Übersichtsarbeiten - OUP 05/2016

Die Arthroskopische Synovektomie bei rheumatisch entzündlichen Erkrankungen des Kniegelenks

Erhan Basad1

Zusammenfassung: Die operative Behandlung von rheumatisch entzündlichen Erkrankungen des Kniegelenks zielt auf die Reduktion der hypertrophen Synovia. Dabei hat sich die multi-portale arthroskopische Technik wegen der geringeren Traumatisierung und besseren Erreichbarkeit aller Kompartimente gegenüber der offenen Synovektomie durchgesetzt. Unterschieden wird hauptsächlich zwischen der hypertrophen rheumatoiden Arthritis, der pigmentierten villonodulären Synovitis, der synovialen Chondromatose und einer unspezifischen hypertrophen Synovitis. Die Arthroskopie dient zur makroskopischen Beurteilung und histologischen Sicherung der Diagnose sowie für die Behandlung intraartikulärer Co-Läsionen. Ziel dieser Übersichtsarbeit ist es, Indikationen und Techniken und den aktuellen Stand der Ergebnisse mit der arthroskopischen Synovektomie des Kniegelenks darzustellen.

Schlüsselwörter: Arthroskopie, Kniegelenk, Poplitealzyste,
rheumatoide Arthritis, Synovitis, Synovektomie

Zitierweise
Basad E: Die Arthroskopische Synovektomie bei rheumatisch entzündlichen Erkrankungen des Kniegelenks.
OUP 2016; 5: 300–305 DOI 10.3238/oup.2016.0300–0305

Summary: The surgical treatment of inflammatory rheumatoid diseases is directed towards the reduction of hypertrophic synovia. The multi-portal arthroscopic technique has been generally accepted compared to the open synovectomy, because of better accessibility of all compartments and lesser traumatization. It’s differenced between hypertrophic rheumatoid synovitis, the pigmented villonodular synovitis, the synovial chondromatosis and the unspecific hypertrophic synovitis. Arthroscopy obtains macroscopic evaluation, histologic assuring of the diagnoses and allows the treatment of intraarticular co-lesons. Aim of this publication is to outline indications, technique and current results with the arthroscopic synovectomy of the knee.

Keywords: arthroscopy, knee joint, popliteal cyst, rheumatoid
arthritis, synovitis, synovectomy

Citation
Basad E: Arthroscopic synovectomy in rheumatoid diseases of the knee.
OUP 2016; 5: 300–305 DOI 10.3238/oup.2016.0300–0305

Einleitung und Grundlagen

Die rheumatoide Arthritis (RA) bzw. primär chronische Polyarthritis ist die häufigste entzündliche Erkrankung der Gelenke. Im Vollbild der RA kommt es zu einer Gelenkentzündung und im weiteren Verlauf zu einer Gelenkdestruktion. Die Gelenkzerstörung bei der RA ist das Werk kataboler und onkologischer Prozesse, die sich schubweise aus der synovialen Zellmatrix entwickelt. Dabei dringen aggressive Zellverbände bzw. entzündliche Zellinfiltrate in Knorpel und Knochen ein und exprimieren hochpotente proteolytische Enzyme, welche zur Erosion bzw. Zerstörung des Gelenks durch Degradierung von Knorpel, Knochen und umgebenden Weichteilen führen. Diese aggressiven Phasen treten typischerweise schubweise mit dem klinischen und radiologischen Bild einer synovialen Hypertrophie auf. Die interdisziplinäre Therapie der RA besteht aus der medikamentösen, physiotherapeutischen und operativen Behandlung. In der Orthopädie hat sich daher die Rheumachirurgie als Zweig etabliert. Die hypertrophierte Synovialis als Ort des aggressiven Krankheitsgeschehens produziert die Synovial-Flüssigkeit mit pro-inflammatorischen Zytokinen. Die Entfernung der Synovialis, d.h. die Synov(ial)ektomie, in frühen Krankheitsstadien und medikamentös therapieresistenten Fällen kann den Verlauf Erkrankung günstig beeinflussen [1, 2, 3]. Neben dem bremsenden Effekt auf die Destruktion kann die Synovektomie Symptome lindern und helfen, den Medikamentenbedarf zu senken. Das Ziel der Gewebsreduktion gilt auch für die Synovektomie bei anderen Formen entzündlicher Erkrankungen mit Hypertrophie der Synovialis, wie der pigmentierten villonodulären Synovialitis [4, 5], der synovialen Chondromatose [6, 7] oder auch bei unspezifischen hypertrophen Synovialitiden [8]. Die Synovektomie des Kniegelenks hat somit einen prophylaktischen Effekt auf die Progredienz, wobei der frühe Zeitpunkt vor der Entstehung ausgeprägter degenerativer Veränderungen (Früh-Synovektomie) entscheidend für den langfristigen Erfolg ist [1].

Ziele der arthroskopischen Synovektomie am Kniegelenk:

Schmerzreduktion

Verbesserung des Bewegungsausmaßes

Unterstützung der Medikamententherapie

Progredienz-Verlangsamung der Gelenk-Destruktion

Mitbehandlung von Co-Läsionen

Indikationen zur Synovektomie am Kniegelenk

Die Indikation zur arthroskopischen Synovektomie sollte in Folge einer bereits abgeschlossenen internistisch-rheumatologischen Diagnostik und nach Beginn der anti-rheumatischen konservativen Therapie (first-line) gestellt werden.

Indikationskriterien zur arthroskopischen Synovektomie am Knie:

  • – Rheumatologische Vor-Diagnostik (Serologie und Differenzial-Diagnostik)
  • – Medikamentöse antirheumatische Vorbehandlung über mindestens 6 Monate
  • – Physiotherapie und physikalische Maßnahmen über mindestens 6 Monate
  • – Keine ausreichende Symptomlinderung und Gewebsreduktion durch o.g. Verfahren
  • – Bedarf nach histologischer Abklärung
  • – Zusätzliche symptomatische Kniebinnenschäden (Meniskusriss, Weichteil-Impingement, freie Gelenkkörper, Osteopyhten, Baker-Zyste) die eine Arthroskopie rechtfertigen

Ausschlusskriterien sind Zustände oder Medikamenteneinnahmen mit hohem Blutungsrisiko und späte Stadien mit ausgeprägter Gelenkdestruktion (Arthrosis deformans), die eher einer endoprothetischen Versorgung zugeleitet werden müssen.

Technik der arthroskopischen

Synovektomie am Kniegelenk

Zugänge und Diagnostik

Die radikale Synovektomie aller Kompartimente eines Kniegelenks stellt hohe Anforderungen an das arthroskopische Können des Operateurs. Verwendet werden mindestens 4–6 Arthroskopie-Zugänge: anterolateral, anteromedial, suprapatellar lateral, suprapatellar medial, posteromedial, posterolateral.

Die anterioren Standardzugänge (lateral und medial) dienen im ersten Schritt zur Diagnostik und Feststellung des Ausmaßes der Synovialitis. Von dieser diagnostischen Phase aus erfolgt die Planung der weiteren Zugänge. Im Rahmen der diagnostischen Arthroskopie werden begleitende Kniebinnenschäden festgestellt. Häufige Zusatzpathologien sind Meniskusschäden, Knorpelschäden, Osteopyhten, Gelenkverwachsungen, freie Gelenkkörper und die Popliteal-Zyste (Baker-Zyste).

Im Rahmen der Diagnostik müssen auch die dorsalen Kompartimente durch Intubation mit dem Endoskop in der transkondylären Technik nach Gillquist und Hagberg [9] durch die interkondyläre Notch hindurch dargestellt werden. Sind die hinteren Kompartimente mit Synovialis zugewachsen, müssen zur Synovektomie die riskanteren dorsalen Arbeitszugänge gelegt werden. Suprapatellar werden je nach Bedarf ein suprapatellares mediales und ein laterales Portal gelegt. Alternativ zu den beiden suprapatellar lateralen und medialen Zugängen reicht in den meisten Fällen auch ein zentraler suprapatellarer Zugang durch die Quadrizeps-Sehne. Hierrüber können in der Regel alle suprapatellaren Bereiche und die oberen seitlichen Rezessi erreicht werden.

Instrumente und
Operationsschritte

SEITE: 1 | 2 | 3 | 4