Übersichtsarbeiten - OUP 07/2019
Diagnostik und erfolgreiche Therapie des extraartikulären Hüftimpingements
Die Therapie des IFI erfolgt in erster Linie konservativ mit Ruhe, Modifizierung des Aktivitätsniveaus, Gabe von NSAR und ggf. lokaler Infiltrationsbehandlung. Der Anteil einer operativen Interventionsnotwendigkeit wird mit unter 5 % angegeben [29]. Da eine Resektion des Trochanter minor eine signifikante Funktionsminderung der Hüftbeugung bedingt und es bei einer Teilablösung der Quadratussehne durch eine Verletzung der medialen Arteria circumflexa zu einer Hüftkopfnekrose kommen kann, hat sich lediglich die intertrochantäre femorale Varisierung mit Vergrößerung des iliofemoralen Abstands zur adäquaten operativen Behandlung des IFI durchgesetzt [16].
Subspinales Hüftimpingement
Der Begriff „subspinales Hüftimpingement“ (Abb. 2) beschreibt eine Kollision der Weichteile zwischen dem distalen anterioren Schenkelhals mit einer vergrößerten oder fehlorientierten Spina iliaca anterior inferior (SIAI) in Hüftbeugung. Bei den komprimierten und schmerzempfindlichen Weichteilen handelt es sich um das Caput rectum des M. rectus femoris, den M. iliocapsularis und die vordere Gelenkkapsel [6, 20, 21]. Der Abstand zwischen der Spitze der SIAI und dem vorderen Azetabulumrand betrug in einer CT-Studie von Amar et al. [2] bei Männern 21,8 mm und bei Frauen 18,6 mm. Hapa et al. [17] untersuchten in einer Kadaverstudie an 11 männlichen Hüftpräparaten die umliegenden Weichteile der SIAI und fanden den Ursprung des Caput reflectum des M. rectus femoris regelmäßig bei 12 Uhr und den Ursprung des direkten Anteils des M. rectus femoris variabel zwischen 1 und 2.30 Uhr (rechte Hüfte). An dem anteroinferioren Aspekt der SIAI fand sich an allen Hüften ein sehnenfreies Areal von etwa 5 x 15 mm. Sie lokalisierten diesen bare spot im anterioren und inferomedialen Anteil der SIAI. Pan et al. [28] erwähnten 2008 erstmalig ein mögliches Impingement zwischen einer prominenten SIAI und dem femoralen Kopf-Schenkelhals-Übergang und empfahlen eine offene Dekompression über den Smith-Petersen-Zugang. Larson et al. [24] prägten 2011 den Begriff des subspinalen Impingements und beschrieben eine arthroskopische Dekompression bei 3 Athleten. Hetseroni et al. beschrieben 2012 eine Fallserie mit 10 Patienten [18] und klassifizierten 2013 [19] die Morphologie der SIAI an 3D-Rekonstruktions-CTs bei 53 Patienten mit femoroazetabulärem Impingement. Bei der SIAI Typ 1 findet sich ein flacher Darmbeinanteil zwischen dem distalen Ausläufer der Spina und dem Azetabulumrand. Beim Typ 2 reicht der prominente untere Spinaanteil bis zum knöchernen Pfannenrand und beim Typ 3 darüber hinaus nach distal. In der Studie zeigte sich für den häufigsten Typ 1 ein knöchernes subspinales Impingement bei 120° Beugung und 21° Innenrotation gegenüber 107°/11° bei Typ 2 und 93°/8° bei Typ 3. Der femorale Kollisionspunkt lag dabei gegenüber dem CAM-Impingement anteroinferior am Schenkelhals, deutlich distal des Hüftkopf-Schenkelhal-Übergangs. Neben einer anatomischen Normvariante mit Vergrößerung oder Fehlorientierung der SIAI tritt das subspinale Impingement auch nach azetabulären Korrekturosteotomien, bei hypertrophen Ossifikationen nach distal fehlverheilten knöchernen Sehnenausrissen (Sprinterfraktur) und bei belastungsbedingten hypertrophen Traktionsosteophyten an der vorderen Gelenkkapsel und am iliofemoralen Ligament auf. Eine Retroversion der Hüftpfanne oder ein vermehrte anteriore Beckenkippung zum funktionellen Ausgleich einer Hyperlordose können bei einer grenzwertigen subspinalen Enge ein knöchernes Impingement der SIAI mit dem distalen Schenkelhals begünstigen [9].
Die klinische Symtomatik besteht in einer zunehmend schmerzhaft eingeschränkten Hüftbeugung und Rotation aufgrund der subspinal einklemmenden und sekundär anschwellenden Weichteile. Da es sich um eine extraartikuläre Pathologie handelt, führt die diagnostische oder therapeutische Hüftinfiltration nicht zu einer Besserung der Beschwerden. In einer vergleichenden Studie konnten Balazs et al. [5] zeigen, dass es auch asymptomatische Verläufe bei radiologisch eindeutigem subspinalen Impingement gibt. Eine eindeutige Darstellung der Spina iliaca anterior inferior (SIAI) und des subspinalen Raums ist in den Standardröntgenaufnahmen (anteroposterior und seitlich) nicht möglich. Für die bildgebende Diagnostik werden daher zusätzlich zu den Standardröntgenaufnahmen eine Faux-Profil-Aufnahme, bei komplexen Fehlstellungen ein 3D-Rekonstruktions-CT und zur Evaluierung möglicher intraartikulärer Begleitpathologien eine Kernspintomografie mit adäquater Knorpeldarstellung empfohlen [23]. Präoperative Simulationsprogramme (Fa. MediCad, Deutschland) zur Verbesserung der Eingriffsplanung liegen vor und befinden sich in der klinischen Erprobung.
Die operative Dekompression des symptomatischen subspinalen Impingements kann arthroskopisch oder offen erfolgen [7], wobei grundsätzlich eine adäquate Versorgung möglicher vorliegender intraartikulärer Begleitpathologien ausschließlich arthroskopisch möglich ist. Bei der arthroskopischen Technik erfolgt eine vollständige Dekompression der ventralen Hüftgelenkkapsel unterhalb der SIAI und weiterer subspinal einklemmender Weichteile mit dem Shaver und der Radiofrequenzelektrode. Hiernach kommt es zur Darstellung der prominenten SIAI von der Spitze bis zum Azetabulum unter vollständiger Belassung des sehnigen Rektusursprungs. Mit der Kugelfräse oder Walze wird die subspinale knöcherne Impingementformation abgetragen, bis eine Distanz von 11 mm (2-mal Durchmesser der Kugelfräse) der SIAI zum vorderen Azetabulumrand erreicht ist. Sehr große subspinale Deformitäten mit Angrenzung an die medialen Gefäße und Nerven sollten unter Schonung des Nervus cutaneus femoris lateralis offen abgetragen werden. Über das sog. Smith-Peterson-Intervall zwischen M. tensor fascia latae und M. rectus femoris erfolgt eine stumpfe Präparation der ventralen Hüftkapsel und der prominenten SIAI und die nachfolgende Dekompression. Differenzialdiagnostisch sollten vor der Indikationsstellung zur subspinalen Dekompression andere mögliche Ursachen eines anterioren Hüftimpingements erkannt, ausgeschlossen oder in die Behandlung eingeschlossen werden. Insbesondere kann eine azetabuläre Retroversion, eine ausgeprägte Coxa vara oder eine verringerte Anteversion des Schenkelhalses zu einer Verminderung des Abstands zwischen der SIAI und dem Schenkelhals mit nachfolgendem symptomatischen Impingement führen. Das SIAI Impingement tritt häufig in Kombination mit einem intraartikulären Impingement auf [3, 23] und ist ein häufiger Grund für Revisionen nach Hüftarthroskopie, wenn es nicht adressiert wurde [25].