Übersichtsarbeiten - OUP 05/2015
Bildgebende Diagnostik der Arthrose im klinischen Alltag
Nachteil dieser teilweise sehr vielversprechenden klinischen Studien am 3-Tesla-Gerät, aber auch der meisten Studien zur 1,5-Tesla-MRT ist, dass sie nicht explizit auf degenerative Knorpelschäden gerichtet sind. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass
eigene Untersuchungen zum diagnostischen Nutzen der MRT bei traumatischen Knorpelschäden sehr gute diagnostische Werte zeigen, wohingegen der diagnostische Nutzen bei degenerativen Knorpelschäden doch deutlich eingeschränkt ist [16, 17]. So sind trotz der
guten Sensitivitäten am 3T-MRT die
positiven Vorhersagewerte z.B. bei der Therapieplanung zu berücksichtigen. Entsprechend eigener Ergebnisse am 3-Tesla-MRT, die explizit auf degenerative Knorpelschäden gerichtet waren, liegt die Wahrscheinlichkeit, dass sich bei einem auffälligen MRT-Befund auch arthroskopisch ein exakt entsprechender Schaden findet, nur zwischen 39 und 72 % [47]. Dies zeigt, dass ein dezidiertes Grading von Knorpelschäden auch mit der 3T-MRT nicht mit abschließender Sicherheit möglich ist.
Das die Knorpeldiagnostik für traumatische und degenerative Schäden sehr unterschiedliche Ergebnisse zeigt, ist unseres Erachtens weiter erstaunlich, da sie sowohl intraoperativ, z.B. während einer Arthroskopie, aber natürlich auch in der MRT vollkommen unterschiedlich aussehen. So zeigen 2-gradige traumatische Knorpelschäden in der
Arthroskopie eher grobzottige, „krebsfleischähnliche“ Faserungen (Abb. 4), wohingegen die Auffaserungen 2-gradiger degenerativer Knorpelschäden vielmehr feinfaserig und flottierend erscheinen (Abb. 3).
Zusammenfassend bleibt der Nutzen der MRT einschließlich der 3T-MRT für eine dezidierte Knorpelbeurteilung insbesondere bei degenerativen Knorpelschäden eingeschränkt. Somit bleibt der intraoperative Befund entscheidend für die Wahl der Therapie, weshalb eine umfassende präoperative Aufklärung, die unterschiedliche Behandlungsmöglichkeiten abhängig vom intraoperativen Befund aufzeigt, weiterhin angemessen erscheint. Hinsichtlich der Schwierigkeiten einer exakten Beurteilung des Schweregrads degenerativer Knieschäden sind weitere Studien zu diesem Thema sicherlich von Interesse. In diesem Zusammenhang sollte der kaum ersetzbare Nutzen der MRT zur Darstellung weiterer typischer Befunde einer Arthrose wie Knochenmarködemen, Osteophyten, Sklerosezonen, Zysten etc. erwähnt werden. So zeigen mehrere Studien, dass Osteophyten und Gelenkergüsse im MRT signifikant mit klinischen Befunden wie Schmerzen und Bewegungseinschränkungen des Kniegelenks assoziiert sind [48–50]. Demnach ist es durchaus von Interesse, entsprechende Befunde bei der Beurteilung des Patienten einzubeziehen. Vielmehr sollten solche Befunde sogar weitaus mehr als üblich, neben der Berücksichtigung des Schweregrads der Knorpelschäden, in die Entscheidungsfindung einbezogen werden.
Interessenkonflikt: Es besteht kein Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor versichert, dass keine Verbindungen mit einer Firma, deren Produkt in dem Artikel genannt ist, oder mit einer Firma, die ein Konkurrenzprodukt vertreibt, bestehen. Die Präsentation des Themas ist unabhängig und die Darstellung der Inhalte produktneutral.
Korrespondenzadresse
PD Dr. med. Lars Victor von Engelhardt
Fakultät für Gesundheit der
Universität Witten/Herdecke
Abteilung für Orthopädie,
Unfallchirurgie und Sportmedizin
Johanna-Etienne-Krankenhaus
Am Hasenberg 46
41462 Neuss
L.vonEngelhardt@ak-neuss.de
Literatur
1. Kellgren JH, Lawrence JS. Radiological assessment of osteo-arthritis. Ann Rheum Dis. 1957; 16: 494–502
2. Burr DB. The importance of subchondral bone in the progression of osteoarthritis. J Rheumatol. 2004; 31: 77–80
3. Pastoureau, PC, Chomel AC, Bonnet J. Evidence of early subchondral bone changes in the menisectomized guinea pig (a densitometric study using dual X-ray absorptiometry subregional analysis). Osteoarthritis Cart 1999; 7: 466–473
4. Muraoka T, Hagino H, Okano T et al. Role of subchondral bone in osteoarthritis development: a comparative study of two strains of guinea pigs with and without spontaneously occurring osteoarthritis. Arthritis Rheum 2007; 56: 3366–3374
5. Bruyere O, Dardenne C, Lejeune E et al. Subchondral tibial bone mineral density predicts future joint space narrowing at the medial femoro-tibial compartment in patients with knee osteoarthritis. Bone 2003; 32: 541–545
6. Zacher J, Gursche A. Diagnostik der Arthrose. Orthopäde 2001; 30: 841–847
7. Hackenbroch MH. Arthrosen. Basiswissen zu Klinik, Diagnostik und Therapie. Stuttgart: Thieme Verlag, 2002
8. Rosenberg TD, Paulos LE, Parker RD et al. The forty-five degree posteroanterior flexion weight-bearing radiograph of the knee. J Bone Joint Surg Am.1988; 70A: 1479–1483
9. Falah M, Nierenberg G, Soudry M et al. Treatment of articular cartilage lesions of the knee. Int Orthop. 2010; 34: 621–630
10. Bruns J, Steinhagen J: [Lesions of articular cartilage and osteoarthrosis – Biological background]. Dt. Zeitschr f Sportmed. 2000; 2: 42–47
11. Gaissmaier C, Fritz J, Mollenhauer JA. [Outcome of clinically overt cartilage injuries without and with biological reconstruction]. Dtsch Ärztebl. 2003; 100: 2448–2453
12. Saris DB, Dhert WJ, Verbout AJ. Joint homeostasis. The discrepancy between old and fresh defects in cartilage repair. J Bone Joint Surg Br. 2003; 85: 1067–1076
13. Outerbridge RE. The etiology of chondromalacia patellae. J Bone Joint Surg Br. 1961; 43: 752–757
14. Potter HG, Linklater JM, Allen AA et al. Magnetic resonance imaging of articular cartilage in the knee. An evaluation with use of fast spin-echo imaging. J Bone Joint Surg Am. 1998; 80: 1276–1284
15. Suh JS, Lee SH, Jeong EK et al. Magnetic resonance imaging of articular cartilage. Eur Radiol. 2001; 11: 2015–2025