Originalarbeiten - OUP 11/2013

10-Jahres-Ergebnisse nach der Versorgung mit einer Standard Knie-Endoprothese NexGen CR

Für die Führung der Patella ist das Patellaschild dünn gehalten mit einer tiefen Patellagrube, damit die Kniescheibe nicht zu stark belastet wird.

Implantationstechnik

Jede Implantation eines künstlichen Gelenks beginnt mit der präoperativen Planung. Dies geschieht mit Schablonen anhand des Röntgenbilds. Um die Kurvaturen von Femur und Tibia speziell nach Traumen beurteilen zu können, bedarf es einer Ganzbeinaufnahme.

Ganz entscheidend für die Standzeit sind die Position der Komponenten und die Wiederherstellung der mechanischen Beinachse.

Als Orientierung dienen intraoperativ am Femur die Epikondylenlinie und senkrecht dazu die „Whiteside-line“. Die Sägeschablonen können intra- oder extramedullär ausgerichtet werden, d.h. anhand eines in der Markhöhle liegenden Führungsstabs, dessen Winkel zur Sägeschablone für das Femur präoperativ bei der Planung bestimmt wird, oder anhand äußerer Orientierungshilfen. Bei den Patienten in dieser Studie wurde für das Femur eine „5 in 1“-Sägeschablone verwendet. Der tibiale Sägeschnitt hat 7° Slope. Tibial wurde die geschaftete Komponente eingesetzt.

Die ausgewogene Balancierung der Seitenbänder in Beugung und Streckung ist für die Gelenkstabilität äußerst wichtig und wird intraoperativ durch die Verwendung von Spacerblöcken unterstützt. Es gibt am Implantat Optionen, sowohl am Oberschenkel als auch am Schienbeinkopf Knochendefekte mit Blöcken auszugleichen oder bei schlechter Knochenqualität eine Schaftverlängerung anzubringen. Bei z.B. instabilem Bandapparat kann modular innerhalb des Kniesystems auf andere mehr stabilisierende Komponenten gewechselt werden. Wir halten es für unbedingt erforderlich, bei der Versorgung mit künstlichen Gelenken für alle Eventualitäten die alternativen Implantatmöglichkeiten im Hause bereitliegen zu haben.

Die von uns verwendeten Komponenten sind mit einem Zementfilm vorbeschichtet (precoated), um eine optimale Verbindung zwischen Zement und Implantat zu erhalten. Eine Randleiste sorgt für eine gesicherte Zementmanteldicke. Auf die Zementiertechnik wird besonderer Wert gelegt, da dies die Haltbarkeit der Endoprothese ebenfalls wesentlich beeinflusst.

Die Operation erfolgte in Spinalanästhesie. Es wurde der mediale parapatellare Zugang gewählt und die Patella evertiert. Ein retropatellarer Ersatz erfolgte bei 8 Patienten, die eine Deformierung oder ausgeprägte peripatellare Schmerzen angaben. Bei 79,3 % der Patienten war kein Release notwendig. Es wurden 2 Drainagen eingelegt, die nach 2 Tagen gezogen wurden.

Thromboseprophylaxe erfolgte mit niedrig molekularem Heparin und Thrombosestrümpfen. Die Physiotherapie und die Lagerung auf der Motorschiene begannen am ersten postoperativen Tag. Wenn nach 14 Tagen eine Flexion von 90° nicht erreicht wurde, wurde in Narkose mobilisiert. Dies war bei 12 Patienten notwendig.

Studiendurchführung

In der Vitos Orthopädischen Klinik Kassel wurden 222 Knie vom November 1998 bis Ende 1999 mit diesem kreuzbanderhaltenden Implantat primär versorgt und konsekutiv prospektiv erfasst. Ausschlusskriterien waren Wechseloperationen. Da die Studie in einer großen orthopädischen Klinik durchgeführt wurde, waren 16 Operateure, z.T. auch unter Aufsicht in Ausbildung beteiligt.

Die Daten dieser Patienten wurden prä-, intra- und postoperativ dokumentiert. Nach 1, 2, 5 und 10 Jahren wurden die Patienten zur Nachuntersuchung angeschrieben. Die meisten Patienten haben sich bei uns wieder vorgestellt. Wenn sie sich bei Kollegen haben untersuchen lassen, wurden uns die Dokumente, aber leider nicht immer die Röntgenbilder zugeschickt. Die verbleibenden Patienten wurden aufwendig ausfindig gemacht, ggf. zu Hause untersucht. Bei den Verstorbenen konnte in Erfahrung gebracht werden, dass in keinem Fall das Knie Probleme gemacht hat. Die Daten wurden in die internationale Datenbank der Firma Zimmer eingegeben.

Die Auswertung erfolgte nach dem Knee Society Score [1]. Dieser ist unterteilt in einen Knie-Score, der die Beweglichkeit, Schmerz und Stabilität beschreibt, und einen Funktions-Score, der die Gehstrecke, das Treppensteigen und die Verwendung von Gehhilfen beinhaltet. Es können jeweils maximal 100 Punkte erlangt werden, was aber bei dieser betagten Altersgruppe auch wegen der Begleiterkrankungen selten der Fall ist. Die Standzeit wurde nach Kaplan Meier errechnet und dargestellt. Wenn möglich, wurde das Knie in 3 Ebenen geröntgt. Für die statistischen Auswertungen wurde unter anderem IBM SPSS 19 und T-Teste verwendet.

Ergebnisse

Von den 222 Patienten konnten alle Patienten (100 %) nach 10 Jahren erreicht werden. Ein Patient lehnte die Dokumentation nach 10 Jahren ab. Es sind 76 Patienten verstorben. Davon verstarb ein Patient an einer postoperativen Lungenembolie, ansonsten bestand kein Bezug zum Knie. Es wurde von den Angehörigen nicht über Beschwerden mit dem operierten Knie berichtet.

2 Implantate wurden gewechselt. In einem Fall war die schmerzhafte Patella nach 3,5 Jahren so extrem lateralisiert, dass beschlossen wurde, das gesamte Implantat zu wechseln. Bei dem 2. Fall lag bereits postoperativ ein oberflächlicher Wundinfekt vor, der im Laufe des ersten Jahres zum tiefen Knieinfekt und somit zum 2-zeitigen Wechsel führte.

Insgesamt konnten also 143 Patienten klinisch zwischen 9,2 und 11,4 Jahren postoperativ nachuntersucht werden (Tab. 1).

Bei dem Patientengut handelt es sich zu 75 % um Frauen mit einem Durchschnittsalter von 71 Jahren (47 bis 88 Jahre) und einem BMI von 29,3. Der Anteil der Männer betrug 25 % mit einem Durchschnittsalter von 70 Jahren (50 bis 86 Jahre) bei einem BMI von 29,4.

Nur 18,5 % aller Patienten waren normalgewichtig, 47,3 % übergewichtig (BMI 25 bis < 30), 56 % stark übergewichtig bis BMI < 35 und 9 % hatten eine Adipositas permagna (Tab. 2).

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