Übersichtsarbeiten - OUP 02/2013

Die Dauer der Arbeitsunfähigkeit nach Schulterarthroskopie
Ein systematischer Review A systematic review

M. von Knoch1, W. Schultz2

Zusammenfassung: Ziel dieser Arbeit war die Analyse der aktuellen Literatur hinsichtlich der zu erwartenden Dauer der Arbeitsunfähigkeit nach arthroskopischen Schulteroperationen des Subacromialraumes. Die Dauer der Arbeitsunfähigkeit beträgt im Mittelwert bis zu 3 Monate nach arthroskopischer Acromioplastik. Nach arthroskopischer Rotatorenmanschettennaht beträgt die mittlere Dauer der Arbeitsunfähigkeit bis zu 9 Monate. Eine längere Arbeitsunfähigkeit nach arthroskopischer Acromioplastik ist mit einer körperlich schweren Tätigkeit, einer gleichzeitigen arthroskopischen Resektion des Acromiclaviculargelenks, einem erhöhten Body-Mass-Index oder mit begleitenden intraartikulären pathologischen Befunden assoziiert. Eine längere Arbeitsunfähigkeit nach arthroskopischer Rotatorenmanschettennaht ist mit einer körperlich schweren Tätigkeit, dem Vorliegen von mehr als einem Sehnenriss, einer höheren Kompensationszahlung für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit und mit dem Status als berufsbedingte Erkrankung assoziiert.

Schlüsselwörter: Schulter, Arthroskopie, Arbeit, Arbeitsunfähigkeit

Abstract: This articles investigates the current literature on the expected time until return to work after arthroscopic shoulder procedures of the subacromial space. Return to work occurs after a mean of up to 3 months after arthroscopic acromioplasty. After arthroscopic rotator cuff repair return to work occurs after a mean of up to 9 months. A later return to work after arthroscopic acromioplasty is associated with heavy manual labour, a concomitant arthroscopic resection of the acromioclavicular joint, an increased body mass index or with additional intraarticular pathologic findings. A later return to work after arthroscopic rotator cuff repair is associated with heavy manual labour, involvement of more than one rotator cuff tendon, higher financial compensation during absence from work, or with worker´s compensation.

Keywords: shoulder, arthroscopy, work, return to work

Einleitung

Nach einem arthroskopischen Eingriff im Subacromialraum der Schulter gibt der Operateur den Patienten Empfehlungen hinsichtlich Schonung und Belastungsaufbau. Diese Empfehlungen beeinflussen direkt die Dauer der postoperativen Arbeitsunfähigkeit. Darüber hinaus ist die Dauer der Arbeitsunfähigkeit aber auch abhängig von weiteren Faktoren, z.B. patienten- oder arbeitsbezogenen Faktoren, und sie unterliegt zudem auch starken interindividuellen Schwankungen. Ziel dieser Arbeit ist die Analyse der aktuellen Literatur hinsichtlich der zu erwartenden Dauer der Arbeitsunfähigkeit nach arthroskopischen Operationen des Subacromialraumes.

Material und Methode

Im Mai 2012 wurde eine systematische Durchsicht der US National Library of Medicine/National Institutes of Health (PubMed) Datenbank durchgeführt. Als Suchwörter dienten „shoulder“, „arthroscopy“ und „work“. Hiermit konnten 129 Treffer generiert werden. Hieraus gelang die Identifikation von 9 Veröffentlichungen, die sich spezifisch mit der Arbeitsunfähigkeit nach Schulteroperationen beschäftigen. Eine Arbeit war eine Übersichtsarbeit [1]. Eine Arbeit verglich schwerpunktmäßig die Kosteneffektivität der offenen gegenüber der arthroskopischen Sehnennaht [2]. Diese 2 Arbeiten wurden nicht weitergehend analysiert.

Die verbliebenen 7 Arbeiten wurden detailliert analysiert (s. Tab. 1). In einem Fall lag eine Level I-Studie vor [3]. In 6 Fällen lag eine Level IV-Studie vor [4, 5, 6, 7, 8, 9]. Die Fallzahl pro Arbeit lag zwischen 38 und 166 Fällen. Als Eingriffe wurden arthroskopische Acromioplastiken und arthroskopische Rotatorenmanschettenähte durchgeführt. In den Vergleichsgruppen der verschiedenen Arbeiten wurden auch offene Acromioplastiken, offene und mini-offene Rotatorenmanschettennähte durchgeführt. Die volle Arbeitsfähigkeit wurde in mindestens 89,5 % der Fälle von Acromioplastiken erreicht [5]. Die volle Arbeitsfähigkeit wurde in mindestens 59,5 % der Fälle von Rotatorenmanschettennähten erreicht [9]. Der niedrigste Mittelwert für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit lag bei 27 Tagen [5] nach Acromioplastik und bei 2,5 Monaten [7] nach Rotatorenmanschettennaht. Wegen der heterogenen Patientenkollektive und Studiendesigns der herangezogenen Arbeiten wurde auf eine detaillierte quantitative statistische Analyse im Sinne einer Metaanalyse verzichtet und lediglich qualitativ-deskriptiv analysiert.

Originalarbeiten

Luyckx et al. [8] veröffentlichten 2011 eine retrospektive Studie (Level IV), in der von 166 Patienten 100 Patienten zum Operationszeitpunkt berufstätig waren. Bei allen Patienten wurde eine arthroskopische subacromiale Dekompression bei subacromialem Impingement-Syndrom durchgeführt. Die mittlere Zeit bis zur vollen Arbeitsfähigkeit betrug 11,1 Wochen. Selbstständig Berufstätige hatten mit einer medianen Zeit von nur einer Woche die kürzeste Arbeitsunfähigkeitszeit. Ein Vergleich von Patienten, die für ihre Zeit der Arbeitsunfähigkeit über eine staatliche Versicherung finanziell kompensiert wurden (mediane Arbeitsunfähigkeitszeit von 12 Wochen) ergab keinen signifikanten Unterschied zu Patienten, die über eine private Versicherung eine finanzielle Kompensation erhielten (mediane Arbeitsunfähigkeitszeit von 8 Wochen). Patienten, die eine schwere körperliche Arbeit zu verrichten hatten, waren mit 12 Wochen länger arbeitsunfähig geschrieben als Patienten, die keine körperlich schwere Tätigkeit zu verrichten hatten (8 Wochen Arbeitsunfähigkeit). Patienten, bei denen eine gleichzeitige arthroskopische Resektion des Acromioclaviculargelenks durchgeführt wurde und Patienten mit einem höheren Body-Mass-Index waren länger krankgeschrieben als Patienten ohne Gelenkresektion oder mit niedrigerem Body-Mass-Index.

Nové-Josserand et al. [9] veröffentlichten 2011 eine retrospektive, fragebogengestützte Studie (Level IV) von 262 Fällen bei 254 Patienten, bei denen eine Schulteroperation durchgeführt wurde. Es wurden arthroskopische Rotatorenmanschettennähte, offene und mini-offene Rotatorenmanschettennähte durchgeführt. In allen Fällen war die Schultererkrankung durch einen Arbeitsunfall oder durch eine Berufserkrankung bedingt. Das Durchschnittsalter betrug 50,5 Jahre ± 6,4 Jahre. In 59,5 % der Fälle waren die Patienten im Studienzeitraum von mindestens 2 Jahren wieder arbeitsfähig. Faktoren, die eine Rückkehr an den Arbeitsplatz verhinderten, waren in 14,1 % der Fälle das Eintreten in den Berufsruhestand, in 10,3 % der Fälle eine anderweitige Erkrankung und in 16,0 % der Fälle das Operationsergebnis der Schulteroperation. Das Alter hatte einen signifikanten Einfluss auf die Rückkehr an den Arbeitsplatz. Die Art der Berufstätigkeit sowie der Typ der Sehnenverletzung beeinflusste die Rückkehr an den Arbeitsplatz letztendlich nicht, dafür aber die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Rückkehr an den Arbeitsplatz. Durch eine arthroskopische Operationstechnik wurde insbesondere die Zeit der Abwesenheit vom Arbeitsplatz verkürzt. Diese lag für die arthroskopische Naht der Rotatorenmanschette bei 8,75 + 4 Monate. Körperlich schwere Arbeit und das Vorliegen von mehr als einer Sehnenruptur führten zu einer längeren Arbeitsunfähigkeitszeit bis zur Rückkehr an den Arbeitsplatz.

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