Übersichtsarbeiten - OUP 04/2016
Die fluroskopisch assistierte Injektion am medialen Ast des FacettengelenksEvidente Methode oder Jagd nach einem Phantom?Evident method or hunting a phantom?
In dieser Arbeit, die sich über 283 Seiten erstreckt und 2424 Arbeiten aus den Jahren 1966–2012 zitiert und ausgewertet hat, werden ebenfalls die deutlich schlechteren Evidenzen einer intraartikulären Injektion im Vergleich zu den Blocks am Ramus mediales dargestellt. Hierbei wurden die Cochrane-Musculosceletal-Review-Group-Kriterien sowie die Newcastle-Ottawa-Scale-Kriterien für fluoroskopische Beobachtungsstudien verwendet. Es wurde unterschieden bezüglich der diagnostischen und therapeutischen Blockade, bei der diagnostischen Blockade gilt eine gute Evidenz mit 75–100 % als Kriterium, und bei der therapeutischen Blockade eine befriedigende bis gute Evidenz, bei einer limitierten Evidenz für intraartikulare Facettengelenkinjektion.
Warum Blocks
fluoroskopisch assistiert?
Betrachtet man in der internationalen Literatur, wie sie sowohl in der Guidelines der ASSIP [10] als auch in denen der SIS (früher ISIS) [20] dargestellt wird, so finden alle international anerkannten kontrollierten Studien die Schmerzdiagnostik und -therapie betreffend unter fluoroskopischer Bildgebung statt. Insbesondere wird der Vorteil der größtmöglichen Sicherheit und Präzision dargestellt, da bei Interventionen die „Real time fluorscopy“ benutzt werden kann [30]. Das heißt, dass der Behandler am Monitor den direkten Abfluss von Kontrastmittel in Gefäße sehen kann und die Nadellage ggf. korrigieren kann. Dadurch kann ein intravasales Abfließen des Lokalanästhetikums und des Kortisons venös vermieden werden. Insbesondere im zervikalen Bereich ist auch die Gefahr eines spinalen Infarkts bei akzidentieller Punktion der Arteria spinalis und Benutzung eines kristallinen Kortisons gegeben, der ebenfalls durch vorheriges injizieren mit Kontrastmittel weitgehend vermieden werden kann. In einem Artikel in dieser Zeitschrift wurde im September 2015 bereits ausführlich über die Problematik der Wahl des Steroids berichtet [31].
Technik der zervikalen
Blockade am Ramus mediales
Je nach Vorliebe des Behandlers wird bei der zervikalen Ramus-medialis-Blockade der Patient seitlich oder in Bauchlage auf dem Durchleuchtungstisch gelagert. Es wird die Halswirbelsäule im „true lateral view“ eingestellt, das heißt, der Processus articularis, der beidseitig vorhanden ist, wird deckungsgleich mit der kontralateralen Seite eingestellt. Nun werden gedanklich die 4 Ecken des Gelenksfortsatzes mit 2 Diagonalen verbunden und der Kreuzungspunkt entspricht dem Punkt, wo die Ramus medialis C3 bis C6 erreicht werden können. Dies kann man entsprechend mit einem seitlichen Strahlengang im „tunnel view“ durchführen. (Abb. 2 Nadellage zervical) Die Punktionsnadel wird im Strahlengang an den Knochen herangeführt, dann wird zunächst eine kleinste Menge (0,1–0,3 ml) Kontrastmittel eingebracht zur Dokumentation der Verteilung und zum Ausschluss eines arteriellen oder venösen Abflusses.
Ist dies der Fall, muss die Nadel um wenige Millimeter korrigiert werden und erneut Kontrastmittel gegeben werden. Es erfolgt nach sicherer Nadellage die Injektion eines Lokalanästhetikums von maximal 0,5 ml. Dies gewährleistet, dass ausschließlich der Ramus anästhesiert wird und kein Abfluss zum Spinalnerven erfolgt.
Eine Besonderheit zeigt sich beim Gelenk C2/3. Im Gelenk C 2/3 erfolgt die Innervation einzig und allein vom Nervus occipitalis tertius , hier ist der Ramus medialis zweigeteilt und zeigt eine große Verlaufsvariation am Gelenk [32]. Daher wird an diesem Gelenk die Mitte des Gelenkspalts sowie darüber der Unterrand des processus articularis anvisiert und dort der Gelenknerv anästhesiert.
Technik der lumbalen
Blockade am Ramus mediales
Bei den lumbalen Blockaden des Ramus mediales und des Ramus dorsalis bei L5 liegt der Patient immer auf dem Bauch. Zunächst wird die Deck- und Bodenplatte des zu behandelnden Segments orthograd eingestellt, dann wird so weit nach lateral geschwenkt, bis das „scotty dog“ gut zu sehen ist. Der Zielpunkt der Injektion liegt direkt hinter und oberhalb des Auges des „scotty dog“, der Projektion des Pedikels. Hierauf wird zunächst auf der Haut die Eintrittsstelle markiert und dann im Tunnel-view orthograd des Zentralstrahls die Nadel auf den Punkt gebracht. Hierzu ist je nach Einstellung des entsprechenden Segments ein leichter kraniokaudaler Tilt nötig sowie eine entsprechende seitliche Kippung des C-Arms (Abb. 4, 5). Auch hier erfolgt nach Knochenkontakt die Gabe eines Kontrastmittels zur Vermeidung einer intravasalen Lage.
Das Vorgehen bei der Blockade des dorsalen Asts L5 ist identisch, mit der Ausnahme, dass hier das Ziel die Grube ist, die von dem Übergang des processus articularis zur Massa lateralis des Sacrums gebildet wird. Hierdurch wird in der AP-Durchleuchtung der C-Bogen nach kranial geneigt, bis die typische Grube sichtbar ist.
Der dritte occipitale Nerv beim zervikogenen Kopfschmerz – ein Sonderfall
Wie bereits auf der Karte der Ausstrahlungen bei zervikalen Facettensyndromen (Abb. 1 zervikal) gezeigt, strahlen Pathologien sowohl von der Facette C2/3 sowie auch von dem dort verlaufende 3. Occipitalisnerv ins Hinterhaupt aus.
Erstmals wurde diesbezüglich eine Veröffentlichung als Poster beim Internatioal Head and Neck Congress 1985 beschrieben, der 1986 eine Publikation folgte. Hier zeigte sich bei einem zervikalen Kopfschmerz bei 8 von 12 Patienten eine komplette Beschwerdefreiheit nach Blockierung des dritten occipitalen Nervens am Gelenk C2/3 [33]. Die Erkenntnis erschien als so wichtig, dass hierüber im Editorial des Lancet Journal 1986 erneut berichtet wurde [34].
In neuerer Zeit hat Govind [35] 2003 nach doppelten Block des 3. occipitalen Nervs eine Erfolgsrate nach Radiofrequenzbehandlung von 86 % beschrieben. Obwohl all diese Ergebnisse seit 1986 beschrieben sind, scheint doch gerade in Deutschland die Bedeutung der Radiofrequenz bei chronischen Nacken- und Kopfschmerzen nicht entsprechend gewürdigt zu werden, insbesondere unter dem Aspekt, dass mit dem Beschluss 290 des Bewertungsauschuss zum 1. April 2013 die Radiofrequenzbehandlung der Facettengelenke aus dem Katalog der ambulanten Vergütungen gestrichen wurde. Über die Gründe hierfür kann spekuliert werden, es hat aber wohl mit einem massiven Anstieg der Leistungserbringung zu tun.