Übersichtsarbeiten - OUP 11/2018
Der SportarztkofferBesonderheiten und Empfehlungen zur AusstattungSpecials contents and recomendations for equipment
Thilo Hotfiel1, Martin Engelhardt2, Casper Grim2
Zusammenfassung: In der sportmedizinischen Betreuung von Athleten, Mannschaften oder Vereinen; während des Trainingsbetriebs, an einer Wettkampfstätte oder in einem mehrtätigen Trainingslager gilt es, verletzte oder erkrankte Athleten ohne Zeitverlust möglichst umfassend zu versorgen. Hierzu ist eine adäquate medizinische Ausrüstung unabdingbar. Ein Sportarztkoffer nimmt prinzipiell eine Sonderstellung ein. Er weist sowohl allgemeine Ausrüstungsmerkmale (Erste Hilfe, Initialversorgung nach „PECH-Prinzip“) als auch
spezielle Inhalte auf, deren Verwendung dem Arzt obliegt (Medikamente, erweiterte Notfallausrüstung, diverses Sterilgut). Der Sportarztkoffer wird in der Regel individuell und sportartspezifisch zusammengestellt. Neben dem medizinischen Basiswissen sind Kenntnisse der Sportart und
resultierende sportartspezifische Belastungsprofile und
Verletzungsmuster unabdingbar.
Schlüsselwörter: Sportarztkoffer, Betreuerkoffer, Erste Hilfe, sportmedizinische Betreuung
Zitierweise
Hotfiel T, Engelhardt M, Grim C: Der Sportarztkoffer. Besonderheiten und Empfehlungen zur Ausstattung.
OUP 2018; 7: 532–535 DOI 10.3238/oup.2018.0532–0535
Summary: In sports medical care for athletes, teams or clubs, during training, at a competition venue or in a multi-day training camp, injured or sick athletes must be provided with a comprehensive care without any loss of time. For this reasons an adequate medical equipment is required. A team physician bag consists of general equipment features („first aid“, „RICE principle“, initial supply) and special contents like drugs, advanced emergency equipment, various sterile items. The team physician bag is usually put together very individually and sport specific. In addition to the basic medical knowledge, knowledge of the sport itself and the resulting sport-specific profiles and injury patterns is required.
Keywords: team physician bag, first aid, sports medical care
Citation
Hotfiel T, Engelhardt M, Grim C: Team physician bag. Specials
contents and recomendations for equipment.
OUP 2018; 7: 532–535 DOI 10.3238/oup.2018.0532–0535
1 Orthopädische Universitätsklinik, Abteilung für Orthopädische Rheumatologie, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
2 Klinik für Orthopädie, Unfall- und Handchirurgie, Klinikum Osnabrück, Osnabrück
Einleitung
In der sportmedizinischen Betreuung von Athleten, Mannschaften oder Vereinen obgleich während des Trainingsbetriebs, an einer Wettkampfstätte oder in einem mehrtätigen Trainingslager gilt es, verletzte oder erkrankte Athleten ohne Zeitverlust möglichst umfassend zu versorgen. Neben den medizinischen Fähigkeiten mitsamt Kenntnissen der Sportart und resultierenden sportartspezifischen Belastungs- und Verletzungsmustern ist eine adäquate medizinische Ausrüstung unabdingbar. Diese wird oftmals in einem kompakten Koffer, einer Tasche oder Rucksack mitgeführt.
Der Wunsch, vor Ort mobil zu sein, auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein und eine entsprechende Ausrüstung vorzuhalten, entspricht hierbei häufig nicht der Realität. Dennoch gibt es viele hilfreiche Tools, die der Sportarztkoffer beinhalten kann. Der vorliegende Artikel soll dem Leser eine Übersicht über die Grundlagen der sportmedizinischen Ausrüstung liefern und dabei Hilfestellungen über die Bestückung des persönlichen Sportkoffers aufzeigen.
Arztkoffer, Notfallkoffer,
Erste-Hilfe-Kasten,
Betreuerkoffer –
Was macht den Unterschied?
Für viele tätige Ärzte im Bereich der Sportmedizin stellt sich bei der medizinischen Betreuung und Versorgung die Frage: Was gehört eigentlich in den Arztkoffer? Zunächst sollte bereits an dieser Stelle klargestellt werden, dass der Sportarztkoffer anders zusammengestellt ist als die Betreuungskoffer für beispielsweise den Sportphysiotherapeuten oder den Trainer/Betreuer. Weiterhin ist dieser nicht mit einem Notfallkoffer (Notfall-Ausrüstung nach DIN 13232) zu verwechseln.
Trotzdem finden sich unter dem Aspekt der Erste Hilfe-Anforderungen und Akutversorgungen auch viele gemeinsame Ausstattungsmerkmale. Das wesentliche Kennzeichen eines Sportarztkoffers ist, dass auch Medikamente oder nur von ärztlicher Seite zu gebrauchende Utensilien (z.B. Injektions-/Punktionsnadeln, Skalpell, Nahtmaterial …) mitgeführt werden. Prinzipiell obliegt die Ausgabe und Verordnung von Medikamenten sowie die Durchführung von invasiven Tätigkeiten (Injektionen, Punktionen, Wundnaht) ausschließlich dem Arzt.
Verschreibungspflichtige Medikamente können und dürfen nur auf ärztliche Anordnung gegeben werden. Die Grundlagen hierfür finden sich im deutschen Arzneimittelgesetz und der Arzneimittelverschreibungsverordnung. Diese stellen den sachgemäßen Umgang mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln im Interesse einer ordnungsgemäßen und sicheren Arzneimittelanwendung sicher.
Demgegenüber steht, dass ein Großteil der benötigten Utensilien nicht medikamentöser Art ist und auch von nicht ärztlichem, medizinischem Personal verwendet werden kann. Insbesondere sind hier unterschiedliche Verbandsmaterialien, Tapes, Salben und Maßnahmen zur Kühlung zu nennen. Untersuchungen oder systematische Reviews über den notwendigen Inhalt des Sportarztkoffers liegen in der Literatur nicht vor. Im Wesentlichen leiten sich die Inhalte eines Sportarztkoffers neben der allgemeinen Ausstattung von den zu erwartenden Verletzungen und Krankheitsbildern ab, und die spezifische Ausstattung wird oftmals durch Erfahrungswerte des Einzelnen ergänzt und modifiziert.
Ein entscheidender Faktor für die Zusammenstellung des Sportarztkoffers ist das sportspezifische Setting. So macht es verständlicherweise einen Unterschied, ob der Arzt ein einzelnes Fußballspiel oder ein ganzes, ggf. mehrwöchiges Turnier betreut. Ebenfalls gilt es, die Anforderungen der verschiedenen Sportarten zu unterscheiden. So sollte sich der Inhalt des Sportarztkoffers bei Kampfsportarten durchaus von einem Betreuungskoffer für eine Ausdauersportart unterscheiden. Nasenbluten, Platzwunden, Luxationen und das Risiko für Halswirbelsäulenverletzungen spielen im Ausdauersport eine untergeordnete Rolle, können bei einigen Kampfsportarten aber zum Tagesgeschäft gehören. Zusätzlich muss bedacht werden, dass Umfang und Inhalt der Kofferausstattung für die Betreuung einer Trainingsmaßnahme typischerweise umfangreicher ist als für den Wettkampf. Weiterhin entscheidet die medizinische Infrastruktur vor Ort, ob im Bedarfsfall auf weitere Medikamente oder Ausrüstungsgegenstände nach vertrauten Standards zurückgegriffen werden kann oder ob eine erweiterte Ausrüstung mitgeführt werden sollte (Ausland). So kann aus dem Sportarztkoffer auch schnell ein zweiter Koffer oder gar eine kleine Sportarztapotheke werden (Abb. 1 und 2).