Übersichtsarbeiten - OUP 04/2015

Belastungsparameter im sensomotorischen Training

Ein weiteres Hindernis bei der Vereinheitlichung der Ergebnisse sensomotorischer Studien ist die methodische Qualität. In einer Übersicht mussten von 38 relevanten Studien 10 wegen inadäquater Kontrollgruppen und 9 aufgrund unzureichender Interventionsbeschreibung oder nicht kontrolliertem Studiendesign ausgeschlossen werden [5]. Weiterhin konnten teilweise nur 3 von 20 [12], bzw. 3 von 15 [5] eingeschlossenen Studien als methodisch hochqualitativ bezeichnet werden. In den meisten Fällen lagen schlechtere Einstufungen an einer unklaren Methodenbeschreibung [5].

Mit den aus Übersichtsarbeiten extrahierten Belastungsparametern lassen sich genaue Empfehlungen nur schwer aussprechen. Wöchentliche Trainingsfrequenzen zwischen 1 und 5 oder Angaben wie 2-mal oder mehr als 2-mal pro Woche ist besser als einmal pro Woche bringen wenig Mehrwert für die therapeutische Praxis. Gleiches gilt für die Angaben zur Einheitendauer zwischen 5 und 90 Minuten. Einzig bei der Interventionsdauer scheint sich ein Schwellenwert abzuzeichnen, ab dem das SMT eine Wirkung zeigt. Es zeigt sich, dass SMT-Interventionen ab 6 Wochen statistisch signifikante Verbesserungen auslösen können. Auch wenn schon ab 4 Wochen signifikante Veränderungen durch SMT festgestellt werden konnten [5, 12], zeigt eine andere Übersichtsarbeit, dass sich zwischen 3 und 5 Wochen keine Veränderung zeigen lässt [20].

Wenn über Belastungsparameter diskutiert wird, muss man auch die Art der zu trainierenden Fähigkeiten analysieren. In der Begriffsdiskussion um das SMT [34] fallen immer wieder die Schlagworte Koordination oder (senso)motorisches Lernen [6, 19]. Bei beiden Denkansätzen ist das Ziel, eine Bewegung erfolgreich auszuführen. Für solche zielorientierten Handlungen ist ein wichtiges Bewertungskriterium die Bewegungsqualität. Die Bewegungsqualität ist eine Grundvoraussetzung für therapeutisches Training und dient zusätzlich der Reduktion des Verletzungsrisikos beim Training.

Ausblick

Um einer Beantwortung der Frage nach der Dosis-Wirkungsbeziehung näher zu kommen, sind noch einige Schritte notwendig. Ein einheitlicher Umgang mit den Begriffen SMT, NMT oder PT etc., sowohl im deutschen als auch im englischen Sprachgebrauch, sollte dabei das Fundament der wissenschaftlichen Untersuchungen bilden. Es bedarf gezielter Studien, die konkret der Fragestellungen nach optimalen Belastungsparametern nachgehen; ausschließlich diese nur retrospektiv herauszuarbeiten, ist für die Zukunft nicht ausreichend. Aufgrund der Komplexität des sensomotorischen Systems ist die Verbesserung der methodischen Qualität ein wichtiges Ziel für die Studienplanung. Sei es eine genauere Beschreibung der Interventionen, Messmethoden, oder Stichproben, die Anpassungen der Stichprobengrößen oder das Durchführen von Follow-up-Messungen. Die Betrachtung der Bewegungsqualität zur Steuerung Trainingsintensität ist eine weitere Zielgröße, die zur Aufklärung der Frage nach der Dosis-Wirkungsbeziehung beitragen kann..

Interessenkonflikt: Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des Internationalen Committee of Medical Journal Editors besteht.

Korrespondenzadresse

Torsten Pohl

Konservative & Rehabilitative
Orthopädie

Technische Universität München

Georg-Brauchle-Ring 60/62

80992 München

Torsten.pohl@tum.de

Literatur

1. Bruhn S, Kullmann N, Gollhofer A: Combinatory Effects of High-Intensity-Strength Training and Sensorimotor Training on Muscle Strength. Int J Sports Med 2006, 27: 401–406

2. Taube W, Kullmann N, Leukel C, Kurz O, Amtage F, Gollhofer A: Differential reflex adaptations following sensorimotor and strength training in young elite athletes. Int J Sports Med 2007, 28: 999–1005

3. Verhagen E, van der Beek, A., Twisk J, Bouter L, Bahr R: The Effect of a Proprioceptive Balance Board Training Program for the Prevention of Ankle Sprains: A Prospective Controlled Trial. Am J of Sports Med 2004, 32: 1385–1393

4. Mandelbaum BR: Effectiveness of a Neuromuscular and Proprioceptive Training Program in Preventing Anterior Cruciate Ligament Injuries in Female Athletes: 2-Year Follow-up. Am J of Sports Med 2005, 33: 1003–1010

5. Zech A, Hübscher M, Vogt L, Banzer W, Hänsel F, Pfeifer K: Neuromuscular Training for Rehabilitation of Sports Injuries. Med Sci Sports Exerc 2009, 41: 1831–1841.

6. Bizzini M, Boldt J, Munzinger U, Drobny T: Rehabilitationsrichtlinien nach Knieendoprothesen. Orthopäde 2003, 32: 527–534

7. Heisel J: Rehabilitation nach endoprothetischem Ersatz von Hüfte und Knie. Orthopäde 2008, 37: 1217–1232

8. Wilk KE, Macrina LC, Cain EL, Dugas JR, Andrews JR: Recent Advances in the Rehabilitation of Anterior Cruciate Ligament Injuries. J Orthop Sports Phys Ther 2012, 42: 153–171

9. Boeer J, Mueller O, Krauss I, Haupt G, Axmann D, Horstmann T: Effects of a sensory-motor exercise program for older adults with osteoarthritis or prosthesis of the hip using measurements made by the Posturomed oscillatory platform. J Geriatr Phys Ther 2010, 33: 10–15

10. Hurley MV, Scott DL: Improvements in quadriceps sensorimotor function and disability of patients with knee osteoarthritis following a clinically practicable exercise regime. Br. J. Rheumatol. 1998, 37: 1181–1187

11. Lin D: Efficacy of 2 Non-weight-bearing Interventions, Proprioception Training Versus Strength Training, for Patients With Knee Osteoarthritis: A Randomized Clinical Trial. J Orthop Sports Phys Ther 2009; 39: 450–7

12. Zech A, Hübscher M, Vogt L, Banzer W, Hänsel F, Pfeifer K: Balance Training for Neuromuscular Control and Performance Enhancement: A Systematic Review. J Athl Train 2010, 45: 392–403

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