Übersichtsarbeiten - OUP 07-08/2014

Gründe und Risikofaktoren für die Revision von Knietotalendoprothesen

Bei einem Teil der Patienten musste die Knieprothese aufgrund einer Infektion mit Bakterien oder Pilzen revidiert werden. Teilweise hatte der Infektionsvorgang eine Lockerung der Prothese verursacht.

In die letzte Gruppe der „nichtpatellaren Komplikation ohne Lockerung“ wurden die Fälle eingeteilt, bei denen alle Prothesenanteile fest verankert waren und auch keine in Verbindung mit der Patella aufgetretenen Probleme Grund zur Reoperation gegeben hatten. Hierunter fielen Arthrofibrose und Bewegungseinschränkung des Gelenks aufgrund von Fibrosierung oder Ossifikation, sowie Wundheilungsstörungen und Insuffizienz von Sehnennähten.

Ergebnis

Häufigste Indikation zur Revision nach Ausschluss der Spätkomplikationen waren Patellakomplikationen ohne Lockerung von Prothesenanteilen (16 Patienten = 24,6 %), gefolgt von Infektionen und kompletten Lockerungen, die bei jeweils 8 Patienten auftraten (12,3 %). Es folgten die isolierten Tibialockerungen bei 7 Patienten (10,8 %), nichtpatellare Komplikation ohne Lockerung bei 5 (7,69 %) und periprothetische Frakturen bei 4 Patienten (6,15%). Eine isolierte Lockerung der femoralen Komponente trat nur bei einem Patienten auf, welcher bei einer Prothesenverweildauer von mehr als 5 Jahren zur Gruppe der Spätkomplikationen gerechnet wurde.

In der Gruppe der nichtpatellaren Komplikationen ohne Lockerung von Prothesenanteilen dominierte die Arthro fibrose mit anteiligen 80 % als Ursache einer schmerzhaften Bewegungseinschränkung. Nur ein Patient musste aufgrund von Wundheilungsstörungen und Nahtinsuffizienz revidiert werden.

Verglichen mit dem Gesamtdurchschnitt des Patientenalters bei Primärimplantation (66,7 ± 8,4 Jahre) trat eine Lockerung der tibialen Komponente vermehrt bei jüngeren Patienten auf. Dieser Altersunterschied war signifikant (p = 0,033). Der Altersdurchschnitt dieser Gruppe bei Primärimplantation betrug nur 60,4 ± 6,8 Jahre. Auch zum Zeitpunkt der Revision war der Altersdurchschnitt dieser Gruppe signifikant geringer mit 61,2 ± 7,1 Jahren (p = 0,004). Hingegen traten Probleme des patellaren Kompartiments verstärkt bei älteren Patienten auf; der Altersdurchschnitt bei primärer Operation in dieser Gruppe lag bei 68,4 ± 7,5 Jahren.

Folgende Risikofaktoren konnten somit identifiziert werden:

Ein erhöhter BMI zeigte sich als in Zusammenhang stehend mit patellarer Problematik, Infektionen und generell einem früheren Versagen der K-TEP.

Eine Lockerung der tibialen Komponente trat signifikant häufiger bei jüngeren und weiblichen Endoprothesenträgern auf, besonders dann, wenn die Tibiakomponente nicht ganz, d.h. der Kiel der Prothese nicht einzementiert war.

Patellaprobleme konnten vor allem bei älteren, weiblichen Patienten beobachtet werden.

Diskussion

In der Zusammenschau der Analysen von Komplikationen nach endoprothetischem Kniegelenkersatz ist festzustellen, dass ein Großteil der Komplikationen in den ersten Jahren nach K-TEP-Implantation der Prothese auftritt. Patienten, die in der Anfangsphase beschwerdefrei blieben, zeigten meist auch langfristig zufriedenstellende Ergebnisse [5, 6]. Die Literatur bestätigt diese Beobachtung und die zweigipflige Häufigkeit von Revisionen nach K-TEP.

Als ein wesentliches Ergebnis dieser Untersuchung ist die Problematik der Adipositas zu sehen. Adipöse Patienten (BMI deutlich über 30) haben gehäuft Patellaprobleme, zeigen gehäuft Lockerungen von Komponenten, besonders der Tibiakomponente, und es finden sich hier gehäuft Infektionen. Andere Studien haben das nicht so eindeutig herausgestellt [5, 6]. Es kann daran liegen, dass sich seit diesen Studien ein anderes Essverhalten eingestellt hat, evtl. sind auch länderspezifische Einflüsse möglich.

Patienten mit einem erhöhten BMI sollten generell über eine vermehrte Komplikationsrate aufgeklärt werden. Dies hat zum einen mit der Überlastung aller Gelenke der unteren Extremität zu tun, zum anderen sind Stoffwechselstörungen und mangelnde Bewegung verantwortlich. Darüber hinaus ist es erwähnenswert, dass bereits für die Entstehung einer Arthrose Übergewicht und Adipositas als starke Risikofaktoren beschrieben werden [12, 13, 14, 15, 16, 17]. Mit den Daten der Studie GEDA 2010 konnte ein entsprechend positiver, linearer Zusammenhang zwischen dem Auftreten einer Arthrose und dem Body-Mass-Index (BMI) bei Frauen und Männern beobachtet werden. Dabei wiesen Frauen in jeder BMI-Kategorie ein höheres Arthroserisiko auf als Männer.

Übergewicht und Adipositas sind dabei am stärksten mit der Kniegelenkarthrose assoziiert [13, 14, 15, 16].

Verglichen mit dem Gesamtdurchschnitt des Patientenalters bei Primärimplantation trat eine frühe Lockerung der tibialen Komponente signifikant häufiger bei jüngeren, weiblichen Patienten auf. Diese Tendenz entspricht der Literatur und wird mit der vermehrten Belastung des Gelenkersatzes durch das höhere Aktivitätsniveau bei jüngeren Patienten erklärt [5].

Die Lockerung der Tibiakomponente zählt hinsichtlich der K-TEP-Revisionen zur „Achillesferse“ der Knieendoprothetik. Sowohl bei den Frühlockerungen als auch bei den Spätlockerungen ist diese vermehrt betroffen. Eine mögliche Erklärung, dass besonders weibliche Endoprothesenträger betroffen sind, könnte sein, dass der tibiale trabekuläre Knochen deutlich osteoporotischer ist als bei den männlichen Prothesenträgern. Hier erscheint ein längerer Stiel vollständig einzementiert mit einer Zementiertechnik der sog. 3. Generation absolut notwendig, um Lockerungen vorzubeugen. Die Tibiakomponente sollte auf jeden Fall komplett einzementiert sein und nicht nur, wie es manche Firmen noch empfehlen, nur unterhalb des Tibiaplateaus. Das gilt zudem für adipöse Patientinnen und Patienten.

In unserer Patientengruppe war insgesamt der Anteil weiblicher Patienten von vorneherein mit 69,23 % deutlich höher als der Anteil männlicher. Ohne Kenntnisse über die Verhältnisse bei den entsprechenden primären Prothesen-Implantationen sind Folgerungen aus diesen Daten nicht möglich. Die Analyse des Swedish Knee Arthroplasty Register zeigte jedoch ein Geschlechterverhältnis bei primären Knieendoprothesen mit 68 % weiblichen Patienten [6]. Daraus folgernd unterscheiden sich die Geschlechterverhältnisse zwischen primärer und Revisions-Endoprothetik nicht.

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