Arzt und Recht - OUP 07-08/2013
Gutachtenauftrag – Cave „Nebenpflichten“
Rechtsanwalt Dr. Christoph Osmialowski, Fachanwalt für Medizinrecht, Karlsruhe
Einleitung
Der Auftrag zu einem Sachverständigengutachten wird der Ärztin/dem Arzt entweder von einem Gericht/einer Behörde oder einer in Abgrenzung hierzu „privaten“ Person/Stelle erteilt. Auch wenn die Erstellung von Sachverständigengutachten in der Regel nicht den Schwerpunkt der ärztlichen Tätigkeit ausmacht und die Beurteilung der Leistungen eines anderen Arztes lediglich mittelbaren Charakter hat, finden sich auch in diesem Bereich zahlreiche Regeln, die zu beachten sind.
Beispielsweise schreibt § 25 Berufsordnung eine sorgfältige Bearbeitung nach bestem Gewissen innerhalb einer angemessenen Frist vor. Die Vergütung richtet sich gegenüber Gerichten/Behörden nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG), gegenüber „privaten“ Personen/Institutionen nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) und als Leistung der Krankenkassen gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung nach dem EBM. In den einzelnen Abrechnungsziffern finden sich Anforderungen an die Gutachtenerstellung als Voraussetzung der Abrechenbarkeit.
Im Übrigen haftet der Gutachter für die Richtigkeit/Vertretbarkeit seiner Aussagen nach den allgemeinen zivil- und strafrechtlichen Grundsätzen.
Die Missachtung dieser Regeln kann auch hinsichtlich Verpflichtungen zu Sanktionen führen, die in der allgemeinen Vorstellung nicht präsent sind. Die folgenden Gerichtsentscheidungen dienen der Sensibilisierung für Aspekte der Gutachtenerstellung, die nicht auf den ersten Blick an die erfolgten bzw. drohenden Sanktionen denken lassen.
Berufsgericht für die
Heilberufe beim Landgericht München I, Beschluss vom 17.11.2011, Az. BG-Ä 2/11: Verspätetes Gutachten
Zum Sachverhalt
Der beschuldigte Arzt führt seit dem 01.04.1947 eine orthopädische Einzelpraxis und erstattet für verschiedene Institutionen Gutachten als Sachverständiger.
Der Verband beantragte die Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens, da aufgrund eines Schreibens der Versicherung an die Landesärztekammer zu prüfen sei, ob der beschuldigte Arzt für eine am 06.07.2009 übernommene Begutachtung einer Versicherungsnehmerin der genannten Versicherung trotz einer Vielzahl von Erinnerungen kein Gutachten fristgerecht abgegeben habe.
Seitens des Verbandes wurde der Arzt am 28.04.2011 über die Beschwerde informiert und auch gleichzeitig aufgefordert, eine Stellungnahme gegenüber dem Verband abzugeben und das Gutachten gegenüber der Versicherung bis spätestens 16.05.2011 zu erledigen. Eine Nachfrage bei der Versicherung am 17.05.2011 ergab, dass der Arzt am 13.05.2011 ein Gutachten übersandt hat. Eine Stellungnahme ging jedoch seitens des Arztes nicht fristgerecht ein.
Erst nach einem Hinweis auf seine Auskunftspflichten hat der Arzt mitgeteilt, dass er das ausstehende Gutachten fristgerecht an die Versicherung versandt habe. Es sei sicherlich zu einer erheblichen Verzögerung gekommen, die er zu verantworten habe. Jedoch habe auch die Versicherung in seiner Praxis angerufen und mitgeteilt, dass das Gutachten nicht mehr benötigt werde. Im Übrigen berief sich der Arzt auf die enorme zeitliche Belastung in seiner Praxis mit einer umfangreichen operativen Tätigkeit. Gleichwohl übe er daneben eine umfangreiche Gutachtertätigkeit aus, hauptsächlich um die Verluste auszugleichen, die die Kassenmedizin in einer orthopädischen Praxis verursachen würde.
Die Versicherung hat auf Nachfrage des Ärztlichen Bezirksverbandes am 31.05.2011 mitgeteilt, dass zu keiner Zeit gegenüber dem Arzt oder dessen Praxis die Mitteilung erfolgte, dass das Gutachten nicht mehr benötigt worden sei.
Der Arzt führte weiter aus, dass er eine umfangreiche Gutachtertätigkeit für Gericht, Berufsgenossenschaften und Versicherung und andere Auftraggeber vornehme, sodass er durchaus über die dementsprechende Routine verfüge und in aller Regel die Gutachten auch zeitnah im Anschluss an die Vorstellungen der Zubegutachtenden erstelle. Es sei jedoch nicht immer möglich, insbesondere durch Notfälle in der Praxis oder der Klinik, dass alle Gutachten jeweils zu einem bestimmten Punkt gestellt werden könnten. Im Übrigen bedauerte er hinsichtlich der zu begutachtenden Patientin die Verzögerung. In seinen Unterlagen gebe es einen Anruf der Versicherung vom 14.10.2010, woraus sich ergebe, dass das Gutachten nicht mehr erstellt werden solle, wenn das Gutachten in der Woche des Anrufs nicht fertig sein sollte.
Aus den Gründen
Der Arzt hat nach Auffassung des Berufsgerichts gegen § 25 der Berufsordnung verstoßen. Danach sind Gutachten und Zeugnisse, zu deren Ausstellung der Arzt verpflichtet ist oder deren Erstellung er von sich aus übernommen hat, innerhalb einer angemessenen Frist abzugeben.
Die Problematik bestehe darin, dass gerade bei versicherungsrechtlichen Vorfällen die Versicherungen darauf angewiesen sind, die ärztlichen Gutachten zeitgerecht zu erhalten, um dementsprechend die Versicherungsleistungen zu prüfen.
Aus dem vorliegenden Schriftverkehr ergebe sich eine dokumentierte permanente Nachfrage der Versicherung an einer ganzen Reihe von Daten vom 21.09.2009, 18.11.2009, 15.01.2010, 16.03.2010, 12.05.2010 und 12.07.2010, wobei der Arzt aufgefordert wurde, das Gutachten für die zu untersuchende Patientin zu erstellen.
Insoweit müsste ein Arzt klarstellen, wenn er z.B. wegen zusätzlicher anderweitiger Belastung das Gutachten nicht zeitgerecht erstellen kann und einen Gutachtensauftrag ggf. auch zurückgeben. Im vorliegenden Fall habe der Arzt letztendlich, wenn auch mit erheblicher Verspätung, das Gutachten erstellt.
Im Hinblick auf die langjährige Tätigkeit des Arztes, die bisher völlig beanstandungslos seitens des Verbandes gesehen wurde, wurde die Verhängung einer Geldbuße in der Höhe von 1.500,00 € als zur Ahndung ausreichend, aber auch notwendig angesehen.
Oberlandesgericht München I, Urteil vom 17.03.2011,
Az. 1 U 2210/09: Besondere Aufklärung durch nachbehandelnden Gutachter
Zum Sachverhalt
Der Kläger macht Schmerzensgeld und Verdienstausfall wegen einer vom beklagten Arzt im ebenfalls beklagten Krankenhaus durchgeführten Operation geltend.
Zur Vorgeschichte:
Der Kläger verletzte sich an der rechten Hand und begab sich zur Behandlung zunächst in ein anderes Krankenhaus. Die dort behandelnden Ärzte erkannten nicht, dass es zu einer Luxation der Handknochen gekommen war, weswegen eine Einrenkung unterblieb und lediglich eine Ruhigstellung verordnet wurde. Die verrenkten Knochen verheilten in der Fehlstellung. Aufgrund der Fehlstellung seiner Handknochen litt der Kläger unter Bewegungseinschränkungen und Schmerzen, was ihn in der Ausübung seines Berufs beeinträchtigte. Wegen der falschen Behandlung verklagte der Kläger das Krankenhaus und die behandelnden Ärzte beim Landgericht Konstanz. Der nunmehr im vorliegenden Prozess vor dem Oberlandesgericht beklagte Arzt wurde in diesem Vorprozess vor dem Landgericht Konstanz als Gerichtsgutachter bestellt. In der mündlichen Verhandlung wurde er zu seinem Gutachten angehört. Er erklärte, dass es möglich und erfolgversprechend sei, die Hand des Klägers zu operieren und die Fehlstellung zu korrigieren, wodurch ein wesentlich verbessertes Funktionsresultat erzielt werden könne. Der Kläger stellte sich daraufhin im Krankenhaus vor und ließ sich vom beklagten Arzt den möglichen Eingriff erläutern. Der beklagte Arzt führte dann operativ im Bereich der Mittelhandknochen eine Knochenabtragung durch, die mit dem Kläger nicht besprochen war. Im Anschluss an die Operation stellte sich beim Kläger keine Besserung der Beschwerden ein.
Zum Verfahren:
Im streitgegenständlichen Verfahren vor dem Oberlandesgericht hat der Kläger nun vorgetragen, der beklagte Arzt habe einen gänzlich anderen Eingriff vorgenommen, als bei der Besprechung und in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Konstanz dargestellt. Der beklagte Arzt habe dem Kläger in Aussicht gestellt, die versäumte Einrenkung der Knochen nachzuholen, also eine Reponierung und temporäre Fixierung des Mittelhandknochens vorzunehmen. Es würde nur eine geringfügige Versteifung (temporäre Arthrodese) der Mittel- bzw. Handwurzelknochen vorgenommen, die jedoch vernachlässigbar sei und die Beweglichkeit der Hand nicht beeinträchtigen würde. Er habe dem Kläger erklärt, der Kläger werde nach dem Eingriff keine Nervenschmerzen oder Migräneanfälle mehr haben. Schon der Vorschlag einer Korrekturoperation sei fragwürdig, wie das Privatgutachten der Ärzte Dr. R. und J. Mo. ergeben habe.
Tatsächlich sei der beklagte Arzt von der besprochenen Operation rechtswidrig und ohne Einwilligung des Klägers abgewichen. Statt der Einrenkung habe er dem Kläger durch Abtragung bzw. Kürzung von Knochen im Gelenkbereich die Chance einer Reponierung und vollständigen Wiederherstellung seiner Gesundheit genommen. Wäre die besprochene Operation durchgeführt worden, könnte der Kläger die Hand wieder uneingeschränkt nutzen. In jedem Fall sei der beklagte Arzt nicht befugt gewesen, eigenmächtig Knochenmaterial zu entfernen. Er hätte in jedem Fall die Operation beenden und ein anderes Vorgehen mit dem Kläger besprechen müssen. Keinesfalls hätte sich der Kläger bei zutreffender Darstellung der Chancen und Risiken des Eingriffs auf eine Operation eingelassen.
Da der beklagte Arzt ohne Einwilligung des Klägers eine gänzlich überflüssige, kosmetische Operation vorgenommen habe, treffe ihn die Beweislast dafür, dass die Schmerzen und Beeinträchtigungen des Klägers nicht auf seinen Eingriff zurückzuführen seien.
Aus den Gründen
Die Berufung des Klägers ist nach Auffassung des Oberlandesgerichts in geringem Umfang begründet. Der Kläger habe gegenüber den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 1.500,00 €, da der vom beklagten Arzt durchgeführten Handoperation keine hinreichende Patientenaufklärung vorangegangen ist. Der Eingriff sei mangels ordnungsgemäßer Einwilligung des Klägers rechtswidrig gewesen. Allerdings könne der Kläger nicht nachweisen, dass die Operation zu einer Verschlechterung seiner Handfunktion und zu den behaupteten gravierenden Beschwerden und gesundheitlichen Beeinträchtigungen geführt hat. Aus diesem Grund könne nur ein geringes Schmerzensgeld für die unmittelbar mit einer solchen Operation verbundenen gesundheitlichen Nachteile (Unannehmlichkeiten des Eingriffs, zeitweiliger Bewegungs- und Wundschmerz sowie eine Narbe an der Hand) zuerkannt werden.
Der Kläger sei über den operativen Eingriff nicht hinreichend aufgeklärt worden. Beweispflichtig für die ordnungsgemäße Einwilligung in die Operation, der eine richtige und vollständige Patientenaufklärung vorangehen muss, sei der Arzt.
Die Aussagen des beklagten Arztes in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Konstanz seien die Basis und der Bezugspunkt der Besprechung. Entsprechend der ausführlichen Schilderung in der Gerichtsverhandlung sollte demnach eine Korrekturoperation durchgeführt werden.
Ausweislich des Protokolls von der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Konstanz habe der beklagte Arzt in der Verhandlung die Möglichkeit aufgezeigt, die bestehende Fehlstellung des 4. und 5. Fingers operativ zu korrigieren und dadurch ein verbessertes Funktionsresultat zu erzielen. In dem Protokoll sei davon die Rede, dass intraoperativ eine Reponierung und eine temporäre Arthrodese (zeitlich beschränkte Einsteifung des Grundgelenks) durchgeführt werden könnte. Nicht nur aus der Sicht eines Laien, sondern auch für den in Arzthaftungssachen spezialisierten Senat erweckten diese Aussagen den Eindruck, als ob durch die Operation die ursprünglich versäumte Einrenkung der Gelenke nachgeholt und nach zeitweiliger Ruhigstellung die vollständige Funktion und Beweglichkeit der Hand – der Kläger klagte präoperativ insbesondere über die Unmöglichkeit eines vollständigen Faustschlusses – wieder hergestellt werden könne. Der Sachverständige habe auf Befragung des Senats die im Protokoll niedergelegte Schilderung der Operation ebenfalls in diesem Sinne aufgefasst. Ein derartiges Vorgehen (Einrichtung der verrenkten Mittelhandknochen) hätte angesichts der über 5 Jahre zurückliegenden Ausgangsverletzung – so der Sachverständige überzeugend – keine nennenswerte Aussicht auf Erfolg gehabt. Demnach treten bereits kurze Zeit nach einer Luxation durch die Heilung der Verletzung Veränderungen im Gelenk auf, die die Chancen einer Einrenkung senken. Dementsprechend habe der Gutachter die Einrenkung der luxierten Handknochen zum Zeitpunkt der Operation als faktisch nicht mehr möglich bezeichnet. Wolle man einen solchen Eingriff vornehmen, müsse man mit dem Patienten über die geringe Erfolgschance dieses Versuches sprechen, wobei in der Praxis kein Arzt einen solchen Versuch unternehmen würde, so der Gutachter.
Es möge sein, dass der beklagte Arzt subjektiv als erfahrener Facharzt ebenfalls nicht den Plan hatte, die Knochen „wieder einzurenken“, weil ihm klar war, dass mit einem solchen Versuch lediglich erhebliche Schädigungsgefahren verbunden sind, ohne dass dem nennenswerte Erfolgsaussichten gegenüber stehen. Tatsächlich habe er dem Kläger jedoch objektiv unzutreffend eine (aussichtslose) Reponierung der verrenkten Knochen angeraten. Ihm wäre es als Facharzt auf dem Gebiet der Handchirurgie jedoch
Der beklagte Arzt habe den Kläger damit vorwerfbar unzureichend über die Operation informiert. Der Eingriff sei nicht von der Einwilligung des Klägers gedeckt gewesen und folglich rechtswidrig.
Für die Beschwerden und Beeinträchtigungen, die glaubhaft und belegt sind, erachtet der Senat ein Schmerzensgeld von 1.500,00 € für angemessen und ausreichend.
Landgericht Essen,
Urteil vom 15.04.2010,
Az. 10 S 501/09:
Verlorene Unterlagen
Zum Sachverhalt
Der beklagte Arzt hatte nach Bestimmung durch ein Gericht als Sachverständiger ein Gutachten erstellt. Dieses Gutachten übersendete er zusammen mit den Krankenunterlagen, die ihm für die Begutachtung überlassen worden waren, an das Gericht. Im Termin zur mündlichen Verhandlung konnten die in den Krankenunterlagen enthaltenen Röntgenbilder nicht mehr gefunden werden. Nach schriftlicher Dokumentation der Geschäftsstelle war das Gutachten ohne die Röntgenbilder beim Gericht eingegangen.
Die Patientin, für deren Rechtsstreit wegen behaupteter Behandlungsfehler das Gutachten erstellt worden war, beantragte beim Landgericht Essen daraufhin festzustellen, dass der beklagte Arzt zukünftige Schäden, die aus dem Verlust der Röntgenbilder resultieren, zu ersetzen habe. Könne sie bei zukünftigen Behandlungen die Röntgenbilder nicht vorlegen und müsste deshalb erneut geröntgt werden, könnten sich bei ihr gesundheitliche (Spät-)Schäden einstellen. Es bestünde die Gefahr von Fehldiagnosen.
Aus den Gründen
Der Klägerin steht nach Auffassung des Landgerichts gegen den Beklagten als gerichtlich bestellten Sachverständigen kein Anspruch auf die beantragte Feststellung zu.
Nach Behauptung der Klägerin soll der Beklagte durch ihn zurechenbares Verhalten seiner Verrichtungsgehilfen das ihr an dem im Klageantrag aufgezählten Röntgenaufnahmen zustehende Eigentumsrecht verletzt haben, indem diese in seinem Verantwortungsbereich verloren gingen.
Dass Röntgenaufnahmen üblicherweise digitalisiert und computermäßig gespeichert werden, sodass die Aufnahme erneut beschafft werden können, und die Klägerin nicht nachvollziehbar dazu vorgetragen hat, ob sie sich überhaupt und wenn mit welchem Erfolg um die Rekonstruktion der Bilder bemüht hat, sowie dass beim Auftreten neuer Beschwerden ohnehin erneut Röntgenbilder angefertigt werden müssen, könne dahinstehen, da die Klägerin schon nicht schlüssig vorgetragen habe, dass sie Eigentümerin der besagten Röntgenbilder war.
Denn üblicherweise verbleiben Röntgenaufnahmen im Eigentum des sie anfertigenden Arztes. Dieser ist nur verpflichtet, die Bilder dem Patienten zur Vorbereitung eines Rechtsstreits gegen einen anderen Arzt oder Klinik vorübergehend zu überlassen (so z.B. Landgericht Kiel, Urteil vom 30.03.2007, ArztR 2007, 331).
Sofern die Klägerin in diesem Zusammenhang pauschal unter Beweisantritt behauptet hat, die Aufnahmen seien ihr übereignet worden, wird sie damit mangels der möglichen und auch zumutbaren Vereinzelung nicht der ihr obliegenden Darlegungslast gerecht, so dass der Erhebung der angebotenen Beweise das Verbot der Erhebung von Ausforschungsbeweisen entgegensteht.
Diese Erwägungen gelten gleichermaßen hinsichtlich der angeblich künftig zu befürchtenden Schäden. Angesichts der Pauschalität ihres Vortrags kann das angebotene Sachverständigengutachten ebenfalls wegen des Verbots der Erhebung von Ausforschungsbeweisen nicht in Auftrag gegeben werden.
Ferner könne die Klägerin nicht nachweisen, dass die Röntgenaufnahme im Verantwortungsbereich des Beklagten verloren gingen. Allein, dass sie auf der Geschäftsstelle der 4. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund nicht zusammen mit dem Gutachten des Beklagten eingetroffen sind, beweise dies nicht zwingend.
Fazit
Die Entscheidungen zeigen, dass bei der Erstellung von Gutachten auch hinsichtlich vermeintlicher „Nebenpflichten“ Sorgfalt walten muss:
- Auch wenn lange Bearbeitungszeiten für Sachverständigengutachten nicht unüblich sind, sollte hierauf gegenüber dem Auftraggeber zumindest möglichst zeitnah mit Begründung hingewiesen werden oder bei absehbar überlanger Bearbeitungszeit der Gutachtenauftrag abgelehnt/zurückgegeben werden.
- Bei der Nachbehandlung eines vom Sachverständigengutachten betroffenen Patienten muss die Aufklärung den Inhalt der Begutachtung berücksichtigen und ggf. klarstellen/differenzieren.
- Zur Begutachtung überlassene Originalunterlagen sind sorgfältig aufzubewahren und zurückzugeben, da grundsätzlich auch aus der Verletzung dieser Pflicht insbesondere hinsichtlich nicht reproduzierbarer Unterlagen ein vom Gutachter zu ersetzender Schaden resultieren kann.
Auch wenn selbstverständlich die medizinische Richtigkeit/Vertretbarkeit der gutachterlichen Stellungnahme die wesentliche Pflicht aus dem Gutachtenauftrag darstellt, sollten hierüber die „Nebenpflichten“ nicht vernachlässigt werden, um unnötige Auseinandersetzungen zu vermeiden.
Korrespondenzadresse
RA Dr. Christoph Osmialowski
Kanzlei für ArztRecht
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