Übersichtsarbeiten - OUP 04/2024

Die minimalinvasive Denervierung am Knie- und Schultergelenk

Markus Schneider

Zusammenfassung:
Chronische, anhaltende Schmerzen der Schulter oder des Knies bei Arthrose werden vor allem am Knie meist mit der Implantation eines künstlichen Gelenks behandelt. Dennoch gibt es einen beträchtlichen Prozentsatz von Patientinnen und Patienten, die entweder keinen Ersatz wünschen oder hierzu nicht geeignet sind. Auch sind regelhaft über 10 % der Patientinnen und Patienten nach Prothesenimplantation am Kniegelenk nicht zufrieden.
An der Wirbelsäule wurden seit Mitte der 80er-Jahre rein sensible Äste der innervierenden Nerven der Facettengelenke und des ISG identifiziert und eine Methode der Ablation dieser Nerven mit Radiofrequenz etabliert. In den letzten 15 Jahren wurde auch die Ablation sensibler Nerven an Knie und Schulter entwickelt und mit gutem Erfolg angewendet. Der Beitrag zeigt die anatomische Situation dieser Nerven und die etablierten Techniken zur Behandlung von Knie- und Schulterschmerzen mit dieser Methode.

Schlüsselwörter:
Schmerztherapie Gelenke, Denervierung Knie, Denervierung Schulter, Radiofrequenztherapie, Radiofrequenzdenervierung, Gonarthrose, Omarthrose, Kniearthrose, Schulterarthrose, minimalinvasive Schmerztherapie, BV-gestützte Schmerztherapie

Zitierweise:
Schneider M: Die minimalinvasive Denervierung am Knie- und Schultergelenk
OUP 2024; 13: 160–163
DOI 10.53180/oup.2024.0160-0163

Summary: Chronical, persistent pain of the shoulder or knee in DJD are especially at the knee mostly treated with the implantation of an artificial joint. Nevertheless there is a considerable percentage of patients that either do not want a replacement or are not suitable therefore.
After a long development of looking for purely sensible branches of innervating nerves of the facet joints and the SIJ and treating pain there with an ablation of these nerves with radio frequency in the last 15 years also the ablation of sensible nerves at knee and shoulder was developed and established. The article shows the anatomical situation of theses nerves and the established techniques of treating knee- and shoulder pain with this method.

Keywords: Pain therapy, minimal invasive pain therapy, radio frequency denervation, denervation shoulder, denervation knee, DJD knee, DJD shoulder

Citation: Schneider M: Radiofrequency denervation of the knee- and shoulder joint
OUP 2024; 13: 160–163. DOI 10.53180/oup.2024.0160-0163

alphaMED/alphaSPINE, Bamberg

Einleitung

Chronische Schmerzen an großen Gelenken ist eine große Herausforderung in der Schmerztherapie der Bewegungsorgane. Während im Bereich des Hüftgelenkes der Einsatz von Endoprothesen seit Jahrzehnten mit gutem Erfolg und Evidenz durchgeführt wird, ist aufgrund der anatomischen Besonderheiten mit ligamentärer Stabilisierung und großem Potenzial von Schmerzen bei Rotatorenmanschettenläsionen an der Schulter die Situation anders. Am Kniegelenk erreicht die klinische Zufriedenheit bei weitem nicht die Werte der Hüftgelenkendoprothesen, 15–20 % der Patientinnen und Patienten nach KTEP sind postoperativ unzufrieden [3].

An konservativen Maßnahmen stehen in erster Linie Physiotherapie, Muskelkräftigung, medikamentöse Therapie sowie subakromiale oder intraartikuläre Injektionen von Lokalanästhetika mit oder ohne Kortison zur Verfügung. Es besteht aber häufig eine therapeutische Lücke zwischen extensiver konservativer Therapie bei Arthrose und Stellung der Indikation zur Prothese.

Die Idee von Denervierungen in schmerzhaften Bereichen oder Gelenken am Bewegungsapparat ist nicht neu. Bereits 1962 veröffentlichten Wilhelm et al. die nach ihm genannte offene Denervierung am Epicondylus radialis [14]. Dieser Eingriff dürfte fast allen Orthopäden und Unfallchirurgen ein Begriff sein. In den achtziger Jahren wurde im Rahmen der Rückenschmerzbehandlung das Augenmerk auf die Innervation der Facettengelenke gelegt, hier hat insbesondere Bogduk [1, 2] mit seinen Untersuchungen den dezidierten Verlauf der Nerven dargelegt und im Folgenden wurden minimal-invasive Prozeduren mit Radiofrequenzablation des medialen Astes inauguriert und erfolgreich seit Jahrzehnten durchgeführt.

Danach folgten anatomische Untersuchungen für das ISG, auch hier wurden sensible Endäste identifiziert, und mittlerweile wird häufig auch hier eine Radiofrequenzablation durchgeführt.

In den vergangenen Jahrzehnten sind verschiedentlich offene Denervierungsoperationen an Handgelenk und Sprunggelenk beschrieben worden, mit dem wir uns jedoch nicht weiter beschäftigen wollen. Das erste Gelenk, dass nennenswerte Maße für die minimalinvasive Denervierung untersucht wurde, ist das Kniegelenk.

Die RF-Ablation am
Kniegelenk

Am Kniegelenk finden sich gut umschriebene Orte an Femur und Tibia sowie oberhalb der Patella, durch die rein sensible Endäste führen und nach entsprechenden anatomischen Untersuchungen durch Tran et. al. [13] wurde eine standardisierte Methode inauguriert.

Die Zielpunkte liegen im ap-Röntgenbild am Scheitel der Kurvatur von distaler Epiphyse zur Metaphyse und in der lateralen Ansicht zwischen 50 % und 60 % der Strecke von ventraler zu lateraler Kortikalis. Diese Zielpunkte gelten für das Femur medial und lateral und an der Tibia nur medial. Wegen der Nähe zum N. peroneus profundus wird eine Läsion lateral an der Tibia nicht empfohlen.

Die Zielpunkte entsprechen einem Netz von rein sensiblen Fasern mit folgenden Ursprüngen:

N. genicularis superomedialis (NGSM) aus dem N. tibialis

N. genicularis superolateralis (NGSL) aus dem N. fibularis communis

N. genicularis inferomedialis (NGIM) aus dem N. tibialis

N. genicularis inferolateralis (NGIL) wird nicht behandelt

Die anatomischen Verhältnisse und angestrebte Läsionszonen sind in Abb. 1a–c dargestellt.

Vor der Durchführung der Radiofrequenzablation empfiehlt sich die Durchführung eines Testblocks, nur bei Verbesserung um mindestens 50 % sollte die Ablation geplant werden.

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