Übersichtsarbeiten - OUP 07/2019

Diagnostik und erfolgreiche Therapie des extraartikulären Hüftimpingements

Michael Bohnsack

Zusammenfassung:

In den vergangenen 20 Jahren haben die Diagnostik und Behandlung des intraartikulären
femuroazetabulären Hüftimpingements Typ Cam oder Pincer einen festen Stellenwert in der gelenkerhaltenden Hüftchirurgie bekommen. Weit weniger bekannt sind dagegen die unabhängig vom oder gemeinsam mit dem intraartikulären Impingement vorliegenden extraartikulären
Impingementsyndrome am Hüftgelenk. Sowohl in der klinischen als auch in der bildgebenden
Diagnostik werden diese Pathologien daher als Auslöser von wiederkehrenden Hüftbeschwerden insbesondere bei jungen und aktiven Patienten häufig übersehen. In dieser Arbeit sollen die 5
bekannten extraartikulären Impingementpathologien am Hüftgelenk hinsichtlich ihrer Ätiologie, der klinischen Diagnostik und der möglichen sinnvollen Therapiemaßnahmen beschrieben werden. Es sind dies das ischiofemorale Impingement als Kompressionssyndrom des Musculus quadratus femoris zwischen dem Trochanter minor und dem Sitzbein (1), das subspinale Impingement als mechanischen Konflikt zwischen einer vergrößerten oder fehlorientierten Spina iliaca anterior
inferior und dem distalen anterioren Schenkelhals (2), das liopsoasimpingement als Konflikt
zwischen der Psoassehne und dem vorderen Labrum azetabulare (3), das tiefe Glutealsyndrom
als mechanisches Kompressionssyndrom des Nervus Ischiadicus (4) und das pectineofoveale
Impingement als Konflikt zwischen der medialen Plica Synovialis und der Zona orbicularis (5).

Schlüsselwörter:
extraartikuläres Hüftimpingement, ischiofemorales Impingement, subspinales Impingement, Iliopsoasimpingement, Glutealsyndrom, pectineofoveales Impingement

Zitierweise:

Bohnsack M: Diagnostik und erfolgreiche Therapie des extraartikulären Hüftimpingements.
OUP 2019; 8: 390–395

DOI 10.3238/oup.2019.0390–0395

Summary: In the last twenty years, the diagnosis and treatment of intraarticular femoroacetabular impingement type Cam or Pincer gained a significant position in joint preserving hip surgery. Much less known in the daily treatment of hip pathologies are the different types of extraarticular hip impingement syndromes. Therefore they are often overlooked in the clinical and radiological diagnosis especially in young and active patients.
This article describes the etiology, clinical diagnosis and treatment options of five different types of extraarticular hip impingement: the ischiofemoral impingement as a compression of the quadratus femoris muscle between the lesser trochanter and the ischial tuberosity (1), the subspine impingement as a mechanical conflict between the enlarged or malorientated inferior iliac spine and the distal anterior femoral neck (2), the iliopsoas impingement as a conflict between the iliopsoas and the labrum resulting in distict labral pathology (3), the deep gluteal syndrome as a pain in the buttock due to the entrapment of the sciatic nerve in the deep gluteal space (4) and the pectineofoveal impingement as a conflict between the medial plica synovialis and the zona orbicularis (5).

Keywords: extraarticular hip impingement, ischiofemoral impingement, subspinal impingement, iliopsoas impingement, deep gluteal syndrome, pectineofoveal impingement

Citation: Bohnsack M: Diagnosis and successful treatment of extraarticular hip impingement.
OUP 2019; 8: 390–395 DOI 10.3238/oup.2019.0390–0395

Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, DIAKO Bremen

Einleitung

Das femoroazetabuläre Hüftimpingement hat sich in den vergangenen Jahren als häufige, gut zu diagnostizierende und adäquat arthroskopisch zu therapierende Ätiologie in der gelenkerhaltenden Hüftchirurgie entwickelt. Über das Verständnis der intraartikulären Impingementpathologie kam es insbesondere bei jungen Athleten zu einer erheblich differenzierteren klinischen und bildgebenden Diagnostik bei belastungsbedingten Hüftbeschwerden. Insbesondere das eindeutig vorliegende klinisch positive Hüftimpingement unter sicherem Ausschluss einer intraartikulären Ursache führte zu einer zunehmenden Wahrnehmung extraartikulärer Hüftpathologien. Diese wurden hinsichtlich ihrer Ätiologie, der klinischen Symptomatik und ihrer Bildgebung differenziert und konservative und operative Behandlungspfade wurden entwickelt. Heute werden unter dem Begriff „extraartikuläres Hüftimpingement“ das ischiofemorale Impingement, das subspinale Impingement, das Iliopsoasimpingement, das tiefe Glutealsyndrom und das pectineofoveale Impingement zusammengefasst. Alle Syndrome sind im Vergleich zum intraartikulären Hüftimpingement Typ Cam und Pincer selten und erheblich schwieriger klar zu diagnostizieren. Da neben einem intraartikulären Hüftimpingement gleichzeitig auch ein extraartikuläres Hüftimpingement vorliegen kann, wird das extraartikuläre Problem in diesen Fällen oft übersehen. Hierdurch kann es zu unbefriedigenden Behandlungsergebnissen und notwendigen Revisionseingriffen am Hüftgelenk kommen. In der vorliegenden Arbeit werden die bekannten extraartikulären Impingementpathologien am Hüftgelenk dargestellt und Empfehlungen für die Diagnostik und Behandlung dieser neuen Krankheitsbilder gegeben.

Ischiofemorales Hüftimpingement

Das ischiofemorale Impingement (IFI) (Abb.1) wurde 1977 erstmals als Beschwerdeursache nach Hüftendoprothese erwähnt [22]. Schmerzauslösend ist eine Kompression des M. quadratus femoris durch eine Verminderung des Abstands zwischen dem Trochanter minor und dem Sitzbein, insbesondere in der Streckung, der Adduktion und der Außenrotation. Zusätzlich kann eine Bursitis am Iliopsoasansatz oder am Ansatz der Hamstrings zu einer Raumverengung beitragen. Weiterhin sind ein steiler Schenkelhalswinkel, eine vermehrte Antetorsion [30] und ein sehr proximaler Ansatz der Hamstrings als anatomische Prädisposition für ein iliofemorales Impingement beschrieben worden [8]. Bei 25–40 % der Patienten tritt eine beidseitige Symptomatik auf [31], Frauen sind aufgrund ihrer Beckenanatomie häufiger betroffen als Männer. Der Schmerz wird als Leisten- oder Glutealschmerz beschrieben, mit Ausstrahlung auf die Oberschenkelinnenseite bis zum Knie. Bei fortgeschrittener Symptomatik kann es zu einer Reizung des N. ischiadicus mit ischialgieformer Symptomatik kommen. Bei einer Streckung der Hüfte in Abduktion mit Vergrößerung des ischiofemoralen Abstands sollte kein Schmerz auslösbar sein.

Neben dem Standardröntgen sollte bei Verdacht auf IFI immer eine Kernspintomografie durchgeführt werden. Hier können stressbedingte Signalveränderungen im M. quadratus femoris und ggf. vorliegende Bursitiden dargestellt und der ischiofemorale Abstand vermessen werden. Als Normwert nach CT-Untersuchung bei 298 normalen Hüften werden 18,6 mm für Frauen und 23 mm für Männer angegeben [27].

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