Übersichtsarbeiten - OUP 01/2017
Hand-Streck- und Beugesehnen, Trauma, InjektionenSonografische Untersuchungstechnik und TherapieTechnical advices and therapy
Christian Tesch1
Zusammenfassung: Die dynamische Sonogragrafie der Hand zur Diagnostik von Sehneneinrissen und Tendovaginitiden kann unmittelbar in die Therapie überführt werden, weil die Intervention durch den Untersucher vorgegeben ist. Flüssigkeitsansammlungen in der Sehnenscheide können sicher erkannt, unter sonografischer Sicht punktiert und mit Instillation von Medikamenten behandelt werden. Die profunden Kennntnise der Anatomie der Hand sind Voraussetzung einer erfolgreichen Diagnostik und Therapie.
Schlüsselwörter: Hand, Sehnen, Ultraschall, dynamische Untersuchung, Trauma, Injektion
Zitierweise
Tesch C: Hand-Streck- und Beugesehnen, Trauma, Injektionen. Sonografische Untersuchungstechnik und Therapie.
OUP 2017; 1: 045–048 DOI 10.3238/oup.2016.0045–0048
Summary: Dynamic ultrasonography of the hand due to diagnostic of partial or total rupture of tendon or tendovagintis can immediately change to therapy. Fluid in tendon sheath could be detected, can be punctured under sonographic control and instillation of medicaments is safe. Knowledge of anatomic situation is necessary.
Keywords: hand, tendon, ultrasound, dynamic examination, trauma, injection
Citation
Tesch C: Extensor and flexor tendon, trauma, injection. Technical advices and therapy.
OUP 2017; 1: 045–048 DOI 10.3238/oup.2016.0045–0048
Vorbemerkung
Die Sonogragrafie der Handsehnen ist in Bezug auf Auflösung und Darstellung in der Funktion der kernspintomografischen Bildgebung eindeutig überlegen. Alleine die Darstellung der Profundus- und Superfizialis-Sehne und die getrennte Bewegung unter sonografischer Sicht ist eindrucksvoll. Die sonografische Untersuchungstechnik erfordert allerdings profunde anatomische Kenntnisse [1].
Geräte-Ausstattung
Das Sonogragrafiegerät sollte einen Linear-Schallkopf mit 6–16 MHz (bis zu 20 MHz ist sinnvolle Ergänzung) haben. Das Ultraschallgerät sollte die Möglichkeit haben, Harmonic imaging, Farbdoppler-Duplex-Sonografie und/oder Powerdoppler-Sonogragrafie zuzuschalten, Fußschalter sowie Doppelbild-Darstellung und ein zweiter Monitor sollten vorhanden sein. Das Gerät sollte kurze Videosequenzen abspeichern können (cine loop). Die Dokumentation erfolgt digital. Vorlaufstrecken sind sinnvoll, die Technik der Sonogragrafie mit dem „dicken Tropfen“ sollte beherrscht werden. Zur Injektion sollten die Hygienerichtlinien des RKI [2], aktualisiert von der EFSUMB (European Federation of Societies for Ultraound in Medicine and Biology) [3, 4] beachtet werden. Injektionen werden im Sehnen-Bereich gemäß dieser Richtlinien in die Gruppe 2 eingeteilt. Es sind geringe Anforderungen an die Hygiene und somit reicht eine Sprühdesinfektion und Punktion fern des Schallkopfs.
Indikation und Ziel der Untersuchung
Die sonografische Untersuchung zielt zuallererst auf eine Detektion von Flüssigkeitsarealen subkutan, in Sehnenscheiden und Gelenken, also das Erkennen von „schwarzen Löchern“, welche echoleere Flüssigkeit repräsentieren. Überall da, wo sie nicht hingehören (also Gefäßen), sind sie pathologisch! Danach werden die Sehnen dort aufgesucht, wo sie normalerweise verlaufen: auf der Streckseite in den Sehnenfächern 1 bis 6 und auf der Beugeseite im Karpaltunnel (je 4 Sehnen der superfizialen und profunden Muskeln für die Langfinger und des Flexor pollicis longus) sowie die Sehnen der Mm. flexor carpi radialis et ulnaris, sowie Palmaris. Die Sehnen lassen sich bis in die Fingerspitze nachverfolgen und entsprechend darstellen.
Schnittführung und Untersuchungsgang
Die Schnittführung orientiert sich an den Leitstrukturen. Knöchern an Radius und Ulna sowie den Handwurzelknochen und Metakarpalia. Die Sehnen werden auf der dorsalen Seite von radial nach ulnar in den Sehnenfächern 1 (abductor pollicis longus und extensor pollici brevis), 2 (Extensor carpi radialis longus et brevis), 3 (Extensor pollicis longus), 4 (Extensor indicis sowie digitorum 3 und 4), 5 (Extensor digiti minimi) und 6 (Extensor carpi ulnaris) aufgesucht, identifiziert und auf ihre Funktion hin überprüft (in Längs- und Quer-Darstellung, s. Abb. 1). Auf der palmaren Seite werden von radial nach ulnar die Sehnen des Flexor carpi radialis (außerhalb des Karpaltunnels), des Flexor pollicis longus, Flexor digitorum profundus et superficialis 2–5 (innerhalb des Karpaltunnels) und des Flexor carpi ulnaris (wieder außerhalb des Karpaltunnels) aufgesucht, identifiziert und auf ihre Funktion hin untersucht (Abb. 2). Sehnen sind im Querschnitt und Längsschnitt charakteristisch strukturiert (Abb. 3). Die Sehnenscheide ist weniger als 1 mm dick, weshalb sie nicht direkt zu erkennen ist, bei Tendovaginitiden verdickt sie sich, bei Flüssigkeit in der Sehnenscheide hebt sie sich ab und ist damit erkennbar (Abb. 4). Bei der Powerdoppleruntersuchung kann die entzündliche Gefäßinjektion direkt beobachtet und eine Stärke der Entzündungsreaktion abgeschätzt werden [5]. Injektionen erfolgen einerseits zur Diagnostik und überwiegend zur Therapie von entzündlichen Veränderungen.
Technik der sonogragrafisch gesteuerten Injektion
Die zu injizierende Region wird desinfiziert und die vom Hersteller des Desinfektionsmittels vorgegebene Wartezeit eingehalten. Dann wird mit dem Schallkopf (versehen mit einem Überzug) dieses Areal so eingestellt, dass die Sehnenscheide und die Sehne in Längs- oder Querrichtung (Abb. 5) zu sehen ist. Als Kopplungsmedium wird entweder steriles Gel oder – besser und praktikabler – alkoholisches Desinfektionsmittel verwendet. Gemäß der Empfehlungen für die Riskogruppe 2 wird hier die Haut mit der Kanüle etwa 1 cm vom Schallkopf entfernt perforiert und die Nadel in einem spitzen Winkel soweit vorgetrieben, bis die Spitze zu sehen ist. Die Injektion zur Entzündungs- und Schmerztherapie erfolgt immer mit Dexamethason in öliger Lösung und wird verdünnt mit Bupivacain 0,5 %, es ist auch eine 2-stufige Injektion (zunächst nur LA, erst dann verdünnte Dexamthason-Lösung) möglich. Die Nadel muss nach dem Aufsetzen auf die Sehnenscheide so gedreht werden, dass der Schliff der Nadel zur Sehne hin zeigt, um eine unnötige Perforation in die Sehne zu vermeiden. Die eigentliche Injektion erfolgt unter Sicht, und wenn der Druck des Schallkopfs reduziert wird, kann die Flüssigkeit beim Einfließen auch direkt beobachtet werden (Abb. 7).