Originalarbeiten - OUP 11/2013

10-Jahres-Ergebnisse nach der Versorgung mit einer Standard Knie-Endoprothese NexGen CR

Die Indikation zum primären Oberflächenersatz des Kniegelenks war zu über 91 % die Gonarthrose. Da wir ein Rheumaorthopädisches Zentrum sind, lag zu ca. 6 % eine rheumatoide Arthritis vor.

Insgesamt wurde 8-mal primär die Kniescheibenrückfläche ersetzt. 2-mal wurde die Patella nachträglich ersetzt. Wie oben beschrieben, wurde wegen Patelladislokation einmal die Prothese vollständig gewechselt. Eine Patellafraktur nach Sturz wurde osteosynthetisch versorgt. 7 Patienten klagten nach 10 Jahren noch über Patellaschmerzen, ohne dass eine Revision erforderlich war.

Intraoperativ wurden 6 Komplikationen dokumentiert. Es trat eine interkondyläre Fraktur bei Osteoporose und eine Fissur einer großen Tibiazyste auf, die aber die Implantation nicht beeinträchtigten. 2-mal wurde das Innenband partiell verletzt, einmal der Vastus lateralis des Quadriceps in Mitleidenschaft gezogen und einmal wurde über eine Patellarsehnenteilruptur berichtet.

Eine postoperative Peroneusschwäche war reversibel. Es sind insgesamt 8 Thrombosen und 2 Embolien zu beklagen, wovon eine Embolie tödlich verlief. Ein freier Gelenkkörper wurde 5 Monate postoperativ arthroskopisch entfernt.

Bei 3 oberflächlichen Infekten führte einer, wie oben beschrieben, nach 10 Monaten zu einem tiefen Infekt mit Ausbau des Implantats. Ein Infekt, der erst nach 2,5 Jahren auftrat, heilte nach Lavage und Inlaywechsel aus.

Eine Patientin stürzte mehrfach. Bei ihr wurde nach 6 Jahren wegen dadurch entstandener Instabilität ein Inlaywechsel durchgeführt. Nach 9 Jahren erlitt sie eine distale Femurfraktur, die mit einer Platte versorgt werden konnte. Das Implantat wurde belassen. Ansonsten traten nur Probleme durch internistische Erkrankungen oder Altersschwäche auf.

Erhebliche Knieschmerzen wurden präoperativ von 86 % der Patienten angegeben, nach einem Jahr von 2,4 %, nach 5 Jahren von 3,2 % und von keinem Patienten nach 10 Jahren. Einige Patienten gaben lediglich leichte Beschwerden beim Gehen an (Abb. 1).

Der KSS lag präoperativ bei 26,7 und nach einem Jahr bei 85 Punkten. Er verbesserte sich signifikant bei der 5-Jahres-Untersuchung auf 86,8 und nach 10 Jahren auf 90,8 Punkte.

Der KFS veränderte sich von präoperativ 49,1 auf 75 nach einem Jahr, nahm aber dann ab und lag nach 5 Jahren bei 72, nach 10 Jahren bei 57 Punkten (Abb. 2). Dazu ist anzumerken, dass mit zunehmendem Alter auch andere Einschränkungen speziell bei der Funktion mit in den Score einfließen, sodass nach 10 Jahren über die Hälfte der Patienten in der Gehstrecke eingeschränkt ist, einen Stock (über 60 %) und auf der Treppe das Geländer (77 %) benutzt. Nur etwa 20 % der Patienten haben keinerlei Probleme auf der Treppe. Die Korrelati on von Abnahme des KFS mit zunehmendem Alter konnte statistisch in der Regressionsanalyse signifikant (p < 0,001) nachgewiesen werden.

Es wurde im Durchschnitt eine präoperative Beugung von 107,7° (40°–150°) und nach 10 Jahren von 111,7° (80°–140°) erreicht. Auch die Patienten, bei denen eine Narkosemobilisation durchgeführt wurde, erreichten im Schnitt 111,3° Flexion. Insgesamt sind etwa 90 % der Patienten mit der Operation und dem Implantat zufrieden.

Röntgenbilder (Abb. 3a-c) konnten von 68 Knien (48 %) nach 10 Jahren ausgewertet werden. 3 hatten kleinere Säume von 1 mm unter der Tibia in maximal 3 Zonen. Es wurden keine Lockerungszeichen, Osteolysen oder Migration der Komponenten gesehen. Die Gruppe mit Röntgenbildern unterscheidet sich von denen ohne Bilder nicht bezüglich KSS. Der KFS war mit 65 zu 51 etwas besser, was sich dadurch erklärt, dass die Gruppe etwas jünger ist (68,3 zu 75,5 Jahren). Die kumulierte Überlebensrate mit dem Endpunkt „revision for any reason“ ist mit 99,1 % sehr zufriedenstellend (Abb. 4).

Diskussion

Diese Studie möchte zeigen, dass sich die Ergebnisse unseres Lehrkrankenhauses mit den Ergebnissen anderer Autoren und Register messen können.

Die klinischen Ergebnisse einer konsekutiven Gruppe älterer Patienten, die eine knieendoprothetische Standard-Versorgung erhalten haben, wurden prospektiv erfasst. In Anbetracht des Durchschnittsalters von 70 Jahren zum Zeitpunkt der Operation ist es nicht verwunderlich, dass die Patienten nach 10 Jahren mit einem Durchschnittsalter von 80 Jahren gewisse Einbußen bei der Funktion haben. Diese werden durch Komorbiditäten und die allgemeinen degenerativen Veränderungen hervorgerufen. Wir konnten diesbezüglich eine signifikante, wenn auch schwache Korrelation zwischen dem Alter und dem KFS nachweisen. Trotzdem sind die klinischen Ergebnisse sehr zufriedenstellend und vergleichbar mit andern Langzeituntersuchungen. [2, 3, 4, 5, 6, 7, 8].

Die Röntgenauswertungen gelangen zwar nur in 48 % der Fälle, konnten aber keinerlei Lockerungszeichen an den Implantaten nachweisen. Da der KSS in den Gruppen mit und ohne Röntgenbilder sehr ähnlich ist, kann angenommen werden, dass kein wesentlicher Bias bezüglich der Ergebnisse vorliegt. Vor allem von den älteren Patienten lagen die Röntgenbilder nicht vor. Dies erklärt sich dadurch, dass sie ungern die Mühe auf sich nehmen, zu den Nachuntersuchungen zu kommen, vor allem wenn sie beschwerdefrei sind oder die Komorbiditäten sie daran hindern.

Bei den meisten unserer Patienten wurde kein retropatellarer Ersatz durchgeführt. Bei den wenigen Patienten, die postoperativ über peripatellare Schmerzen klagten, gingen diese zurück. Nur in 3 Fällen musste später innerhalb des ersten Jahres die Patella ersetzt werden. Dass der primäre Patellaersatz nicht zu besseren klinischen Ergebnissen führt, wurde schon in anderen Studien nachgewiesen. Burnett et al. führten eine randomisierte Studie bei Patienten mit bilateralem Kniegelenkersatz durch und konnten nach 10 Jahren zeigen, dass es keine klinischen Unterschiede nach der Operation mit oder ohne Patellarückflächenersatz gab [9]. Im Jahresbericht 2008 des Schwedenregisters wurde die Überlebensrate der Knieendoprothesen, die wegen Arthrose eingesetzt worden waren, im Vergleich mit und ohne Patellaersatz untersucht. In dieser Analyse hatten alleinig die NexGen-Implantate ohne Patellaersatz ein signifikant geringeres Risiko der Revision [10].

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