Übersichtsarbeiten - OUP 06/2016
Gegenüberstellung modularer versus Monoblockpfannen
Auch an den Schraubenlöchern in der Metallschale und am Pol der modularen Pfannen entwickeln sich Osteolysen durch die PE-Partikel und Metallabrieb [8, 14]. Die Monoblockpfannen hingegen haben nur am Pfannenrand Schraubenoptionen, die aber nicht besetzt werden müssen [15].
Die Vorteile der Auswahl von modularen Inlays bestehen darin, dass man individuell prä- aber auch intraoperativ entscheiden kann, welches Material (PE oder Keramik) und welche Paarung man verwenden möchte. Viele Systeme bieten sogar beide Optionen bei gleicher Metallschale. Bei den überhöhten Inlays, die es nur in PE gibt und die gerne bei Dysplasiepatienten oder Luxations-gefährdeten Patienten verwendet werden, kann man sogar entscheiden, an welcher Position man die Überhöhung platzieren möchte.
Vor und Nachteile der
modularen Inlays bei der
Primärimplantation
Highly cross-linked Inlays können dünner hergestellt werden, da man sich weniger Abrieb verspricht. Allerdings besteht dabei die Gefahr von Randbrüchen [16, 17], da sie eine höhere Sprödigkeit aufweisen.
Vor allem aber bei Verwendung von Keramik-Inlays ist diese Bruchgefahr gegeben, besonders bei schlechtem Pfannensitz und Impingement. Keramik ist nicht verzeihend, sodass äußerst sorgfältig gearbeitet werden muss, was bei minimalinvasiven Zugängen, muskelkräftigen und adipösen Patienten deutlich erschwert ist. Die Pfanne muss präzise gesetzt werden. Das Inlay darf beim Einsetzen nicht am Konus verletzt werden oder verkanten. Zwischen Inlay und Pfanne dürfen kein Blut oder andere Partikel sein, die die Keramik schwächen [18], was aber intraoperativ nur schwierig umzusetzen ist. Inzwischen wurden Implantate entwickelt, bei denen das Inlay vor dem Einsetzen vormontiert wird, die aber noch keine breite Anwendung gefunden haben.
Die Positionierung der Pfannen ist intraoperativ schwierig und variabel, was allgemein bekannt ist und in unserem Hause und bei den Audits in den EndoProthetikZentren nachvollzogen werden kann. Die Monoblockpfannen sind – im Gegensatz zu modularen Systemen, besonders wenn bei letzteren Keramik verwendet wird – verzeihend auch bei steilem Inklinationswinkel, wie in Studien gezeigt werden konnte [2, 5].
Pressfit-Verankerung
Die meisten modularen Pfannen haben eine Pressfit-Verankerung. Sie sind hart und dickwandig, sodass sie sich bei der Implantation nicht verformen, was für ein Keramikinlay eine zwingende Voraussetzung ist. Allerdings ist mit einer gewissen Knochenatrophie retroazetabulär zu rechnen. Bei schlechter Verankerung werden in vielen Implantaten diverse Schraubenoptionen angeboten (Abb. 4).
Die isoelastischen Pressfit-Pfannen hingegen haben eine geringere Aussteifung des Azetabulums und damit auch eine physiologischere Krafteinleitung. Bei sehr harter Knochenstruktur und nicht ganz sphärischer Fräsung des Pfannenlagers könnte sich so ein Implantat allerdings etwas verformen. Das relativ weiche PE wird sich dann in der ersten Zeit an die Kopfform anpassen. Für Unsicherheiten, ob die Verklemmung hält, werden am Pfannenrand Schraubenoptionen angeboten. Radiostereometrische Messungen von 37 Hüften haben gezeigt, dass Schrauben für die Stabilität aber nicht notwendig sind [15].
Inlaywechsel
Ein oft vorgebrachtes Argument gegen die Monoblockpfannen sind die Vorzüge der Modularität, nicht nur bei der Erstimplantation, sondern auch bei Revisionen. So könne das Inlay bei Bedarf ausgewechselt werden, ohne die verankerte Schale entfernen zu müssen.
Die Notwendigkeit tritt zum Beispiel bei Frühinfekten auf. Allerdings kann so früh eine Monoblockpfanne ohne größere Schwierigkeiten oder Knochenverlust ebenfalls leicht ausgetauscht werden. Diese Situation liegt aber nur sehr selten vor. Meist handelt es sich um Infekte, bei denen alle Implantate ein- oder zweizeitig ausgetauscht werden müssen, sodass die Modularität keinen Vorteil bringt. Ein Vorteil ist die Möglichkeit des prophylaktischen Inlayaustauschs bei Hämatom- und Seromrevisionen, die allerdings möglichst nicht notwendig sein sollten.
Bei Fehlplatzierungen oder Luxationen kann in Einzelfällen der Austausch des Inlays beispielsweise in ein Dysplasieinlay mit besserer Überdachung nützen.
Bei Verschleiß allerdings kann es nach Jahren passieren, dass das Inlay nicht mehr erhältlich ist. Bei der Operation kann der Verklemmungsmechanismus zu Schaden kommen, sodass doch das gesamte Implantat ausgetauscht werden muss. Etliche Operateure geben an, dass sie sowieso beim Wechsel immer alles austauschen, da eine Kontamination nicht auszuschließen sei, die einen schleichenden oder manifesten Infekt auslösen könnte.
Nachteilig ist, dass man bei Verschleiß das eher dünne Inlay wechseln muss, bevor die Metallschale erreicht wird, auch wenn der Patient keinerlei Beschwerden hat und keine Osteolysen vorliegen (Abb. 5). Monoblockpfannen können hingegen belassen werden bis Beschwerden auftreten. Das PE ist viel dicker und kann vollständig abgenutzt werden.
In der hauseigenen Datenbank, die seit 1999 geführt wird, wurden bis 2015 neben 6128 Monoblockpfannen insgesamt 720 modulare Pfannen eingesetzt. Davon wurden nur 9 Inlays (0,9 %) gewechselt: 2-mal nach Luxation bei schwerer Dysplasie, 2-mal bei Luxation nach Pfannenwechsel und Neuimplantation nach Infekt bei sehr schlechten Weichteilverhältnissen, 2-mal bei schlechter Compliance alter Patienten, einmal im Rahmen eines Schaftwechsels und 2-mal bei Frühinfekt. In einigen dieser Fälle würden wir heute sicherlich primär ein anderes Implantat wählen. Die genaue Aufarbeitung der Daten steht noch aus.
Pfannenrevision
Der Pfannenwechsel der Monoblockpfannen gelingt ohne wesentlichen Knochenverlust, was bei modularen Pfannen nicht so einfach gelingt. Die Monoblockpfanne kann schlicht ausgefräst werden. Eine andere Möglichkeit ist, sie in „Tortenstücke“ zu zerteilen (Abb. 6). So kann die gleiche Größe oder die nächste Größe des Implantats wieder eingesetzt werden. Wenn es nicht mit einer Pressfit-Pfanne gelingt, steht eine RM-Revisionspfanne mit 2 kranial gelegenen kräftigen 6,5-mm-Spongiosaschrauben zur Verfügung. Bei ausgedehnten Knochendefekten und fehlender Überdachung können allerdings nur bei modularen Pfannensystemen Augmente an die Metallschale fixiert werden.