Übersichtsarbeiten - OUP 07-08/2014
Gründe und Risikofaktoren für die Revision von Knietotalendoprothesen
Zudem ist bekannt, dass Frauen insgesamt deutlich häufiger von einer Arthrose betroffen sind: Bei Frauen und Männern bis zum 50. Lebensjahr stieg die Prävalenz der Arthrose auf 14,9 % an (16,6 % bei Frauen; 13,3 % bei Männern). Im 6. Lebensjahrzehnt wiesen Frauen eine Prävalenz von ca. einem Drittel, Männer von knapp einem Viertel auf. Ab dem 60. Lebensjahr waren gut die Hälfte der Frauen und Ein Drittel der Männer betroffen (Gesundheit in Deutschland aktuell 2010, GEDA 2010).
Gemäß unseren Ergebnissen ist es sinnvoll, häufiger eine Patellaprothese primär zu verwenden. Die Diskussion über die Implantation eines retropatellaren Ersatzes (Verwendung oder nicht Verwendung) wird jedoch schon über Jahrzehnte kontrovers geführt [7]. Festzustellen bleibt, dass 3–7 % der Patienten mit Knie-Endoprothese mit oder ohne Patellaersatz einen vorderen Knieschmerz entwickeln, wovon aber nur ein Bruchteil reoperiert werden muss.
Untersuchungen aus dem norwegischen Knieendoprothesenregister anhand von 972 untersuchten primären K-TEPs mit oder ohne Retropatellarersatz zeigen keinen klinischen Effekt in Schmerz und Funktion zwischen beiden Gruppen [18].
Daten aus dem australischem Endoprothesenregister (n = 134.799) zeigen jedoch eindeutig, dass Patienten mit Retropatellarersatz nach 5 Jahren Prothesenstandzeit einen deutlichen Vorteil haben. Beim 5-Jahres Follow-up betrug die Revisionsrate der Patienten mit Retropatellarersatz 3,1 %, patellofemorale Schmerzen waren deutlich seltener (1 % versus 17 %), die „Patella only“ Revisionen ebenfalls signifikant seltener (6 % versus 29 %) [19].
Die Arthrofibrose trat bei unseren Patienten relativ selten als Revisionsgrund auf, wie die Arthrofibrose auch in der Literatur eher seltener angeführt wird [8, 5]. Allerdings sind diese Fälle auch mit einer Revision nicht unbedingt verbessert, insofern keine mechanische Problematik (z.B. zu große Prothesenkomponenten oder verminderte Flexionslücke) vorliegt. Die Betroffenen zeigen meist auch nach Mobilisation und Arthrolyse eine schlechte Beweglichkeit und Schmerzen. Eine wirklich zufriedenstellende Therapie für diese kleine Gruppe an Patienten, die durch überschießende Fibrosierung unter einer Arthrofibrose leiden, gibt es bisher nicht [9].
Auch wenn die Knieendoprothetik mit einigen Komplikationen und Problemen behaftet ist, zählt sie zu den wirksamsten Mitteln, Patienten von ihren chronischen Gelenkschmerzen bei Verschleiß oder Rheuma zu befreien. Über 98 % Überlebensraten werden in Studien nach 10–15 Jahren Standzeit angeführt, sodass nur ein Bruchteil o.g. Versagensgründe erleidet. Anhand des untersuchten Patientenguts können folgende Verbesserungen formuliert werden, um insbesondere die frühen Komplikationen zu vermeiden:
- 1. Gutes Alignement, um den vorderen Knieschmerz bzw. die Probleme mit der Patella zu vermeiden; kombiniert mit einem selektiven Patellarückflächenersatz.
- 2. Hygienemaßnahmen beachten und gründliche Vorkehrungen treffen, um Infektionen bei primärer Implantation zu vermeiden.
- 3. Solide Implantationstechnik, allumfassende Zementierung der Komponenten, ggf. Verwendung von längeren tibialen Stielen bei adipösen Patienten, um eine frühe Lockerung der Prothese zu vermeiden. Moderne Zementiertechnik mit Jetlavage ist unbedingt anzuwenden.
- 4. Adipöse Patienten (BMI größer 30) sollten über eine erhöhte Komplikationsrate aufgeklärt werden. Patienten sollten vor dem Eingriff abnehmen; realistisch muss zusammen mit dem Patienten ein individueller Weg gefunden werden, das Risiko einzugrenzen.
Interessenkonflikt: Die Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors bestehen.
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. med. Christof P. Rader
Praxisklinik Orthopädie Aachen
Franziskushospital Aachen
Sanatoriumstraße 10
52064 Aachen
rader@praxisklinikorthopaedie.de
Literatur
1. Vessely MB, Whaley AL, Harmsen WS, Schleck CD, Berry DJ. The Chitranjan Ranawat Award: Long-term survivorship and failure modes of1000 cemented condylar total knee arthroplasties. Clin Orthop Relat Res 2006; 452: 28–34
2. Keating EM, Meding JB, Faris PM, Ritter MA. Long-term follow-up of nonmodular total knee replacements. Clin Orthop Relat Res 2002; 404: 34–9
3. Kurtz S, Ong K, Lau E, Mowat F, Halpern M. Projections of primary and revision hip and knee arthroplasty in the United States from 2005 to 2030. J Bone Joint Surg Am 2007; 89: 780–5
4. Ewald FC. The Knee Society total knee arthroplasty roentgenographic evaluation and scoring system. Clin Orthop Relat Res 1989; 248: 9–12
5. Bozic KJ, Kurtz SM, Lau E, Ong K, Chiu V, Vail TP, et al. The epidemiology of revision total knee arthroplasty in the United States. Clin Orthop Relat Res 2010; 468: 45–51
6. Robertsson O, Knutson K, Lewold S, Lidgren L. The Swedish Knee Arthroplasty Register 1975–1997: an update with special emphasis on 41,223 knees operated on in 1988–1997. Acta Orthop Scand 2001; 72: 503–13
7. Fengler H. Patellaersatz ja oder nein? In Eulert J, Hassenpflug J (Hrsg.): Praxis der Endoprothetik. Berlin, Heidelberg: Springer Verlag; 2001
8. Sharkey PF, Hozack WJ, Rothman RH, Shastri S, Jacoby SM. Insall Award paper. Why are total knee arthroplasties failing today? Clin Orthop Relat Res. 2002; 404: 7–13.
9. Koch H, Liebau C, Schneppenheim M, Merk H. Arthroskopie nach Endoprothese des Kniegelenks. Arthroskopie 1999; 12: 233–236
10. Statistisches Bundesamt 2012. Fallpauschalenbezogene Krankenhausstatistik (DRG-Statistik). Aus dem Krankenhaus entlassene vollstationäre Patienten (einschl. Sterbe- ohne Stundenfälle). Operationen und Prozeduren bis zum kodierbaren Endpunkt nach Altersgruppen; Sonderauswertung www.gbe-bund.de (Stand: 01.06.2013)