Übersichtsarbeiten - OUP 02/2014
Das FacettensyndromGrundlagen, OP-Technik und Ergebnisse der perkutanen FacettenkoagulationBasics, surgical technique and results of the percutaneous coagulation
Die Ergebnisse zeigten eine deutlich signifikante Reduktion der VAS-Spitzenscores zwischen Läsions- und Placebo-Gruppe, ebenso war die Erfolgsrate signifikant höher in der Läsions-Gruppe. Zusätzlich zeigten die Ergebnisse, dass Schmerzfreiheit nach einem diagnostischen Nervenblock eine höhere Erfolgsrate prognostizierte. Ebenso waren die tatsächlichen Differenzen der VAS-Scores, des global erreichten Effekts sowie der Oswestry-Disability-Scale signifikant. Auch nach 3, 6 und 12 Monaten war hinsichtlich der Anzahl der Erfolge ein deutlich signifikanter Unterschied zwischen Läsions- und Placebo-Gruppe festzustellen. Zusammengefasst zeigte sich eine deutliche Reduktion des Schmerzes (VAS); dies betraf insbesondere die Spitzenwerte, weniger ausgeprägt die Durchschnittswerte. Ebenso wurde ein Absinken der Einnahme von Analgetika sowie eine Verbesserung des Disability-Status beobachtet.
Die Impairment-Variablen zeigten keine signifikante Veränderung [13]. Ein erneutes Auftreten der Schmerzsymptomatik erklärte van Kleef durch eine Nervenregeneration. Laut van Kleef ist das Ausmaß der erzielten Schmerzreduktion höchst unterschiedlich. Er führt dies hauptsächlich auf die Definitionsproblematik des lumbalen „Facettensyndroms“ zurück. Eine gute Prädiktion des Behandlungsergebnisses könne jedoch mittels des vorangestellten diagnostischen Blocks erfolgen [36].
Von Leclaire wurde 2001 [37] eine doppelblinde randomisierte Studie veröffentlicht. 70 Patienten wurden ausgewählt, welche über 3 Monate Rückenbeschwerden hatten und unter einer intraartikulären Facetteninjektion mit dem Kontrastmittel Omnipac 0,3 ml, Lidocain 2 % 0,5 ml und Triamcinolon 40 mg 0,5 ml eine signifikante Minderung ihrer Beschwerden über mindestens 24 Stunden erfuhren. Als Ausschlusskriterien wurden eine Allergie für Lokalanästhetika, eine Blutgerinnungsstörung, ein einliegender Herzschrittmacher, ischialgiform Schmerzen mit neurologischem Defizit, strukturelle Veränderungen wie eine Knochenverletzung, eine Spondylitis und auch der Zustand nach Rückenoperationen bestimmt.
Ein Apriori-Roland-Morris-Fragebogen 12 Wochen nach Injektion wurde als primäres Outcome-Kriterium gewählt. Zusätzlich wurden der Oswestry-Score, die VAS, der Grad der WS-Mobilität und -Kraft sowie die Häufigkeit der Arbeitswiederaufnahme beurteilt. Die Behandlung wurde dann nach Randomisierung in Gruppen mit jeweils 4 Patienten durchgeführt. Nach der üblichen Stimulationssequenz wurde in örtlicher Betäubung mit Lidocain die Thermokoagulation über 90 Sekunden bei 80 °C vorgenommen. Die Wahl der Segmente richtete sich nach dem Ergebnis der Facetteninjektionen; es wurden mindestens 2 Facettengelenke, in der Regel L4/L5 und L5/S1, uni – oder bilateral koaguliert.
Als Baseline-Assessment wurden eine genaue Anamnese erhoben sowie eine körperliche Untersuchung durchgeführt. Dabei wurden ebenfalls die bereits erfolgten Therapien des Patienten in Bezug auf seine Rückenschmerzen festgehalten. Bei jedem Patienten wurden ein Roland-Morris- und ein Oswestry-Fragebogen ausgefüllt, zusätzlich eine VAS. Die lumbale Wirbelsäule wurde hinsichtlich Flexion, Extension, Seitneigung und Rotation befundet. Zusätzlich wurde mit einer triaxialen Dynamometrie die Kraft gegen Widerstand sowie die Winkelgeschwindigkeit bei 25 % des Maximalwiderstands überprüft.
Die Fragebögen, die VAS, die triaxiale Dynamometrie sowie die Häufigkeit der Arbeitswiederaufnahme wurden nach 4 und 12 Wochen evaluiert. Die Patienten, der Untersuchungsassistent sowie die Ärzte, welche für die Rückkehr des Patienten zur Arbeit verantwortlich waren, waren verbündet in Bezug auf die Behandlung. Insgesamt unterzogen sich der Therapie 70 Patienten, dabei erhielten 36 eine Läsions- und 34 eine Placebo-Behandlung.
Betreffend die funktionellen Verbesserungen zeigte der Roland-Morris-Score ein signifikant positives Ergebnis nach 4 Wochen, der Oswestry-Score nicht. Beide Scores waren nicht signifikant hinsichtlich des Behandlungseffekts nach 12 Wochen. Die VAS zeigte keinerlei signifikante Verbesserung nach 12 Wochen. Die sekundären Outcome-Kriterien wie die triaxiale Dynamometrie, die Rückkehr zur Arbeit, die Analyse der Medikation, der Physiotherapie und der chirotherapeutischen Behandlungshäufigkeit zeigten im Verlauf keinen signifikanten Unterschied zwischen beiden Gruppen.
Leclaire folgerte aus diesen Ergebnissen, dass nach 12 Wochen die Radiofrequenztherapie des Ramus posterior weder in den primären Outcome-Daten (Roland-Morris-Scale, Oswestry-Scale) noch in den sekundären Outcome-Daten wie der Dynamometrie und der Rückkehr zur Arbeit einen positiven Effekt zeigt. Insgesamt kommt Leclaire zu dem Ergebnis, dass die Radiofrequenz-Denervation auf die Funktionalität nur Kurzzeiteffekte im Rahmen von 4 Wochen und überhaupt keinen Effekt auf das Schmerzverhalten nach 4 und 12 Wochen habe.
Fazit und klinische Relevanz
Eine besondere Schwierigkeit bei der Diagnose des Facettensyndroms ist es, dass es zwingende diagnostische Kriterien zur Erfassung des Facettensyndroms nicht gibt. Sogenannte Leitsymptome wie das Schmerzverteilungsmuster oder diagnostische Erhebungen wie Schmerzfreiheit nach Facetteninfiltration haben keine pathognomonische Bedeutung. Bei der korrekten Durchführung einer diagnostischen Facetteninfiltration sind die Fragen zum Injektionsvolumen, Notwendigkeit einer Arthrografie sowie zur Interpretation der Resultate zu beachten. Anwendung immunologischer oder psychologischer Testmethoden zur Feststellung von Schmerzintensitäten bzw. der psychogenen Komponente am Krankheitsgeschehen sollten bei der individuell zu überprüfenden Indikation mit in Betracht gezogen werden.
Das Interesse an der Facettenthermokoagulation ist in den letzten Jahren wieder deutlich gestiegen. Es gilt jedoch zu bedenken, dass sich selbst unter günstigsten Voraussetzungen nach 6-jährigem Follow-up in unserem Kollektiv nur in etwas mehr als 40 % der Fälle zumindest zufriedenstellende Therapieerfolge zeigten [27]. Die Rezidivhäufigkeit ist allgemein in den ersten 6 Monaten besonders ausgeprägt, wobei nach unseren Ergebnissen nach 6 Jahren unabhängig von Patienteneigenschaften in ca. 50 % (bezogen auf die initial guten bis sehr guten Behandlungsresultate) ein Rezidiv erneut aufgetreten ist. Eine vergleichende Abschätzung der Behandlungsergebnisse verschiedener Autoren ist aufgrund oben geschilderten Gründe schwierig. Doch lassen sich immer wieder gleiche Trends beobachten; prognostisch ungünstig sind Versicherungsansprüche (schwebend oder anerkannt), vorausgegangene Wirbelsäulenoperationen (zunehmend ungünstiger wirken sich vorausgegangene Bandscheibenoperationen, Laminektomien oder Fusionen aus) und wirkungslose Facetteninjektionen.