Übersichtsarbeiten - OUP 02/2019

Hallux valgus – ein Update

Liegt eine Instabilität des ersten Strahls bei geringem Metatarsus primus varus vor, ist eine Stabilisierung durch Korrektur des Metatarsus primus varus nicht zu erwarten. Hier wäre einer Lapidus-Arthrodese der Vorzug zu geben.

Modifizierte Lapidus-Arthrodese mit plantarer winkelstabiler Platte

Die Lapidus-Arthrodese hat in den letzten Jahren vor allem durch die Entwicklung winkelstabiler Platten an Popularität gewonnen.

Hinsichtlich der Nomenklatur sei zunächst darauf hingewiesen, dass Lapidus nicht nur eine Arthrodese des ersten Tarsometatarsalgelenks anstrebte, sondern gleichzeitig eine Fusion zwischen Basis des ersten und Basis des zweiten Metatarsale empfahl [23]. Die isolierte Arthrodese des ersten Tarsometatarsalgelenks wird deshalb auch als „modifizierte Lapidus-Arthrodese“ bezeichnet [35]. Die Osteosynthese der modifizierten Lapidus-Arthrodese hat in den letzten Jahren eine kontinuierliche Evolution erfahren. Während Lapidus noch auf eine Fadencerclage angewiesen war, wurde von Sangeorzan und Hansen eine Osteosynthese mit Kleinfragmentschrauben propagiert, später dann eine dorsale winkelstabile Platte [11, 29] empfohlen, wobei aktuell ein Trend zur Osteosynthese mit einer plantaren winkelstabilen Platte zu beobachten ist [12–14, 22, 37, 43].

Aus biomechanischer Sicht ist die plantare Position der Platte zu favorisieren, da es sich dann um eine Zuggurtungsosteosynthese handelt, sodass direkt postoperativ eine Belastung des Fußes in einem Schuh mit steifer Sohle erlaubt werden kann (Abb. 4).

Jegliche Arthrodese geht notwendigerweise mit einer Verkürzung des Strahls einher. Hier stellt sich die Frage, ob es sich dabei um ein notwendiges Übel handelt, dass es zu minimieren gilt oder einen wünschenswerten Effekt.

Von Barouk und de Prado wurde die Strategie der knöchernen Verkürzung des ersten Metatarsale zur indirekten Verlängerung der Weichteile in der Formel zusammengefasst: „Shortening is the key to success“ (Personal Communications)

Verkürzung MFK1

Eine „knöcherne Verkürzung” des ersten Metatarsale im Rahmen einer operativen Hallux-valgus-Korrektur hat nicht nur Auswirkungen auf die Weichteile des ersten Strahls, sondern führt auch zu einer Veränderung des metatarsalen Alignments. Somit besteht die Gefahr einer sekundären Transfermetatarsalgie. Bei einer Nachuntersuchung von 102 OPs 16 Monate nach Hallux-valgus-Korrektur wurde von Nakagawa et al. das Risiko für die Entwicklung einer sekundären Metatarsalgie anhand der relativen Länge des ersten Metatarsale gemessen. Als Messmethode wurde das Verfahren nach Morton zugrunde gelegt [26]. Bei einer Verkürzung von 3 mm oder mehr von MFK1 gegenüber MFK2 fanden die Autoren eine signifikant erhöhte Rate an postoperativen Metatarsalgien. Die Autoren empfehlen deshalb eine intraoperative Bildgebung mit Bestimmung des metatarsalen Alignment [27].

Von Barouk und de Prado wird bei angestrebter und erreichter Verkürzung des ersten Strahls eine Korrektur des metatarsalen Alignments durch Weil-Osteotomien (Barouk) oder DMMOs (Distal Minimally invasive Metatarsal Ostetotomie) (De Prado) durchgeführt (Abb. 5).

Bioresorbierbare Implantate

Osteosynthesen in der Vorfußchirurgie werden in der Regel mit metallischen Implantaten aus Stahl oder Titan durchgeführt. Damit stellt sich regelmäßig die Frage nach einer Metallentfernung nach knöcherner Konsolidierung der Osteotomie. Durch bioresorbierbare Implantate soll die Notwendigkeit einer späteren Metallentfernung vermieden werden. Nachdem vor einigen Jahren bereits Schrauben aus Polylactid zur Osteosynthese einer Chevron-Osteotomie oder Scarf-Osteotomie propagiert wurden, stehen jetzt auch Schrauben aus einer Magnesium-Legierung zur Verfügung [32, 44]. In ersten vergleichenden Studien wurde festgestellt, dass die klinischen Ergebnisse nach Einsatz einer klassischen Titanschraube, gegenüber einer Schraube aus einer Magnesium-Legierung, vergleichbar sind. Allerdings kann es zu einer Gewebereaktion in den Weichteilen kommen, deren klinische Bedeutung noch nicht gesichert ist und deshalb weiterer Beobachtung bedarf.

Minimalinvasive
Hallux-valgus-Operation

Die Konzepte der minimalinvasiven Vorfußchirurgie unterscheiden sich fundamental von den Vorgehensweisen der klassischen offenen Korrektur. Osteotomien werden über Stichinzisionen mit ca. 2 mm starken rotierenden Fräsen durchgeführt. Die Chirurgie der Weichteile beschränkt sich auf Kapsulotomien und Tenotomien, die ebenfalls mit speziellen Messern über Stichinzisionen unter Röntgenbildverstärker-Kontrolle durchgeführt werden. Sehnentranspositionen oder Kapselraffungen sind über Stichinzisionen nicht möglich, weshalb die minimalinvasive Hallux-valgus-Chirurgie auf derartige rekonstruierende Komponenten verzichtet bzw. verzichten muss. Hinsichtlich der Osteosynthese sind im Rahmen der minimalinvasiven Hallux-valgus-Korrektur 2 grundsätzliche Richtungen zu beobachten:

Osteosynthese einer Chevron-artigen Verschiebeosteotomie des distalen MFK mit 1–2 langstreckigen kanülierten Schrauben, die minimalinvasiv über Stichinzisionen eingebracht werden [1, 33, 40]:

Korrektur durch eine Reverdin-Isham-Osteotomie ohne Osteosynthesematerial [3, 17].

Nachdem der minimalinvasiven Fußchirurgie lange Jahre der Vorwurf gemacht wurde, die Ergebnisse seien bisher nicht durch klinische Studien belegt, sind in den letzten Jahren einige Studien publiziert worden, die über kurz- bis mittelfristige Ergebnisse berichten.

Von Brogan et al. wurden 2016 Ergebnisse einer retrograden Kohortenstudie von 81 konsekutiven Hallux-valgus-Operationen publiziert. 32 Füße wurden in klassischer offener Technik operiert, 49 mit einer minimalinvasiven Chevron-Osteotomie korrigiert. Bei der klinischen und radiologischen Nachuntersuchung zeigte sich kein signifikanter Unterschied zwischen beiden Gruppen, bei einer minimalen Nachuntersuchungsdauer von 24 Monaten (24–58 Monate) [5].

Jowett und Bedi berichteten über 120 Füße, bei denen eine minimalinvasive Chevron-Osteotomie und Akin-Osteotomie zur Behandlung eines symptomatischen Hallux valgus durchgeführt wurde. Die mittlere Nachuntersuchungsdauer lag bei 25 Monaten (18–38 Monate). Der AOFAS-Score verbesserte sich von 56 Punkten präoperativ auf 87 Punkte postoperativ (p < 0,001), der Hallux-valgus-Winkel verbesserte sich von 29,7° auf 10,3° (0–25°) und der Intermetatarsalwinkel verbesserte sich von 14° präoperativ auf 7,6° (3–15°) postoperativ (p < 0,001) [18].

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