Übersichtsarbeiten - OUP 12/2017

Die Bursitis iliopectinea – arthroskopische Therapieoptionen

Die arthroskopische Therapie wurde in Rückenlage mit Extensionstisch durchgeführt. Nach entsprechender Vorbereitung, Lagerung mit sorgfältiger Polsterung, sterilem Abwaschen und Traktion erfolgte die intraartikuläre Inspektion des Hüftgelenks in üblicher Weise. Eventuell notwendige chirurgische Maßnahmen im zentralen Kompartiment können jetzt durchgeführt werden. Anschließend wird die Traktion wieder gelöst und mit einem Shaver wurde eine Tasche unter Triangulationstechnik und radiologischer Kontrolle vor der Gelenkkapsel gebildet. Von hier aus erfolgte dann von extra- nach intraartikulär ein sukzessives ventrales Kapselrelease. Bei 2 Patienten fanden sich hierbei Reste eines kristallinen Glucocorticoidpharmakons im ventralen Kapselbereich. Unter endoskopischer und gleichzeitiger radiologischer Kontrolle wurde das Release sukzessive nach medial erweitert bis zu dem Punkt, an dem es zu einer Entleerung der Zyste kam (Abb. 5, 6). Der Ventilmechanismus der Zyste wird hierbei weit eröffnet. Der Zysteninhalt wurde mit einem Shaver entfernt und gleichzeitig erfolgte eine vorsichtige Anfrischung der Zystenwand.

Abgeschlossen wurde der Eingriff durch Instillation von 10 mg Corticosteroid verdünnt mit 10 ml Carbostesin. Auf die Anlage einer Redonsaugdrainage wird routinemäßig bei Hüftarthroskopien in unserem Hause verzichtet. Es wurde ein Kompressionsverband angelegt.

Dem Patienten wurde unmittelbar postoperativ die schmerzadaptierte Vollbelastung erlaubt. Für die Dauer der schmerzabhängigen Teilbelastung erfolgte eine Thromboseprophylaxe. Der stationäre Aufenthalt betrug im Schnitt 3,8 Tage. Prinzipiell ist die hüftgelenkarthroskopische Maßnahme ambulant durchführbar. Da sie jedoch nicht ambulant abrechenbar ist, bleibt in der Regel nur ein kurzer stationärer Aufenthalt.

Ergebnisse

Bei allen Patienten konnte der Ventilmechanismus der iliopectinealen Bursa arthroskopisch eröffnet und eine Entleerung der Bursa herbeigeführt werden. Die gesamte OP-Zeit betrug durchschnittlich 35 Minuten (20–47 Minuten). Die Extensionszeit betrug nur 22 Minuten (12–34 Minuten).

Bei keinem der Patienten kam es zu neurovaskulären Komplikationen oder zu anderweitigen unerwünschten Effekten oder Komplikationen.

Zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung (7,7 Jahre postoperativ) ergaben sich keine klinischen Hinweise auf ein Rezidiv. Bei allen Patienten waren die präoperativ vorhandenen klinischen Symptome, die durch die Bursa bedingt waren, innerhalb von 3–6 Wochen nach der arthroskopischen Intervention verschwunden.

Bei 10 Patienten wurde zwischenzeitlich aufgrund der zunehmenden Arthroseprobleme eine Hüftprothese implantiert. Die Implantation der Hüftprothese erfolgte 4–8 Jahre nach der arthroskopischen Intervention.

Hiervon betroffen war der eine Patient mit einer Hüftkopfnekrose, ein Patient mit einer rheumatoiden Arthritis und 8 Patienten mit Coxarthrosen, die einen deutlichen Progress zeigten. Soweit die Patienten bei uns versorgt wurden, erhielten diese eine Kurzschaftendoprothese (Abb. 7).

Diskussion

Die symptomatische Bursa iliopectinea ist eine seltene Differenzialdiagnose bei Leistenschmerzen. Wie oftmals ist auch hier das Hauptproblem, dass nur selten an eine solche Differenzialdiagnose gedacht wird, da diese weitestgehend unbekannt ist. Dieses Phänomen hat sich auch sehr deutlich in unserem Patientengut gezeigt. In weniger als der Hälfte unserer Patienten wurde die Diagnose schon im Rahmen der Zuweisung gestellt. Wird diese in die differenzialdiagnostischen Überlegungen mit einbezogen, so ist die Diagnosestellung mittels Ultraschall oder Kernspintomografie rasch möglich. Auch Kollegen in anderen Fachbereichen außerhalb von Orthopädie und Unfallchirurgie (Gefäßchirurgie, Gynäkologie, Viszeralchirurgie, Neurologie, Radiologie) sollten mit dieser Differenzialdiagnose vertraut sein.

Auch in der Literatur finden sich bisher nur relativ wenige Hinweise auf diese seltene Differenzialdiagnose. Wenn Publikationen vorliegen, finden sich diese in der Regel in der radiologischen oder rheumatologischen Literatur [16, 4, 1]; ganz wenige Literaturstellen finden sich im orthopädischen Bereich [9].

Die klinischen Symptome können von lokalen Schwellungen über lokale Schmerzen, radikuläre Schmerzen im Verlauf des Nervus femoralis, venöse oder arterielle Zirkulationsstörungen, Lymphödeme [13, 6], Dysurien bis hin zu dysmenorrhoischen Beschwerden reichen. Es sind Ausdehnungen der Bursa bis in den retroperitonealen Raum beschrieben worden [5].

Im Rahmen der bildgebenden Diagnostik wird man in der Regel zunächst ein Röntgenbild durchführen. Dieses zeigt dann unterschiedliche Grade der Arthrose, ist aber in der Regel nicht konklusiv. Die sonografische Untersuchung zeigt üblicherweise eine echoarme Raumforderung lateral der femoralen Gefäße. Führt man eine Punktion durch, so erhält man klare Flüssigkeit, eventuell mit einigen wenigen synovialen Zellanteilen. Verschiedentlich wurden auch Kontrastmitteldarstellungen der Bursa durchgeführt. Diese zeigen dann regelhaft eine Verbindung zwischen der Bursa iliopectinea und dem Hüftgelenk [5]. Heutzutage ist die aussagekräftigste Bildgebung die Kernspintomografie, die es auch erlaubt, das Ausmaß der Zyste in allen 3 Ebenen zu beurteilen. Ein Angio-CT oder Angio-MR, wie es von manchen Autoren gefordert wird, ist unseres Erachtens nur in Ausnahmefällen gerechtfertigt [11].

Verschiedene Literaturstellen geben auch einen Hüftinfekt als Erstmanifestation einer Bursitis iliopectinea an [11, 3]. Andere seltene Ursachen, die in die differenzialdiagnostischen Überlegungen mit einbezogen werden sollten, sind ein Polyethylenabrieb mit sukzessiver Synovitis [12] und eine villonoduläre Synovitis [15]. Eventuell ist zu erwarten, dass auch Patienten mit einer ALVAL-Reaktion eine ähnliche Symptomatik zeigen.

Das bisherige Therapiemanagement ist das der chirurgischen Exstirpation. Aufgrund der nahegelegenen Gefäß-Nerven-Strukturen birgt dieses ein gewisses Risikopotenzial. Der ventrale Zugang birgt auch immer eine Gefahr für den N. cutaneus femoris lateralis. Die Einsehbarkeit des Hüftgelenks ist über diesen Zugang nur sehr begrenzt möglich; Gleiches gilt für die Möglichkeit, im Hüftgelenk bei Bedarf chirurgisch tätig zu werden.

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