nichtig. Ärzte können daher ab sofort auch dann mit Radiologen, Nuklearmedizinern und weiteren Fachkollegen kooperieren, wenn diese lediglich ihre typisch medizinisch-technischen Leistungen erbringen. Das Verbot einer Gewinnverteilung, die nicht den tatsächlichen Leistungen der jeweiligen Partner entspricht, gilt wie das Verbot der Zuweisung gegen Entgelt davon unabhängig weiter (Urteil vom 15. Mai 2014, Az. I ZR 137/12, Abruf-Nr. 141597 unter cb.iww.de).

Der Fall

30 Haus- und Fachärzte aus Baden-Württemberg hatten sich zur interdisziplinären und überörtlichen Kooperation in einer Partnerschaftsgesellschaft zusammengeschlossen, um Patienten bestimmte Privatleistungen fachübergreifend anbieten zu können – vor allem Vorsorge- oder Untersuchungsleistungen. In der Gesellschaft befanden sich auch vier Radiologen. Lediglich ein Prozent des gesellschaftlichen Gesamtgewinns sollte vorab nach Köpfen verteilt werden, die weiteren 99 Prozent nach dem jeweiligen Leistungsanteil der behandelnden Ärzte. Dagegen klagte die Wettbewerbszentrale.

Die Entscheidung

Nun gab der BGH der Ärztegesellschaft höchstinstanzlich Recht: Das in § 18 Abs. 1 S. 3 der Berufsordnung Baden-Württemberg enthaltene Verbot der Zusammenarbeit von niedergelassenen Ärzten mit Radiologen verstößt gegen Art. 12 des Grundgesetzes. Denn die darin gewährleistete Berufsausübungsfreiheit umfasst auch das Recht, sich beruflich zusammenzuschließen. Dies werde durch das berufsrechtliche Pauschalverbot verhindert, befand der BGH. Das Verbot sei auch im Hinblick auf die besondere Anfälligkeit der medizinisch-technischen Überweisungsfächer für „Kick-back-Leistungen“ nicht gerechtfertigt, da die Ärztekammern über verhältnismäßigere Kontrollmechanismen verfügen. So können sie sich die Gesellschaftsverträge zur Prüfung vorlegen lassen. Das Verbot verstoße daher auch gegen das Gebot der Verhältnismäßigkeit. Wann eine Gewinnverteilung nicht mehr den zulässigen Grundsätzen entspricht, hat der BGH nicht entschieden. Insoweit hat der BGH zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Praxishinweis

Das Urteil ist richtig. Denn warum sollten Radiologen und Nuklearmediziner in Kliniken und Medizinischen Versorgungszentren selbstverständlich Teil des Teams sein dürfen, während ihre Tätigkeit in Gemeinschaftspraxen oder Berufsausübungsgesellschaften regelrecht kriminalisiert wird? Eine Zuweisung gegen Entgelt dagegen darf niemals erfolgen. Eine solche nur den Radiologen zu unterstellen, obwohl das Verbot alle Facharztgruppen betrifft, stellt einen erheblichen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsverbot dar.

Fussnoten

* Nachdruck mit freundlicher Genehmigung aus dem Chefärzte Brief 8/14, IWW Institut, Aspastr. 24, 59394 Nordkirchen, www.cb.iww.de

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