Originalarbeiten - OUP 04/2013
Erfahrungsbericht über 2 Jahre Anwendung des Kurzschafts Optimys
Die biomechanischen Testungen, welche die ISO-Norm vorschreibt, erfüllen alle Anforderungen. Zur Überprüfung der Primärstabilität wurde zudem eine biomechanische Studie am Institut für Unfallchirurgische Forschung und Biomechanik in Ulm durchgeführt. In der vergleichenden Studie wurde der veränderte Kraftfluss von Optimys und CBC Prothesen von Mathys im proximalen Femur von humanen Femurpräparaten gemessen.
Zur Messung der Mikrobewegungen wurden an verschiedenen Positionen der Femura Präzisionsmesssensoren angebracht. Dabei wurden die axiale
Mikrobewegung, die Kippung in der Frontal- und Sagittalebene sowie die Rotation um die Schaftmittelachse gemessen. Die Applikation der 105 zyklischen Lastwechsel zwischen 100–1600 N erfolgte im simulierten Einbeinstand.
Die gemessenen Mikrobewegungen (axial 29 µm, frontal 0,02°, sagittal 0,00°) bestätigten eine sehr gute Primärstabilität des Optimys Schafts im In-vitro-Modell. Die mit 0,04° gemessene Rotation um die Schaftmittelachse weist ebenfalls auf eine hervorragende Rotationsstabilität der Prothese hin. Die Veröffentlichung der Studie ist für 2013 vorgesehen.
OP-Technik
Für die präoperative Planung stehen analoge Planungsfolien und digitale Röntgenschablonen zur Verfügung. Bei sorgfältiger Planung entspricht die geplante der dann eingesetzten Größe oder differiert nur um ± eine Größe. Der Zugang ist frei wählbar. In der Regel wird ein antero-lateraler minimal invasiver Zugang gewählt.
Intraoperativ wird der gemäß der Planung resezierte Schenkelhals am medialen Kortex mit einer gebogenen Ahle oder einem Löffel eröffnet. Die gekrümmten Raspeln lassen sich leicht einführen, da sie schneidend sind. Man erhofft sich davon ein rascheres Einwachsen der wenig geschädigten Spongiosa und eine Vermeidung intraoperativer Frakturen. Es werden verschiedene Raspelgriffe je nach Zugang angeboten (Abb. 2a und b). Durch die Ausrichtung entlang des Adamschen Bogens am medialen Kalkar wird der Bereich des Trochanter majors nicht tangiert und die dort ansetzende Muskulatur geschont. Dadurch kann eine frühfunktionelle Nachbehandlung erfolgen, zumal vom Schaft eine gute Verklemmung und Rotationsstabilität zu erwarten ist. Postoperativ wird schmerzadaptiert belastet, die Vollbelastung ist erlaubt.
Studiendesign
Seit Dezember 2010 wird der Optimys Kurzschaft implantiert. Die Patienten der 5 ersten Anwenderkliniken (s. Tab. 1) werden in einer zentralen Datenbank prospektiv erfasst. Die Studie umfasst ausschließlich Primärimplantationen. Ausschlusskriterien waren septische oder Tumorerkrankungen, ASA > 3, mangelhafte Compliance bezüglich der Nachuntersuchungen und die Teilnahme in anderen Studien. Es werden die prä-, intra- und postoperativen Daten sowie die Ergebnisse nach 6–12 Wochen, 6 Monaten, ein und 2 Jahren ausgewertet. Die Patienten bekommen Fragebögen und werden klinisch sowie radiologisch untersucht. Bei der klinischen Evaluation werden Schmerz, Beinlänge und der Harris Hip Score untersucht. Zur radiologischen Beurteilung wurden die Gruenzonen adaptiert, wobei die gesamte polierte Spitze der Zone 4 entspricht. Zusätzlich wird eine EBRA-Messung durchgeführt, die allerdings erst nach 2 Jahren möglich ist, wenn genügend Röntgenbilder zum Vergleich vorliegen.
Ergebnisse
Bisher wurden 766 Hüften in die Studie eingeschlossen, 85 davon wurden beidseits operiert. 1206 Nachuntersuchungsergebnisse sind eingegangen. Das Verhältnis Frauen zu Männern ist mit 381 zu 385 ausgeglichen, ebenso die Seitenverteilung rechts zu links mit 395 zu 371 Fällen. Das Alter lag im Durchschnitt bei 64,3 Jahren mit einer Spanne von 23,6 bis 91,3 Jahren. Es ist kein Patient verstorben.
Bei den Indikationen war die primäre Arthrose mit 559 Fällen am häufigsten vertreten, sekundäre Arthrose 84, Dysplasie 64, Hüftkopfnekrose 47, Arthritis 8, Fraktur 2 Fälle. Der Schaft wurde auch jeweils einmal bei Schenkelhalsfraktur, bei aseptischer Lockerung und bei Reimplantation nach Infekt eingesetzt.
In 94,5 % wurde minimal-invasiv operiert, meist mit dem antero-lateralen Zugang (79,9 %). Bei Frauen wurde tendenziell eher der Standard-Schaft verwendet (52,5 %), wohingegen die Männer eindeutig häufiger den lateralisierten Schaft benötigten (73,5 %).
In 6 Fällen trat intraoperativ eine
Femurfissur auf, 5-mal war der Trochanter betroffen, einmal wurde der Femur perforiert, wobei diese Komplikationen nur einzelnen Operateuren zuzuschreiben sind. 92,2 % der Patienten hatten keine postoperativen Komplikationen zu beklagen. Am häufigsten traten Hämatome/ Serome (3,5 %) auf, Trochanterfrakturen nach Sturz 0,5 %, reversible Nervenschäden 0,4 %. Tiefe Infekte sind nicht aufgetreten, lediglich 3 Wundheilungsstörungen, von denen eine revidiert wurde.
Nach 6 Wochen wurde an wesentlichen Komplikationen über eine Luxation berichtet, weil das Bein, das der Patient auf der Gehstütze abgelegt hatte, von dieser abgerutscht war. Die Hüfte konnte geschlossen reponiert werden. Eine periprothetische Fraktur trat nach Sturz einer dementen Patientin in der Reha-Klinik auf.
Es liegen bisher 316 Nachuntersuchungsergebnisse nach einem Jahr vor. Die klinische Evaluation zeigte folgende Ergebnisse:
- Die Beinlänge war in 84,8 % seitengleich. Tendenziell war das operierte Bein länger in 12 % versus 3,2 % Beinverkürzung.
- Auf der VAS Skala von 0 (kein Schmerz) bis 10 (unerträgliche Schmerzen) verbesserte sich der Schmerz in Ruhe von durchschnittlich 4,5 präoperativ auf 0,2 postoperativ, unter Belastung von 7,4 präoperativ auf 0,5 postoperativ.
- Die Zufriedenheit stieg auf der VAS Skala von durchschnittlicher Unzufriedenheit von 2,8 auf eine Zufriedenheit von 9,4.
- Der präoperativ durchschnittlich bei 47,1 Punkten dokumentierte Harris Hip Score verbesserte sich bereits nach 6 Wochen deutlich mit 89,1 Punkten und erreichte nach 12 Monaten eine hohe Punktzahl von 96,7 (s. Abb. 3).
- Von Dezember 2010 bis Januar 2013 wurden von den insgesamt 766 Hüften 10 (1,3 %) aus folgenden Gründen revidiert: periprothetische Frakturen 3-mal den Schaft und einmal die Pfanne betreffend, 3 Pfannendislokationen, eine ungeklärte aseptische Lockerung, eine Wundrevision und ein Frühinfekt unklarer Genese, der unter Erhalt des Implantats erfolgreich behandelt werden konnte.