Arzt und Recht - OUP 04/2021

Die Fernbehandlung von Privatpatienten
Grundsätzliche Voraussetzungen und Rahmenbedingungen

Nach § 1 Abs. 1 GOÄ unterfallen auch die ärztlichen Tätigkeiten, die unter Einsatz von Kommunikationsmedien erbracht wurden, dem Anwendungsbereich der GOÄ. Einen offiziellen, hiervon abweichenden Katalog für Fernbehandlungen und/oder Fernberatungen existiert nicht.

Es ist darauf hinzuweisen, dass der Vorstand der Bundesärztekammer eine Abrechnungsempfehlung zu telemedizinischen Leistungen beschlossen hat2. Grundsätzlich ist dieser Empfehlung selbstredend zu folgen. Allerdings kann und wird diese Listung nicht abschließend sein. Sofern der Leistungstext nicht explizit die Anwesenheit im selben Raum erfordert, kommt eine Leistungsabrechnung in Betracht, sofern die Leistung nach ärztlicher Einschätzung medizinisch möglich, sinnvoll und geboten erscheint.

VI. Diverses

Jeweils unter strikter Einhaltung der ärztlichen Sorgfalt und unter Berücksichtigung des jeweiligen Einzelfalles ist es, wenn auch nicht alles in letzter Instanz aktuell unstreitig, grundsätzlich möglich, dem/der Patienten/Patientin Arbeitsunfähigkeit zu bescheinigen, Arznei- und Heilmittel zu verordnen und den/die Patienten/Patientin zu überweisen. Im Übrigen darf über die Möglichkeit der Beratung und Behandlung mittels Kommunikationsmedien informiert werden. So beispielsweise auf der Homepage des Arztes/der Ärztin. Von einer über die reine Information hinausgehende Werbung sollte jedoch Abstand genommen werden. Eine Werbung könnte mit den Fallstricken des § 9 Heilmittelwerbegesetz3 kollidieren und ein Ordnungswidrigkeitsverfahren nach sich ziehen.

VII. Fazit

Die moderne Kommunikationstechnik hat unzweifelhaft Einzug auch in den alltäglich Praxisablauf gehalten. Die Anforderungen und Bedingungen an beispielsweise die Videosprechstunde für Privatpatienten ist deutlich einfacher zu organisieren als bei gesetzlich Versicherten. Dennoch gibt es zahlreiche Fallgestaltungen, bei denen eine genauere Überprüfung angeraten werden muss. Die vorstehende Zusammenfassung des Status quo kann naturgemäß lediglich Ansatzpunkte liefern und Aspekte aufzeigen, die es zu berücksichtigen gilt.

Es wird daher unbedingt angeraten, bestehende Fragen und Unsicherheiten, kritisch zu beleuchten und vor Implementierung in den Praxisablauf juristisch abklären zu lassen.

Korrespondenzadresse

Rechtsanwalt Heiko Schott

Fachanwalt für Medizinrecht

Leithestraße 39

45886 Gelsenkirchen

mail@raschott.de

1 Vgl. Abrechnungsempfehlung der BÄK zu telemedizinischen Leistungen, Beschluss Vorstand vom 14./15.05.2020.

2 Abrechnungsempfehlung der BÄK zu telemedizinischen Leistungen, Beschluss Vorstand vom 14./15.05.2020.

3 § 9 HWG

Unzulässig ist eine Werbung für die Erkennung oder Behandlung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden, die nicht auf eigener Wahrnehmung an dem zu behandelnden Menschen oder Tier beruht (Fernbehandlung). Satz 1 ist nicht anzuwenden auf die Werbung für Fernbehandlungen, die unter Verwendung von Kommunikationsmedien erfolgen, wenn nach allgemein anerkannten fachlichen Standards ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem zu behandelnden Menschen nicht erforderlich ist.

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