Originalarbeiten - OUP 01/2012
Die periprothetische Gelenkinfektion: Diagnostik und TherapiePeriprosthetic joint infection: diagnosis and treatment
N. Harrasser*, U. Lenze*, F. Pohlig*
Zusammenfassung: Revisionseingriffe aufgrund periprothetischer Infektionen stellen ein zunehmendes Problem in der Endoprothetik dar. Zumeist gelingt es durch die Kombination aus Anamnese, Bildgebung, Entzündungsparameter und einer präoperativen Punktion mit ausreichender Wahrscheinlichkeit die Diagnose zu stellen. Histologische Schnitte bieten durch ihre hohe Genauigkeit einen weiteren wichtigen diagnostischen Marker. Bei nachgewiesener Infektion gilt es wenig Zeit zu verlieren und möglichst bald eine operative Revision mit ausgeprägtem Débridement und Lavage des infizierten Gelenks durchzuführen. Der Prothesenerhalt ist ein anzustrebendes Ziel, welches jedoch nur unter strenger Indikationsstellung durchzuführen ist. Der Prothesenwechsel stellt schließlich häufig die einzige Möglichkeit dar, ein Infektgeschehen zu beherrschen, wobei das zweizeitige Vorgehen als Goldstandard der Infektkontrolle angesehen werden kann. Postoperativ sollte für sechs Wochen eine antibiogrammgerechte Antibiose durchgeführt werden.
Schlüsselwörter: periprothetische Gelenkinfektion, Prothesenerhalt, Prothesenwechsel
Abstract: Revision arthroplasty due to periprosthetic joint infections (PJI) is a growing problem.
Diagnosis of PJI can often be made by anamnestic data, serological inflammation parameters and a preoperative aspiration of the infected joint. Histological analyses is another important diagnostic tool with high accuracy. After diagnosis of PJI is established no time should be wasted and operative debridement with irrigation of the infected joint should be carried out quickly. Retention of the prosthesis is a target to achieve but should only be considered in selected cases. If risk factors are present replacement of the prosthesis sometimes is the only solution to eradicate the infection. The two-stage exchange arthroplasty has to be considered the gold standard procedure of local infection control. Postoperatively a six week period of test-specific antimicrobial treatment has to be conducted.
Keywords: periprosthetic joint infection, retention of implant, change of implant
Einleitung
In Deutschland wurden im Jahr 2008 über 170.000 Hüft- und über 150.000 Knie-Totalendoprothesen (im folgenden als „TEP“ abgekürzt) implantiert [1]. Die aseptische Prothesenlockerung stellt mit ca. zwei Drittel der Fälle nach wie vor die häufigste Ursache für Revisionsoperationen dar. Dies entspricht einer aseptischen TEP-Revisionsrate von 3–10% nach 12 bis 15 Jahren Standzeit in vivo [2]. Viel dramatischer stellen sich in der Regel jedoch septische Prothesenkomplikationen dar, welche in ca. 1% der Hüftprothesen, 2% der Knie- und Schulterprothesen und ca. 7% der Ellebogenprothesen vorkommen [3]. Es ist davon auszugehen, dass ein septischer TEP-Wechsel ca. 40.000–50.000 Euro an ökonomischen Gesamtkosten mit sich bringt [4]. Ein Großteil der Kosten fällt neben dem Verdienstausfall des Patienten auf teure Revisionsprothesen und eine lang andauernde postoperative Antibiotikatherapie. Deshalb ist ein septischer Prothesenwechsel viermal teurer als eine Primärprothesenversorgung und zweimal teurer als ein aseptischer Wechsel .
Pathogenese und Erregerspektrum
Im Rahmen der Keimbesiedlung des einliegenden Implantats unterscheidet man grundsätzlich zwei mögliche Infektionswege: exogen und hämatogen.
Beim exogenen Infektionsweg, welcher in den ersten zwei Jahren nach Primärimplantation zahlenmäßig überwiegt und für bis zu zwei Drittel aller Infektionen verantwortlich gemacht wird, gelangen die Erreger per continuitatem auf das Implantat. Beim hämatogenen Infektionsweg, welcher v.a. ab dem zweiten postoperativen Jahr die entscheidende Rolle übernimmt, gelangen Bakterien über den Blutweg an die TEP. Zumeist liegt eine infektionsbedingte Barrierestörung (z.B. Harnwegsinfektion) diesem Weg zugrunde. Es ist somit nicht verwunderlich, dass sich die Keim-art, je nach Infektionsweg und Zeitpunkt des Auftretens der Infektion, merklich unterscheidet [5]. So spielen in den ersten zwei Jahren postoperativ Hautkeime, wie koagulasenegative Staphylokokken, eine wesentliche Rolle, wohingegen später Streptokokken und E-coli zunehmend an Bedeutung gewinnen. Insgesamt betrachtet spielen nach wie vor Grampositive Keime die führende Rolle, wobei 20% aller periprothetischen Infektionen polymikrobiell bedingt sind (Tab. 1) [6].
Biofilm
Der bakterielle Biofilm ist ein schützender Mantel aus bakterieneigenen Proteinen und Zuckern (Matrix), welcher für herkömmliche Antibiotika ein fast unüberwindliches Hindernis darstellt. Zudem bildet der Biofilm ein Mikromilieu für Bakterien mit idealen Voraussetzungen für regen Gentransfer zwischen den Organismen und konsekutiv der Entstehung neuer Subspezies. Bakterien im Biofilm befinden sich in der sessilen Form, d.h. sie haften fest integriert in der Matrix und haben mit den frei löslichen (planktonischen) Formen im Blut phänotypisch und auch biochemisch wenig zu tun [7]. Im Lichte der modernen Biofilmforschung muss heute davon ausgegangen werden, dass es bereits nach zwei bis drei Wochen Bakterien-Implantat-Interaktion zu einer so ausgeprägten Besiedlung der TEP mit Biofilm kommt, dass in der Regel nur die Entfernung des Implantats eine Infektkontrolle gewährleistet [3].
Vertreter biofilmtypischer Bakterien sind die so genannten „small colony variants“ (SCV). Sie wurden zunächst für Staphylokokkus aureus beschrieben, sind aber mittlerweile auch für koagulasenegative Staphylokokken, Pseudomonaden und E-coli bekannt [7]. Sie zeichnen sich, bedingt durch einen Auxotrophismus, durch eine geringere Koloniegröße im Vergleich zum Wildtyp aus. Zu diesen rein morphologischen kommen noch zahlreiche biochemische Unterschiede hinzu, die den SCVs eine zum Wildtyp unterschiedliche Enzymausstattung und dementsprechend Antibiotikaresistenz verleiht. Somit sind SCVs typische Vertreter so genannter „difficult-to-treat“ Keime, d.h. Keime, die gegen biofilmaktive und gut gewebegängige Antibiotika resistent sind (Tab. 2) [8].
Einteilung der Protheseninfektionen
Die klinisch am häufigsten angewandte Einteilung ist die Klassifikation nach Tsukayama mit vier Manifestationsformen der Protheseninfektion (Tab. 3) [9]. Typ eins stellt hierbei den intraoperativen Keimnachweis bei ursprünglich angenommener aseptischer Wechselsituation dar. Die Typen zwei und drei unterscheiden sich lediglich durch die Infektdauer (kürzer oder länger als drei Wochen) und entstehen durch perioperative Keimbesiedlung. Typ vier entsteht aufgrund einer Barrierestörung durch hämatogene Keimaussaat.
Klinik
Die Symptomatik der periprothetischen Infektion unterscheidet grundsätzlich zwei Formen, wobei Mischbilder nicht selten in der klinischen Routine gesehen werden (Tab. 4). Die akute Infektion zeigt sich in einer teils fulminanten Verschlechterung der Prothesenfunktion und auch des Gesundheitszustands des Patienten. Fast konträr hierzu zeigt sich die chronische Infektion mit dumpfen Schmerzen, welche vielleicht schon seit der Primärimplantation bestehen. Eine Arthrofibrose kann manchmal sogar das führende Symptom sein [10]. Systemische Entzündungszeichen fehlen in der Regel ganz, lokale sind allenfalls diskret ausgebildet. Septische Krankheitsbilder werden hierbei nur sehr selten beobachtet.
Diagnose
Anhand folgender fünf Parameter gelingt es in der überwiegenden Anzahl der Fälle eine periprothetische Infektion nachzuweisen.
Anamnese
Bildgebung
Blutparameter
Mikrobiologie
Histologie
Bei der klinischen Untersuchung soll hierbei neben dem Lokalbefund auch eine ausführliche Anamnese erhoben werden. Postoperative Komplikationen wie Wundheilungsstörungen oder Hämatome sollen gezielt erfragt werden. Bezüglich des Lokalbefundes gilt nach wie vor, dass nur eine offensichtliche Fistel oder ein mit dem Gelenk kommunizierender Abszess als einzig sicherer Nachweise für eine Infektion gelten. Eine sterile Fistel gibt es nicht!
Röntgen
Konventionelle Röntgenbilder des betroffenen Gelenks sollten mit Altaufnahmen verglichen werden. Bezüglich der Diagnose „Infekt“ gilt das Röntgen als gering sensitiv und auch spezifisch. Wichtige Zeichen sind die frühe und vor allem schnelle Lockerung der TEP [5].
Nuklearmedizinische
Verfahren
Es gilt grundsätzlich zwischen der Szintigraphie (Skelett- und Entzündungsszintigraphie) und der PET (Positronen-Emissions-Tomographie) zu unterscheiden. All diese Techniken finden in unklaren Fällen chronischer Infektionen ihre Anwendung. Als Nachteile müssen genannt werden, dass sie teuer und aufwendig in der Durchführung sind. Zudem gelten sie im Allgemeinen als unspezifisch. Vorteil ist ihre hohe Sensitivität mit hohem negativ prädiktivem Vorhersagewert. Klinisch wichtig ist zu erwähnen, dass die Szintigraphie im ersten postoperativen Jahr durch physiologische Umbauvorgänge wenig aussagekräftig ist. Allgemein muss festgehalten werden, dass die nuklearmedizinischen Verfahren die in sie gesetzten Erwartungen bislang nicht erfüllen konnten [5].
Blutparameter
Routinemäßig erfolgt hierbei die Bestimmung von CRP, Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG), den Leukozyten im Blutbild und neuerdings auch zunehmend IL-6 (Tab. 5) [3,11]. PCT (Procalcitonin) und TNF-alpha werden aufgrund geringer Genauigkeit nicht empfohlen. Wichtig für die Interpretation der Werte ist die Kenntnis ihres regelrechten postoperativen Verlaufs. Das CRP erreicht in der Regel am dritten postoperativen Tag sein Maximum und normalisiert sich anschließend. Erhöhte Werte können häufig zwei bis drei Monate nach Primärimplantation nachgewiesen werden und hängen auch entscheidend von komplizierenden Faktoren (Wundheilungsstörungen usw.) ab. Die Blutsenkung kann sogar bis mehrere Monate postoperativ deutlich erhöht bleiben [6].
Punktion
Eine präoperative Punktion des betroffenen Gelenks ist zur Keimsicherung indiziert [5,12]. Sie hat unter sterilen Kautelen und wenn möglich mindestens zweiwöchiger Antibiotikakarenz zu erfolgen. Die Sensitivität wird unter diesen Bedingungen mit 80–90% angegeben [10]. Wichtig zu beachten sind die zahlreichen Faktoren, welche letztlich zu falsch-positiven und auch falsch-negativen Punktionsergebnissen führen können. Es gilt allgemein, dass die Wertigkeit der Punktion im Bereich der Hüfte geringer ist als beim Kniegelenk. Dies liegt unter anderem daran, dass die Standortflora der Hüfte in bis zu 15% für falsch-positive Ergebnisse sorgt. Somit kann es manchmal nötig sein, bei dringendem Verdacht auf Infektion und negativem Keimnachweis, die Sensitivität der Punktion durch mehrfache Durchführung derselbigen zu erhöhen bzw. arthroskopisch (ohne Spülflüssigkeit) Synovialbiopsate zu entnehmen. Hierfür wird, zumindest im Rahmen der Infektdiagnostik bei Knieprothesen, eine Sensitivität von bis zu 100% beschrieben [12].
Im Labor soll dann die Bebrütung des Aspirats für mindestens zehn besser noch 14 Tage erfolgen [3]. Diese verlängerte Bebrütungszeit begründet sich durch das langsame Wachstum der für Protheseninfektionen verantwortlichen Keime. Maximal 50% der Keime lassen sich nach einer konventioneller Bebrütungszeit von zwei Tagen nachweisen [13]. Zudem darf bei vorhandenem Keimnachweis die Bebrütung nicht vorzeitig abgebrochen werden, liegen doch in 20% der Fälle polymikrobielle Infektionen vor [10].
Das Punktat sollte zudem zytologisch analysiert werden (EDTA-Röhrchen). Hierbei zeigen sich, je nach gewähltem Cut-Off-Wert für Leukozyten (>1.700/µl) und dem prozentualen Anteil an Granulozyten (60–80%), positiv und negativ prädiktive Werte von bis zu 94% bzw. 98% [3,6].
Intraoperativ gewonnene Kultur und Histologie
Intraoperativ kann aus verschiedenen Regionen des Gelenks periprothetisches Gewebe entnommen werden. Es herrscht Konsens darüber, dass zumindest für die Kultur, mindestens fünf Biopsate entnommen werden sollten, wobei ein Infekt bei mindestens zwei positiven Kulturen mit dem gleichen Keimnachweis als gesichert angenommen werden kann [5,9,12]. Nach wie vor herrscht keine Klarheit darüber, ob die intraoperative Kultur oder die Histologie eine Infektion mit höherer Genauigkeit nachweisen kann. Einige Autoren sprechen sich jedoch für die histologische Analyse nach Morawietz als Goldstandard in der Diagnostik aus, da sie für falsch-positive bzw. falsch-negative Ergebnisse weniger anfällig scheint [3]. Hierbei erfolgt die Auszählung der neutrophilen Granulozyten in zehn Gesichtsfeldern und zusätzlich die Analyse des periprothetischen Gewebes. Finden sich mindestens 23 Neutrophile und herrscht ein entzündlicher Gewebetyp vor, ist eine Protheseninfektion sehr wahrscheinlich [14].
Therapie
Konservative Therapie
Sie besteht aus Antibiotikatherapie und wird nur in Ausnahmefällen durchgeführt (OP-Unfähigkeit, ausdrücklicher Patientenwunsch) [5]. Letztlich ist dadurch keine Heilung sondern lediglich eine Infektunterdrückung möglich.
Operative Therapie
Hier steht der Prothesenerhalt dem Prothesenwechsel bzw. -ausbau gegenüber. Anhand folgender Faktoren wird das Verfahren gewählt (Abbildung 1):
Stabilität der Prothese
Dauer des Infekts
Keim
Weichteilsituation
Prothesenerhalt
Bei kurzer Infektionsdauer (Frühinfekt, akut hämatogener Infekt), stabiler Prothese, guter Weichteilsituation und sensiblem Keim kann ein prothesenerhaltendes Vorgehen versucht werden. Operativ sollte hierbei möglichst schnell ein offenes Débridement durchgeführt werden, wobei radikal der gesamte Gelenk-raum debridiert und mit Antiseptika gespült wird. Alle modularen Gelenkteile sind zu entfernen. Ein arthroskopisches Vorgehen bleibt nur Sonderfällen vorbehalten (z.B. laufende orale Antikoagulation), da hierbei Infektkontrollraten nur bis ca. 40% beschrieben sind [15]. In der Regel erfolgt nach dem initialen Débridement mindestens ein weiteres, besser noch zwei. Nach erfolgter mikrobiologischer Testung kann die Antibiose testgerecht adaptiert werden. Der prothesenerhaltende Versuch hat bei strenger Indikationsstellung eine Erfolgsrate zwischen 60–100% [16]. Beim Frühinfekt werden in der Regel bessere Resultate erzielt als beim akut hämatogenen. Bei Reinfektion nach prothesenerhaltendem Vorgehen sollte kein weiterer Versuch des Prothesenerhalts versucht werden, da hierdurch die Infektkontrollrate deutlich gesenkt wird.
Prothesenwechsel
Der Prothesenwechsel wird nötig, wenn die Symptomdauer der Infektion die Grenze von drei Wochen überschreitet oder die Prothese im Knochen nicht stabil verankert ist [17]. Nach Ausbau der Prothese kann in der gleichen Sitzung oder zu einem späteren Zeitpunkt
(einzeitiges vs. zweizeitiges Vorgehen) ein Wiedereinbau erfolgen. Bei Vorliegen patientenassoziierter Risikofaktoren (z.B. Drogenabusus) kann auch ein Ausbau ohne Wiedereinbau nötig werden.
Einzeitiger Prothesenwechsel
Der einzeitige Wechsel kann unter der Voraussetzung des bereits präoperativ bekannten Keims mit Resistenzbestimmung erwogen werden. Wesentliche Vorteile gegenüber dem zweizeitigen Wechsel sind hierbei:
keine implantatfreie Zeit
keine Gefahr der Spacerkomplikationen
Nachteile sind:
nur ein Débridement
verlängerte OP-Zeit
Neben dem radikalen Débridement stellt die lokale Antibiose den entscheidenden Faktor für den Erfolg der Prozedur dar. Ohne lokalen Antibiotikumträger zeigen sich Reinfektionsraten von knapp 30% [18]. Dies bedeutet somit, dass der einzeitige Wechsel zementiert zu erfolgen hat. Dem Zement darf, aus mechanischen Gründen, maximal 10% seines Trockengewichts an Antibiotikum beigemengt werden.
Zweizeitiger Wechsel
Der zweizeitige Wechsel gilt heute als Goldstandard in der Therapie der periprothetischen Infektion [3]. Er sollte immer dann erwogen werden, wenn oben genannte Verfahren des Prothesenerhalts oder einzeitigen Wechsels nicht möglich sind und es sich zudem um chronische Infekte mit unbekannten oder resistenten Keimen handelt. Wesentliche Vorteile im Vergleich zum einzeitigen Verfahren sind hierbei:
mindestens zwei Débridements
hohe Antibiotikakonzentrationen im Zementspacer möglich
Nachteilig wirken:
temporäre Funktionseinschränkung des Gelenks im prothesenfreien Intervall
Spacerkomplikationen
Zementspacer als Nährboden für multiresistente Keime
Das implantatfreie Intervall kann, je nach Schwere der Infektion, zwischen wenigen Wochen bis mehrere Monate betragen, wobei hierbei wenig Evidenz über die genaue Dauer herrscht. Letztlich halten sich viele Autoren an Marker wie den Lokalbefund, Blutentzündungswerte oder Entzündungsszintigraphien, um den Wiedereinbau zu planen [4,17]. Problematisch stellt sich hierbei dar, dass beispielsweise das CRP in bis zu 21% der Fälle bei geplantem Wiedereinbau nach sechs Wochen erhöht sein kann, ohne dass sich dadurch nach durchgeführter Reimplantation die Reinfektionsrate erhöht [19]. Auf die schlechte Spezifität der Szintigraphie wurde bereits oben eingegangen. Viele Autoren empfehlen deshalb eine geplante Punktion des Gelenks (unter mindestens zweiwöchiger Antibiotikakarenz) vor dem Wiedereinbau der Prothese.
Begleitende Antibiose
Die Auswahl des Antibiotikums richtet sich schlussendlich nach folgenden Faktoren:
Keim mit Resistenzlage
Gewebegängigkeit
Bioverfügbarkeit bei oraler Therapie
Häufig finden Regime mit biofilmaktiven Substanzen wie Rifampicin oder Makroliden Anwendung (Tab. 6) [3,4,16].
Zur Dauer der postoperativen Antibiose gibt es unterschiedliche Angaben [17]. Neuere Daten favorisieren eine sechswöchige Antibiose nach der letzten OP [20].
Fazit für die Praxis:
Periprothetische Gelenkinfektionen stellen aufgrund der steigenden Anzahl ein zunehmendes Problem dar.
Anamnese, Klinik, Blutparameter, Röntgen und Punktion des betroffenen Gelenks führen in der Mehrzahl der Fälle zur Diagnose.
Therapeutisch sollte bei kurzer Infektdauer (< 3 Wochen), stabiler Prothese und sensiblem Keim ein Prothesenerhalt durch mehrfaches offenes Débridement versucht werden.
Der zweizeitige Wechsel gilt bei chronischen Verläufen als Goldstandard.
Korrespondenzadresse:
Dr. med. Norbert Harrasser
Klinik für Orthopädie und
Sportorthopädie
Klinikum Rechts der Isar der
Technischen Universität München
Ismaninger Straße 22
81675 München
E-Mail: norbert.harrasser@gmx.net
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Fussnoten
*Klinik für Orthopädie und Sportorthopädie, Klinikum Rechts der Isar der Technischen Universität, München
DOI 10.3238/oup.2012.0016-0022