Originalarbeiten - OUP 07-08/2012

Epiduroskopie –
Eine anatomische Studie
Epiduroscopy – an anatomical investigation

D.P. König1, B. Desai2, J. Koebke3†, P. Eysel4, S. Fürderer5, C. Schnurr1

Zusammenfassung: Im Rahmen der Epiduroskopie ist es bisher kaum möglich, den anterioren lumbalen
Epiduralraum darzustellen. Daher war es Ziel unserer Studie, die bisher unbekannte Ursache für die posteriore Positionierung des Epiduroskops zu identifizieren.

Methodik: 3 Leichen wurden derart präpariert, dass das
Epiduroskop vom Eintritt in den Hiatus sacralis bis hin zum ersten Lendenwirbelkörper verfolgt werden konnte. Epiduroskopisch wurde versucht, den anterioren Epiduralraum darzustellen.

Ergebnisse: Aufgrund von Adhäsionen der Dura am posterioren Sacrums gelang es nicht ohne Perforation der Dura den anterioren Epiduralraum zu erreichen.

Schlussfolgerung: Zur Darstellung des anterioren Epiduralraumes erscheinen neue Epiduroskopie-Instrumente notwendig, die entweder eine laterale Passage um den Duralschlauch herum oder aber eine kontrollierte Perforation der Dura ermöglichen.

Schlüsselworter: Epiduroskopie, chronischer Rückenschmerz,
Epiduralraum

Abstract: Mostly the visualization of the anterior aspect of the lumbal epidural space via epiduroscopy is impossible. Aim of the study was to evaluate the anatomical prerequisites for visualizing the whole aspect of the spinal canal by epiduroscopy.

Methods: Fresh human specimens (n = 3) were divided in the midline to visualize the introduction of the epiduroscope via the sacral hiatus into the lumbal spine.

Results: The posterior epidural space could be reached easily. However, in none of the specimens the scope could be positioned into the anterior space without violating the dural sac. The reason for the unapproachability of the anterior epidural space was the bony attachment of the dura at the posterior part of the sacrum.

Conclusions: New instruments either for a controlled perforation or orbiting of the dura are needed to safely reach the anterior aspect of the epidural space.

Keywords: epiduroscopy, low back pain, epidural space

Einleitung

Die Behandlung des unspezifischen chronisch lumbalen Rückenschmerzes ist häufig anspruchsvoll und schwierig. Ökonomisch verursacht dieses Krankheitsbild enorme volkswirtschaftliche Folgekosten. Seit geraumer Zeit stehen zahlreiche zusätzliche diagnostische Möglichkeiten zur Verfügung, wie beispielsweise das hochauflösende MRT. Trotzdem gelingt es nicht immer, die Ursachen des chronisch lumbalen Rückenschmerzes zu identifizieren. Es existiert keine Evidenz hinsichtlich einer effektiven Behandlung des unspezifischen chronisch lumbalen Rückenschmerzes, insbesondere operative Interventionen haben häufig ein schlechtes Outcome [1]. Die Epiduroskopie wurde 1931 erstmalig als ein minimal invasives Verfahren zur Visualisierung des lumbalen Epiduralraumes beschrieben [2]. In den letzten Jahren wird diese Technik vermehrt zur Behandlung von Patienten mit unspezifischen chronisch lumbalen Rückenschmerzen eingesetzt [3, 4]. In Studien wurde eine deutliche und anhaltende Schmerzreduktion beschrieben, wenn im Rahmen der Epiduroskopie Cortisonpräparate an den kompromittierten Nerv appliziert wurden [5, 6]. Diese Autoren beschrieben, dass mittels Epiduroskopie pathologische Veränderungen diagnostiziert werden konnten, die im MRT nicht identifiziert werden konnten. In anderen Studien wurde die Epiduroskopie als hilfreiche Therapieoption bei Patienten mit einer lumbalen Spinalkanalstenose mit radikulärer Symptomatik beschrieben [7]. Hier konnten Verwachsungen gelöst und Corticosteroide und Schmerzmedikamente an den Ort der Pathologie appliziert werden. Dennoch bestehen technische Probleme bei der Durchführung der Epiduroskopie: Aufgrund des kleinen Gesichtsfeldes ist die Bildqualität mäßig. Ein weiteres, wesentliches Problem besteht darin, dass es häufig nicht möglich ist, den anterioren epiduralen Raum mit dem Epiduroskop zu erreichen und darzustellen; über den Hiatus sacralis kann häufig nur der posteriore Epiduralraum erreicht werden. Die Ursache hierfür ist bisher unklar. Es war daher Ziel unserer Studie, die anatomische Ursache für die posteriore Positionierung des Epiduroskops zu identifizieren.

Material und Methoden

Im anatomischen Institut wurden 3 nicht fixierte Leichen präpariert, so dass es möglich war, den Eintritt des Epiduroskops über den Hiatus sacralis in den lumbalen Epiduralraum optisch zu verfolgen (Abb. 1). Die Leichen wurden dazu in der Medianlinie durchtrennt. Um einen durchgehenden Blick auf das Epiduroskop zu gewährleisten, wurde der Spinalkanal der Präparate vom ersten Lendenwirbelkörper bis zum Os coccygis eröffnet. Anschließend wurde eine Glasplatte auf dem Präparat fixiert, um eine gute optische Kontrolle des Epiduroskops zu ermöglichen. Aufgrund dieser Präparation konnten alle relevanten anatomischen Strukturen (Sacrum, Wirbelkörper, Bandscheiben, Dura und Rückenmark) eindeutig dargestellt werden. Zur Epiduroskopie wurde ein 3,0 mm Epiduroskop (Wolf, Knittlingen, Deutschland) verwendet.

Ergebnisse

Der Eintrittsweg des Epiduroskops konnte bei allen 3 Leichen zweifelsfrei dargestellt werden. Nachdem das Epiduroskop den Trokar verlassen hatte, wurde es weiter vorangeschoben. In allen Fällen kam es dadurch zu einer posterioren Positionierung des Epiduroskops im Epiduralraum (Abb. 2). Es war unmöglich den anterioren Epiduralraum ohne Verletzung der Dura zu erreichen. Als Grund für die posteriore Positionierung des Epiduroskops konnten Anheftungen der Dura am posterioren Anteil des Sacrums identifiziert werden (Abb. 1–3). Die einzige Möglichkeit, den anterioren epiduralen Raum zu erreichen, bestand in einem anterioren Umbiegen des Epiduroskops mit einer unkontrollierten Perforation der Dura mater (Abb. 4–5).

Diskussion

Der Effekt der Epiduroskopie zur Behandlung des unspezifischen chronisch lumbalen Rückenschmerzes wurde in den letzten Jahren in verschiedenen Studien untersucht: In einer prospektiven Studie von Richardson et al. konnte eine signifikante Verbesserung der Schmerz- und Funktionsscores durch Epiduroskopie nachgewiesen werden [8]. In einer anderen, doppelblind randomisierten Studie wurden 2 Gruppen miteinander verglichen [9]: In beiden Gruppen wurden im Rahmen der Epiduroskopie Corticosteroide und lokale Anästhetika verabreicht, in der einen Gruppe mit, in der anderen ohne Lösung von Adhäsionen. Es zeigten sich signifikante Schmerz- und Funktionsverbesserungen nach einem, 3 und 6 Monaten in der Gruppe, in der die Verwachsungen gelöst worden waren. Dashfield et al. verglichen epiduroskopisch platzierte und unplatzierte sacrale Steroidinfiltrationen miteinander [10]. Es zeigten sich klinische Verbesserungen in beiden Gruppen, jedoch konnte kein signifikanter Unterschied zwischen beiden Therapieverfahren nachgewiesen werden.

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